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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HANNIBALISCHER KRIEG.
kydes Gelegenheit die Friedensversuche zu vereiteln. Durch
den Namen der Freiheit regten sie die Masse auf; die nur
zu gegründete Schilderung von der fürchterlichen Bestrafung,
die den so eben wieder unterworfenen Leontinern von den
Römern zu Theil geworden war, erweckte auch in dem bes-
sern Theil der Bürgerschaft den Zweifel, ob es nicht zu spät
sei um das alte Verhältniss mit Rom wieder herzustellen; unter
den Söldnern endlich wurden die zahlreichen römischen Ueber-
läufer, meistens durchgegangene Ruderer von der Flotte, leicht
überzeugt, dass der Friede der Bürgerschaft mit Rom ihr
Todesurtheil sei. So wurden die Vorsteher der Bürgerschaft
erschlagen, der Waffenstillstand gebrochen und Hippokrates
und Epikydes übernahmen das Regiment der Stadt. Es blieb
dem Consul nichts übrig als zur Belagerung zu schreiten;
indess die geschickte Leitung der Vertheidigung, bei der na-
mentlich der als gelehrter Mathematiker berühmte syrakusani-
sche Ingenieur Archimedes sich hervorthat, zwang die Römer
nach achtmonatlicher Belagerung dieselbe in eine Blokade zu
Wasser und zu Lande umzuwandeln. Mittlerweile war auch
von Karthago aus, das bisher nur mit seinen Flotten die Sy-
rakusaner unterstützt hatte, auf die Nachricht von der aber-
maligen Schilderhebung derselben gegen die Römer ein star-
kes Landheer unter Himilko nach Sicilien gesendet worden,
das ungehindert bei Herakleia Minoa landete und sofort die
wichtige Stadt Akragas besetzte. Um dem Himilko die
Hand zu reichen, rückte der kühne und fähige Hippokrates
aus Syrakus mit einer Armee aus; Marcellus Lage zwischen
der Besatzung von Syrakus und den beiden feindlichen Hee-
ren fing an bedenklich zu werden. Indess mit Hülfe einiger
Verstärkungen, die von Italien eintrafen, behauptete er seine
Stellung auf der Insel und setzte die Blokade von Syrakus
fort. Dagegen trieb mehr noch als die feindlichen Armeen
die fürchterliche Strenge, mit der die Römer auf der Insel
verfuhren, namentlich die Niedermetzelung der des Abfalls
verdächtigen Bürgerschaft von Enna durch die römische
Besatzung daselbst, den grössten Theil der kleinen Landstädte
den Karthagern in die Arme. Im Jahre 542 gelang es Mar-
cellus in die syrakusanischen Vorstädte einzudringen, die von
der Insel und der eigentlichen Stadt am Strande (Achradina)
sich gegen das innere Land hin erstreckten; während ei-
nes Festes in der Stadt erstiegen die Römer einen von
den Wachen verlassenen Theil der weitläuftigen Aussen-

HANNIBALISCHER KRIEG.
kydes Gelegenheit die Friedensversuche zu vereiteln. Durch
den Namen der Freiheit regten sie die Masse auf; die nur
zu gegründete Schilderung von der fürchterlichen Bestrafung,
die den so eben wieder unterworfenen Leontinern von den
Römern zu Theil geworden war, erweckte auch in dem bes-
sern Theil der Bürgerschaft den Zweifel, ob es nicht zu spät
sei um das alte Verhältniſs mit Rom wieder herzustellen; unter
den Söldnern endlich wurden die zahlreichen römischen Ueber-
läufer, meistens durchgegangene Ruderer von der Flotte, leicht
überzeugt, daſs der Friede der Bürgerschaft mit Rom ihr
Todesurtheil sei. So wurden die Vorsteher der Bürgerschaft
erschlagen, der Waffenstillstand gebrochen und Hippokrates
und Epikydes übernahmen das Regiment der Stadt. Es blieb
dem Consul nichts übrig als zur Belagerung zu schreiten;
indeſs die geschickte Leitung der Vertheidigung, bei der na-
mentlich der als gelehrter Mathematiker berühmte syrakusani-
sche Ingenieur Archimedes sich hervorthat, zwang die Römer
nach achtmonatlicher Belagerung dieselbe in eine Blokade zu
Wasser und zu Lande umzuwandeln. Mittlerweile war auch
von Karthago aus, das bisher nur mit seinen Flotten die Sy-
rakusaner unterstützt hatte, auf die Nachricht von der aber-
