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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
eine Heerabtheilung von Brundisium nach Epeiros; Orikon
ward dem König wieder abgenommen, nach Apollonia Be-
satzung geworfen und das makedonische Lager erstürmt, wor-
auf Philippos vom halben Thun zur völligen Unthätigkeit über-
ging und trotz aller Beschwerden Hannibals, der umsonst
solche Lahmheit und Kurzsichtigkeit durch sein Feuer und
seine Klarheit zum Handeln zu spornen versuchte, einige
Jahre in thatenlosem Kriegszustand verstreichen liess. Erst der
Fall von Tarent (542), wodurch Hannibal einen vortrefflichen
Hafen an denjenigen Küsten gewann, die zunächst sich zur
Landung eines makedonischen Heeres eigneten, veranlasste die
Römer den Schlag von weitem zu pariren und den Makedo-
niern daheim so viel zu schaffen zu machen, dass sie an
einen Versuch auf Italien nicht denken könnten. In Griechen-
land war der nationale Aufschwung natürlich längst verraucht;
mit Hülfe der alten Opposition gegen Makedonien und der
neuen Unvorsichtigkeiten und Ungerechtigkeiten, die Philippos
sich hatte zu Schulden kommen lassen, fiel es dem römischen
Admiral Laevinus nicht schwer gegen Makedonien eine Coa-
lition der Mittel- und Kleinmächte unter römischem Schutz
zu Stande zu bringen. An der Spitze derselben standen die
Aetoler, auf deren Landtag Laevinus selber erschienen war
und sie durch die Zusicherung des seit langem von den Aeto-
lern begehrten akarnanischen Gebietes gewonnen hatte. Sie
schlossen mit Rom den ehrbaren Vertrag die übrigen Hellenen auf
gemeinschaftliche Rechnung zu plündern an Land und Leuten,
so dass das Land den Aetolern, die Leute und die fahrende
Habe den Römern gehören sollten. Ihnen schlossen sich im
eigentlichen Griechenland die antimakedonisch oder vielmehr
zunächst antiachaeisch gesinnten Staaten an: in Attika Athen,
im Peloponnes Elis und Messene, besonders aber Sparta,
dessen altersschwache Verfassung eben um diese Zeit ein
dreister Soldat Machanidas über den Haufen geworfen hatte,
um unter dem Namen des unmündigen Königs Pelops selbst
despotisch zu regieren und ein auf gedungene Söldnerschaaren
gestütztes Abenteurerregiment zu begründen. Es traten ferner
hinzu die ewigen Gegner Makedoniens, die Häuptlinge der
halb wilden thrakischen und illyrischen Stämme und endlich
König Attalos von Pergamon, der in dem Ruin der beiden
griechischen Grossstaaten, die ihn einschlossen, den eigenen
Vortheil mit Einsicht und Energie verfolgte und scharfsichtig
genug war sich der römischen Clientel schon jetzt anzu-

DRITTES BUCH. KAPITEL VI.
eine Heerabtheilung von Brundisium nach Epeiros; Orikon
ward dem König wieder abgenommen, nach Apollonia Be-
satzung geworfen und das makedonische Lager erstürmt, wor-
auf Philippos vom halben Thun zur völligen Unthätigkeit über-
ging und trotz aller Beschwerden Hannibals, der umsonst
solche Lahmheit und Kurzsichtigkeit durch sein Feuer und
seine Klarheit zum Handeln zu spornen versuchte, einige
Jahre in thatenlosem Kriegszustand verstreichen lieſs. Erst der
Fall von Tarent (542), wodurch Hannibal einen vortrefflichen
Hafen an denjenigen Küsten gewann, die zunächst sich zur
Landung eines makedonischen Heeres eigneten, veranlaſste die
Römer den Schlag von weitem zu pariren und den Makedo-
niern daheim so viel zu schaffen zu machen, daſs sie an
einen Versuch auf Italien nicht denken könnten. In Griechen-
land war der nationale Aufschwung natürlich längst verraucht;
mit Hülfe der alten Opposition gegen Makedonien und der
neuen Unvorsichtigkeiten und Ungerechtigkeiten, die Philippos
sich hatte zu Schulden kommen lassen, fiel es dem römischen
Admiral Laevinus nicht schwer gegen Makedonien eine Coa-
lition der Mittel- und Kleinmächte unter römischem Schutz
zu Stande zu bringen. An der Spitze derselben standen die
