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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DRITTES BUCH. KAPITEL II.
man nur Feldherren brauchen von militärischer Schule und
militärischem Blick, und freilich war das nicht jeder Bürger-
meister. Noch viel ärger aber war es, dass man das Ober-
commando der Flotte als eine Dependenz des Oberbefehls der
Landarmee behandelte und der erste beste Stadtvorsteher
meinte nicht bloss General, sondern auch Admiral spielen zu
können. An den schlimmsten Niederlagen, die Rom in diesem
Krieg erlitten hat, sind nicht die Stürme schuld und noch
weniger die Karthager, sondern der anmassliche Unverstand
seiner Bürgeradmirale. -- Rom hat endlich gesiegt, aber es
war ein halber Sieg -- es kam das sonst nicht vor, dass
man sich mit weit geringerem begnügte als zu Anfang gefor-
dert, ja geboten worden war; und wenn Rom siegte, so ver-
dankt es diesen Sieg zwar auch der Gunst der Götter und
der Energie seiner Bürger, aber mehr als beiden den die
Mängel der römischen Kriegführung noch weit übertreffenden
Fehlern seiner Feinde.


DRITTES BUCH. KAPITEL II.
man nur Feldherren brauchen von militärischer Schule und
militärischem Blick, und freilich war das nicht jeder Bürger-
meister. Noch viel ärger aber war es, daſs man das Ober-
commando der Flotte als eine Dependenz des Oberbefehls der
Landarmee behandelte und der erste beste Stadtvorsteher
meinte nicht bloſs General, sondern auch Admiral spielen zu
können. An den schlimmsten Niederlagen, die Rom in diesem
Krieg erlitten hat, sind nicht die Stürme schuld und noch
weniger die Karthager, sondern der anmaſsliche Unverstand
seiner Bürgeradmirale. — Rom hat endlich gesiegt, aber es
war ein halber Sieg — es kam das sonst nicht vor, daſs
man sich mit weit geringerem begnügte als zu Anfang gefor-
dert, ja geboten worden war; und wenn Rom siegte, so ver-
dankt es diesen Sieg zwar auch der Gunst der Götter und
der Energie seiner Bürger, aber mehr als beiden den die
Mängel der römischen Kriegführung noch weit übertreffenden
Fehlern seiner Feinde.


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[362/0376] DRITTES BUCH. KAPITEL II. man nur Feldherren brauchen von militärischer Schule und militärischem Blick, und freilich war das nicht jeder Bürger- meister. Noch viel ärger aber war es, daſs man das Ober- commando der Flotte als eine Dependenz des Oberbefehls der Landarmee behandelte und der erste beste Stadtvorsteher meinte nicht bloſs General, sondern auch Admiral spielen zu können. An den schlimmsten Niederlagen, die Rom in diesem Krieg erlitten hat, sind nicht die Stürme schuld und noch weniger die Karthager, sondern der anmaſsliche Unverstand seiner Bürgeradmirale. — Rom hat endlich gesiegt, aber es war ein halber Sieg — es kam das sonst nicht vor, daſs man sich mit weit geringerem begnügte als zu Anfang gefor- dert, ja geboten worden war; und wenn Rom siegte, so ver- dankt es diesen Sieg zwar auch der Gunst der Götter und der Energie seiner Bürger, aber mehr als beiden den die Mängel der römischen Kriegführung noch weit übertreffenden Fehlern seiner Feinde.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/376>, abgerufen am 25.11.2024.