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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
römischen Feldherrn und die Meuterei eines römischen Corps,
veranlasst durch den seit vielen Jahren rückständigen Sold, be-
günstigten den Aufstand. Indess Scipio genas schneller als man
gemeint hatte und dämpfte mit Gewandtheit den Soldatenauf-
stand; worauf auch die zuerst aufgestandenen Gemeinden alsbald
niedergeworfen wurden, ehe die Insurrection Boden gewann.
Da also diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen hatten und
Gades doch auf die Länge nicht zu halten war, befahl die
karthagische Regierung dem Mago zusammenzuraffen, was
dort an Schiffen, Truppen und Geld sich vorfinde, und damit
wo möglich dem Krieg in Italien eine andere Wendung zu
geben. Scipio konnte dies nicht wehren -- es rächte sich jetzt,
dass er seine Flotte aufgelöst hatte -- und musste zum zweiten
Mal die ihm anvertraute Vertheidigung der Heimath gegen
neue Invasionen seinen Göttern anheimstellen. Unbehindert
verliess der letzte von Hamilkars Söhnen die Halbinsel. Nach
seinem Abzug ergab sich auch Gades, die älteste und letzte
Besitzung der Punier, unter günstigen Bedingungen den neuen
Herren. Spanien war nach dreizehnjährigem Kampfe aus
einer karthagischen in eine römische Provinz verwandelt wor-
den, in der zwar noch Jahrhunderte lang die stets besiegte
und nie überwundene Insurrection den Kampf gegen die Rö-
mer fortführte, aber doch im Augenblick kein Feind den
Römern gegenüberstand. Scipio ergriff den ersten Moment
der Scheinruhe um sein Commando abzugeben (Ende 548)
und in Rom persönlich von seinen Siegen und der neuge-
wonnenen Provinz zu berichten.

Während also Marcellus in Sicilien, Publius Sulpicius in
Griechenland, Scipio in Spanien den Krieg beendigten, währte
auch auf der italischen Halbinsel der gewaltige Kampf ununter-
brochen. Hier standen, nachdem die cannensische Schlacht
geschlagen war und deren Folgen an Verlust und Gewinn sich
allmählich übersehen liessen, im Anfang des Jahres 540, des
fünften Kriegsjahres, die Römer und Punier folgendermassen
sich gegenüber. Norditalien hatten die Römer nach Hannibals
Abzug wieder besetzt und deckten es mit drei Legionen, wo-
von zwei in Gallien standen, die dritte als Rückhalt in Pice-
num. Unteritalien bis zum Garganus und Volturnus waren
mit Ausnahme der Festungen und der meisten Häfen in Han-
nibals Händen. Er stand mit der Hauptarmee bei Arpi, ihm
in Apulien gegenüber, gestützt auf die Festungen Luceria und
Benevent, Tiberius Gracchus mit vier Legionen. Im brettischen

DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
römischen Feldherrn und die Meuterei eines römischen Corps,
veranlaſst durch den seit vielen Jahren rückständigen Sold, be-
günstigten den Aufstand. Indeſs Scipio genas schneller als man
gemeint hatte und dämpfte mit Gewandtheit den Soldatenauf-
stand; worauf auch die zuerst aufgestandenen Gemeinden alsbald
niedergeworfen wurden, ehe die Insurrection Boden gewann.
Da also diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen hatten und
Gades doch auf die Länge nicht zu halten war, befahl die
karthagische Regierung dem Mago zusammenzuraffen, was
dort an Schiffen, Truppen und Geld sich vorfinde, und damit
wo möglich dem Krieg in Italien eine andere Wendung zu
geben. Scipio konnte dies nicht wehren — es rächte sich jetzt,
daſs er seine Flotte aufgelöst hatte — und muſste zum zweiten
Mal die ihm anvertraute Vertheidigung der Heimath gegen
neue Invasionen seinen Göttern anheimstellen. Unbehindert
verlieſs der letzte von Hamilkars Söhnen die Halbinsel. Nach
seinem Abzug ergab sich auch Gades, die älteste und letzte
Besitzung der Punier, unter günstigen Bedingungen den neuen
Herren. Spanien war nach dreizehnjährigem Kampfe aus
einer karthagischen in eine römische Provinz verwandelt wor-
den, in der zwar noch Jahrhunderte lang die stets besiegte
und nie überwundene Insurrection den Kampf gegen die Rö-
mer fortführte, aber doch im Augenblick kein Feind den
Römern gegenüberstand. Scipio ergriff den ersten Moment
der Scheinruhe um sein Commando abzugeben (Ende 548)
und in Rom persönlich von seinen Siegen und der neuge-
wonnenen Provinz zu berichten.