Aetoler, auf deren Landtag Laevinus selber erschienen war
und sie durch die Zusicherung des seit langem von den Aeto-
lern begehrten akarnanischen Gebietes gewonnen hatte. Sie
schlossen mit Rom den ehrbaren Vertrag die übrigen Hellenen auf
gemeinschaftliche Rechnung zu plündern an Land und Leuten,
so daſs das Land den Aetolern, die Leute und die fahrende
Habe den Römern gehören sollten. Ihnen schlossen sich im
eigentlichen Griechenland die antimakedonisch oder vielmehr
zunächst antiachaeisch gesinnten Staaten an: in Attika Athen,
im Peloponnes Elis und Messene, besonders aber Sparta,
dessen altersschwache Verfassung eben um diese Zeit ein
dreister Soldat Machanidas über den Haufen geworfen hatte,
um unter dem Namen des unmündigen Königs Pelops selbst
despotisch zu regieren und ein auf gedungene Söldnerschaaren
gestütztes Abenteurerregiment zu begründen. Es traten ferner
hinzu die ewigen Gegner Makedoniens, die Häuptlinge der
halb wilden thrakischen und illyrischen Stämme und endlich
König Attalos von Pergamon, der in dem Ruin der beiden
griechischen Groſsstaaten, die ihn einschlossen, den eigenen
Vortheil mit Einsicht und Energie verfolgte und scharfsichtig
genug war sich der römischen Clientel schon jetzt anzu-

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[444/0458] DRITTES BUCH. KAPITEL VI. eine Heerabtheilung von Brundisium nach Epeiros; Orikon ward dem König wieder abgenommen, nach Apollonia Be- satzung geworfen und das makedonische Lager erstürmt, wor- auf Philippos vom halben Thun zur völligen Unthätigkeit über- ging und trotz aller Beschwerden Hannibals, der umsonst solche Lahmheit und Kurzsichtigkeit durch sein Feuer und seine Klarheit zum Handeln zu spornen versuchte, einige Jahre in thatenlosem Kriegszustand verstreichen lieſs. Erst der Fall von Tarent (542), wodurch Hannibal einen vortrefflichen Hafen an denjenigen Küsten gewann, die zunächst sich zur Landung eines makedonischen Heeres eigneten, veranlaſste die Römer den Schlag von weitem zu pariren und den Makedo- niern daheim so viel zu schaffen zu machen, daſs sie an einen Versuch auf Italien nicht denken könnten. In Griechen- land war der nationale Aufschwung natürlich längst verraucht; mit Hülfe der alten Opposition gegen Makedonien und der neuen Unvorsichtigkeiten und Ungerechtigkeiten, die Philippos sich hatte zu Schulden kommen lassen, fiel es dem römischen Admiral Laevinus nicht schwer gegen Makedonien eine Coa- lition der Mittel- und Kleinmächte unter römischem Schutz zu Stande zu bringen. An der Spitze derselben standen die Aetoler, auf deren Landtag Laevinus selber erschienen war und sie durch die Zusicherung des seit langem von den Aeto- lern begehrten akarnanischen Gebietes gewonnen hatte. Sie schlossen mit Rom den ehrbaren Vertrag die übrigen Hellenen auf gemeinschaftliche Rechnung zu plündern an Land und Leuten, so daſs das Land den Aetolern, die Leute und die fahrende Habe den Römern gehören sollten. Ihnen schlossen sich im eigentlichen Griechenland die antimakedonisch oder vielmehr zunächst antiachaeisch gesinnten Staaten an: in Attika Athen, im Peloponnes Elis und Messene, besonders aber Sparta, dessen altersschwache Verfassung eben um diese Zeit ein dreister Soldat Machanidas über den Haufen geworfen hatte, um unter dem Namen des unmündigen Königs Pelops selbst despotisch zu regieren und ein auf gedungene Söldnerschaaren gestütztes Abenteurerregiment zu begründen. Es traten ferner hinzu die ewigen Gegner Makedoniens, die Häuptlinge der halb wilden thrakischen und illyrischen Stämme und endlich König Attalos von Pergamon, der in dem Ruin der beiden griechischen Groſsstaaten, die ihn einschlossen, den eigenen Vortheil mit Einsicht und Energie verfolgte und scharfsichtig genug war sich der römischen Clientel schon jetzt anzu-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/458>, abgerufen am 24.11.2024.