Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.ERSTER PUNISCHER KRIEG. in den Hafen von Lilybaeon zu legen und die Stadt von derSeeseite zu blokiren. Indess vollständig die See zu sperren vermochte man nicht, so sehr die Römer durch Versenkungen und Pallisaden bemüht waren den Hafen zu schliessen. Trotz dessen und trotz der sorgfältigsten Bewachung unterhielten gewandte und der Untiefen und Fahrwässer genau kundige Schnellsegler eine regelmässige Verbindung zwischen den Be- lagerten in der Stadt und der karthagischen Flotte im Hafen von Drepana; ja nachdem die Belagerung einige Zeit gewährt hatte, glückte es einer karthagischen Flotte von 50 Segeln in den Hafen einzufahren, Lebensmittel in Menge und Ver- stärkung von 10000 Mann in die Stadt zu werfen und unan- gefochten wieder heim zu kehren. Nicht viel glücklicher war die belagernde Landarmee. Man begann mit regelrechtem Angriff; die Maschinen wurden errichtet und in kurzer Zeit hatten die Batterien sechs Mauerthürme eingeworfen; die Bresche schien bald practicabel. Allein der tüchtige karthagi- sche Befehlshaber Himilko vereitelte diesen Angriff, indem auf seine Anordnung hinter der Bresche sich ein zweiter Wall erhob. Ein Versuch der Römer mit der Besatzung ein Einverständniss anzuknüpfen ward ebenso noch zur rechten Zeit vereitelt und endlich, nachdem die Belagerer einen ersten Ausfall abge- schlagen hatten, gelang es den Karthagern während einer stürmischen Nacht die römische Maschinenreihe zu verbrennen. Die Römer gaben hierauf die Vorbereitungen zum Sturm auf und begnügten sich die Stadt zu Wasser und zu Lande zu blokiren. Freilich waren die Aussichten auf Erfolg sehr fern, so lange man nicht im Stande war den feindlichen Schiffen den Eingang gänzlich abzuschneiden; und einen nicht viel leichteren Stand als in der Stadt die Belagerten hatte das Landheer der Belagerer, welchem die Zufuhren durch die starke und verwegene leichte Reiterei der Karthager häufig abgefangen wurden und das die Seuchen, die in der unge- sunden Gegend einheimisch sind, zu decimiren begannen. Indess die Eroberung Lilybaeons war wichtig genug, um ge- duldig bei der mühseligen Arbeit auszuharren, die denn doch mit der Zeit den gewünschten Erfolg verhiess. Allein dem neuen Consul Publius Claudius schien die Aufgabe Lilybaeon zu blokiren zu gering; es gefiel ihm besser wieder einmal den Operationsplan zu ändern und mit seinen zahlreichen neu bemannten Schiffen die karthagische in dem nahen Hafen von Drepana verweilende Flotte unversehens zu überfallen. ERSTER PUNISCHER KRIEG. in den Hafen von Lilybaeon zu legen und die Stadt von derSeeseite zu blokiren. Indeſs vollständig die See zu sperren vermochte man nicht, so sehr die Römer durch Versenkungen und Pallisaden bemüht waren den Hafen zu schlieſsen. Trotz dessen und trotz der sorgfältigsten Bewachung unterhielten gewandte und der Untiefen und Fahrwässer genau kundige Schnellsegler eine regelmäſsige Verbindung zwischen den Be- lagerten in der Stadt und der karthagischen Flotte im Hafen von Drepana; ja nachdem die Belagerung einige Zeit gewährt hatte, glückte es einer karthagischen Flotte von 50 Segeln in den Hafen einzufahren, Lebensmittel in Menge und Ver- stärkung von 10000 Mann in die Stadt zu werfen und unan- gefochten wieder heim zu kehren. Nicht viel glücklicher war die belagernde Landarmee. Man begann mit regelrechtem Angriff; die Maschinen wurden errichtet und in kurzer Zeit hatten die Batterien sechs Mauerthürme eingeworfen; die Bresche schien bald practicabel. Allein der tüchtige karthagi- sche Befehlshaber Himilko vereitelte diesen Angriff, indem auf seine Anordnung hinter der Bresche sich ein zweiter Wall erhob. Ein Versuch der Römer mit der Besatzung ein Einverständniſs anzuknüpfen ward ebenso noch zur rechten Zeit vereitelt und endlich, nachdem die Belagerer einen ersten Ausfall abge- schlagen hatten, gelang es den Karthagern während einer stürmischen Nacht die römische Maschinenreihe zu verbrennen. Die Römer gaben hierauf die Vorbereitungen zum Sturm auf und begnügten sich die Stadt zu Wasser und zu Lande zu blokiren. Freilich waren die Aussichten auf Erfolg sehr fern, so lange man nicht im Stande war den feindlichen Schiffen den Eingang gänzlich abzuschneiden; und einen nicht viel leichteren Stand als in der Stadt die Belagerten hatte das