maligen Schilderhebung derselben gegen die Römer ein star-
kes Landheer unter Himilko nach Sicilien gesendet worden,
das ungehindert bei Herakleia Minoa landete und sofort die
wichtige Stadt Akragas besetzte. Um dem Himilko die
Hand zu reichen, rückte der kühne und fähige Hippokrates
aus Syrakus mit einer Armee aus; Marcellus Lage zwischen
der Besatzung von Syrakus und den beiden feindlichen Hee-
ren fing an bedenklich zu werden. Indeſs mit Hülfe einiger
Verstärkungen, die von Italien eintrafen, behauptete er seine
Stellung auf der Insel und setzte die Blokade von Syrakus
fort. Dagegen trieb mehr noch als die feindlichen Armeen
die fürchterliche Strenge, mit der die Römer auf der Insel
verfuhren, namentlich die Niedermetzelung der des Abfalls
verdächtigen Bürgerschaft von Enna durch die römische
Besatzung daselbst, den gröſsten Theil der kleinen Landstädte
den Karthagern in die Arme. Im Jahre 542 gelang es Mar-
cellus in die syrakusanischen Vorstädte einzudringen, die von
der Insel und der eigentlichen Stadt am Strande (Achradina)
sich gegen das innere Land hin erstreckten; während ei-
nes Festes in der Stadt erstiegen die Römer einen von
den Wachen verlassenen Theil der weitläuftigen Auſsen-

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[439/0453] HANNIBALISCHER KRIEG. kydes Gelegenheit die Friedensversuche zu vereiteln. Durch den Namen der Freiheit regten sie die Masse auf; die nur zu gegründete Schilderung von der fürchterlichen Bestrafung, die den so eben wieder unterworfenen Leontinern von den Römern zu Theil geworden war, erweckte auch in dem bes- sern Theil der Bürgerschaft den Zweifel, ob es nicht zu spät sei um das alte Verhältniſs mit Rom wieder herzustellen; unter den Söldnern endlich wurden die zahlreichen römischen Ueber- läufer, meistens durchgegangene Ruderer von der Flotte, leicht überzeugt, daſs der Friede der Bürgerschaft mit Rom ihr Todesurtheil sei. So wurden die Vorsteher der Bürgerschaft erschlagen, der Waffenstillstand gebrochen und Hippokrates und Epikydes übernahmen das Regiment der Stadt. Es blieb dem Consul nichts übrig als zur Belagerung zu schreiten; indeſs die geschickte Leitung der Vertheidigung, bei der na- mentlich der als gelehrter Mathematiker berühmte syrakusani- sche Ingenieur Archimedes sich hervorthat, zwang die Römer nach achtmonatlicher Belagerung dieselbe in eine Blokade zu Wasser und zu Lande umzuwandeln. Mittlerweile war auch von Karthago aus, das bisher nur mit seinen Flotten die Sy- rakusaner unterstützt hatte, auf die Nachricht von der aber- maligen Schilderhebung derselben gegen die Römer ein star- kes Landheer unter Himilko nach Sicilien gesendet worden, das ungehindert bei Herakleia Minoa landete und sofort die wichtige Stadt Akragas besetzte. Um dem Himilko die Hand zu reichen, rückte der kühne und fähige Hippokrates aus Syrakus mit einer Armee aus; Marcellus Lage zwischen der Besatzung von Syrakus und den beiden feindlichen Hee- ren fing an bedenklich zu werden. Indeſs mit Hülfe einiger Verstärkungen, die von Italien eintrafen, behauptete er seine Stellung auf der Insel und setzte die Blokade von Syrakus fort. Dagegen trieb mehr noch als die feindlichen Armeen die fürchterliche Strenge, mit der die Römer auf der Insel verfuhren, namentlich die Niedermetzelung der des Abfalls verdächtigen Bürgerschaft von Enna durch die römische Besatzung daselbst, den gröſsten Theil der kleinen Landstädte den Karthagern in die Arme. Im Jahre 542 gelang es Mar- cellus in die syrakusanischen Vorstädte einzudringen, die von der Insel und der eigentlichen Stadt am Strande (Achradina) sich gegen das innere Land hin erstreckten; während ei- nes Festes in der Stadt erstiegen die Römer einen von den Wachen verlassenen Theil der weitläuftigen Auſsen-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/453>, abgerufen am 27.11.2024.