Während also Marcellus in Sicilien, Publius Sulpicius in
Griechenland, Scipio in Spanien den Krieg beendigten, währte
auch auf der italischen Halbinsel der gewaltige Kampf ununter-
brochen. Hier standen, nachdem die cannensische Schlacht
geschlagen war und deren Folgen an Verlust und Gewinn sich
allmählich übersehen lieſsen, im Anfang des Jahres 540, des
fünften Kriegsjahres, die Römer und Punier folgendermaſsen
sich gegenüber. Norditalien hatten die Römer nach Hannibals
Abzug wieder besetzt und deckten es mit drei Legionen, wo-
von zwei in Gallien standen, die dritte als Rückhalt in Pice-
num. Unteritalien bis zum Garganus und Volturnus waren
mit Ausnahme der Festungen und der meisten Häfen in Han-
nibals Händen. Er stand mit der Hauptarmee bei Arpi, ihm
in Apulien gegenüber, gestützt auf die Festungen Luceria und
Benevent, Tiberius Gracchus mit vier Legionen. Im brettischen

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[456/0470] DRITTES BUCH. KAPITEL VI. römischen Feldherrn und die Meuterei eines römischen Corps, veranlaſst durch den seit vielen Jahren rückständigen Sold, be- günstigten den Aufstand. Indeſs Scipio genas schneller als man gemeint hatte und dämpfte mit Gewandtheit den Soldatenauf- stand; worauf auch die zuerst aufgestandenen Gemeinden alsbald niedergeworfen wurden, ehe die Insurrection Boden gewann. Da also diese Hoffnungen sich als eitel erwiesen hatten und Gades doch auf die Länge nicht zu halten war, befahl die karthagische Regierung dem Mago zusammenzuraffen, was dort an Schiffen, Truppen und Geld sich vorfinde, und damit wo möglich dem Krieg in Italien eine andere Wendung zu geben. Scipio konnte dies nicht wehren — es rächte sich jetzt, daſs er seine Flotte aufgelöst hatte — und muſste zum zweiten Mal die ihm anvertraute Vertheidigung der Heimath gegen neue Invasionen seinen Göttern anheimstellen. Unbehindert verlieſs der letzte von Hamilkars Söhnen die Halbinsel. Nach seinem Abzug ergab sich auch Gades, die älteste und letzte Besitzung der Punier, unter günstigen Bedingungen den neuen Herren. Spanien war nach dreizehnjährigem Kampfe aus einer karthagischen in eine römische Provinz verwandelt wor- den, in der zwar noch Jahrhunderte lang die stets besiegte und nie überwundene Insurrection den Kampf gegen die Rö- mer fortführte, aber doch im Augenblick kein Feind den Römern gegenüberstand. Scipio ergriff den ersten Moment der Scheinruhe um sein Commando abzugeben (Ende 548) und in Rom persönlich von seinen Siegen und der neuge- wonnenen Provinz zu berichten. Während also Marcellus in Sicilien, Publius Sulpicius in Griechenland, Scipio in Spanien den Krieg beendigten, währte auch auf der italischen Halbinsel der gewaltige Kampf ununter- brochen. Hier standen, nachdem die cannensische Schlacht geschlagen war und deren Folgen an Verlust und Gewinn sich allmählich übersehen lieſsen, im Anfang des Jahres 540, des fünften Kriegsjahres, die Römer und Punier folgendermaſsen sich gegenüber. Norditalien hatten die Römer nach Hannibals Abzug wieder besetzt und deckten es mit drei Legionen, wo- von zwei in Gallien standen, die dritte als Rückhalt in Pice- num. Unteritalien bis zum Garganus und Volturnus waren mit Ausnahme der Festungen und der meisten Häfen in Han- nibals Händen. Er stand mit der Hauptarmee bei Arpi, ihm in Apulien gegenüber, gestützt auf die Festungen Luceria und Benevent, Tiberius Gracchus mit vier Legionen. Im brettischen

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/470>, abgerufen am 24.11.2024.