Landheer der Belagerer, welchem die Zufuhren durch die starke und verwegene leichte Reiterei der Karthager häufig abgefangen wurden und das die Seuchen, die in der unge- sunden Gegend einheimisch sind, zu decimiren begannen. Indeſs die Eroberung Lilybaeons war wichtig genug, um ge- duldig bei der mühseligen Arbeit auszuharren, die denn doch mit der Zeit den gewünschten Erfolg verhieſs. Allein dem neuen Consul Publius Claudius schien die Aufgabe Lilybaeon zu blokiren zu gering; es gefiel ihm besser wieder einmal den Operationsplan zu ändern und mit seinen zahlreichen neu bemannten Schiffen die karthagische in dem nahen Hafen von Drepana verweilende Flotte unversehens zu überfallen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0365" n="351"/><fw place="top" type="header">ERSTER PUNISCHER KRIEG.</fw><lb/> in den Hafen von Lilybaeon zu legen und die Stadt von der<lb/> Seeseite zu blokiren. Indeſs vollständig die See zu sperren<lb/> vermochte man nicht, so sehr die Römer durch Versenkungen<lb/> und Pallisaden bemüht waren den Hafen zu schlieſsen. 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Allein der tüchtige karthagi-<lb/> sche Befehlshaber Himilko vereitelte diesen Angriff, indem auf<lb/> seine Anordnung hinter der Bresche sich ein zweiter Wall erhob.<lb/> Ein Versuch der Römer mit der Besatzung ein Einverständniſs<lb/> anzuknüpfen ward ebenso noch zur rechten Zeit vereitelt und<lb/> endlich, nachdem die Belagerer einen ersten Ausfall abge-<lb/> schlagen hatten, gelang es den Karthagern während einer<lb/> stürmischen Nacht die römische Maschinenreihe zu verbrennen.<lb/> Die Römer gaben hierauf die Vorbereitungen zum Sturm auf<lb/> und begnügten sich die Stadt zu Wasser und zu Lande zu<lb/> blokiren. 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ERSTER PUNISCHER KRIEG.
in den Hafen von Lilybaeon zu legen und die Stadt von der
Seeseite zu blokiren. Indeſs vollständig die See zu sperren
vermochte man nicht, so sehr die Römer durch Versenkungen
und Pallisaden bemüht waren den Hafen zu schlieſsen. Trotz
dessen und trotz der sorgfältigsten Bewachung unterhielten
gewandte und der Untiefen und Fahrwässer genau kundige
Schnellsegler eine regelmäſsige Verbindung zwischen den Be-
lagerten in der Stadt und der karthagischen Flotte im Hafen
von Drepana; ja nachdem die Belagerung einige Zeit gewährt
hatte, glückte es einer karthagischen Flotte von 50 Segeln
in den Hafen einzufahren, Lebensmittel in Menge und Ver-
stärkung von 10000 Mann in die Stadt zu werfen und unan-
gefochten wieder heim zu kehren. Nicht viel glücklicher war
die belagernde Landarmee. Man begann mit regelrechtem
Angriff; die Maschinen wurden errichtet und in kurzer Zeit
hatten die Batterien sechs Mauerthürme eingeworfen; die
Bresche schien bald practicabel. Allein der tüchtige karthagi-
sche Befehlshaber Himilko vereitelte diesen Angriff, indem auf
seine Anordnung hinter der Bresche sich ein zweiter Wall erhob.
Ein Versuch der Römer mit der Besatzung ein Einverständniſs
anzuknüpfen ward ebenso noch zur rechten Zeit vereitelt und
endlich, nachdem die Belagerer einen ersten Ausfall abge-
schlagen hatten, gelang es den Karthagern während einer
stürmischen Nacht die römische Maschinenreihe zu verbrennen.
Die Römer gaben hierauf die Vorbereitungen zum Sturm auf
und begnügten sich die Stadt zu Wasser und zu Lande zu
blokiren. Freilich waren die Aussichten auf Erfolg sehr fern,
so lange man nicht im Stande war den feindlichen Schiffen
den Eingang gänzlich abzuschneiden; und einen nicht viel
leichteren Stand als in der Stadt die Belagerten hatte das
Landheer der Belagerer, welchem die Zufuhren durch die
starke und verwegene leichte Reiterei der Karthager häufig
abgefangen wurden und das die Seuchen, die in der unge-
sunden Gegend einheimisch sind, zu decimiren begannen.
Indeſs die Eroberung Lilybaeons war wichtig genug, um ge-
duldig bei der mühseligen Arbeit auszuharren, die denn doch
mit der Zeit den gewünschten Erfolg verhieſs. Allein dem
neuen Consul Publius Claudius schien die Aufgabe Lilybaeon
zu blokiren zu gering; es gefiel ihm besser wieder einmal
den Operationsplan zu ändern und mit seinen zahlreichen
neu bemannten Schiffen die karthagische in dem nahen Hafen
von Drepana verweilende Flotte unversehens zu überfallen.
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