der Grossen; und dies in Verbindung mit den vom Staat ins Leben gerufenen Lieferungs- und Unternehmungsgesellschaften war der hauptsächliche Grund, dass neben dem Bauernstande in der römischen Gemeinde niemals eine Klasse unabhängiger Industrieller aufkam. Durch welche Umstände und Manipula- tionen die grossen Grundbesitzer in Rom auch die Capitalher- ren wurden und die Hypothekardarlehen wie den Grosshandel und die Lieferungen und Arbeiten für den Staat in die Hände bekamen, ist schon früher (S.134. 171) bezeichnet worden.
Ueber den Verkehr der Völker im Innern und mit dem Ausland fliessen uns die Quellen sehr spärlich. Im Allgemei- nen zeugt von der steigenden Regsamkeit desselben der Ueber- gang der Italiker vom Tausch- zum Geldsystem, der in diese Epoche gehört. Während der ersten drei Jahrhunderte der Stadt ward in Italien, abgesehen von den griechischen Colo- nien, eigene Münze nicht geschlagen, mit einziger Ausnahme von Populonia und vielleicht einigen benachbarten tuskischen Städten, die aus dem in ihren Gruben gewonnenen Silber attische Didrachmen prägten; die Latiner und vermuthlich auch die Sabeller betrieben ihren Verkehr hauptsächlich mit- telst des Kupfers, das als allgemein geltende Waare nach dem Gewicht genommen ward. Es lag somit in der Natur der Ver- hältnisse, dass die Mittelitaliker, als sie sich entschlossen nach griechischem Vorbild eine Münze einzuführen, zwar in allem Uebrigen an griechische Muster sich anschlossen, aber statt des Silbers Kupfer zu ihrem Münzmetall erwählten und als Münzeinheit die bisherige Wertheinheit, das Kupferpfund an- nahmen; womit es zusammenhing, dass man die Münzen goss statt sie zu prägen, denn kein Stempel hätte ausgereicht für so grosse und schwere Stücke. Dass man von Anfang an nicht vollwichtig münzte, ist begreiflich, da der Staat nur auf diesem Wege die verhältnissmässig wohl bedeutenden Herstel- lungskosten decken und das Einschmelzen der Landesmünze verhindern konnte. -- Geschichtlich bemerkenswerth ist es, dass diese Neuerung in Italien höchst wahrscheinlich von Rom ausgegangen ist und zwar eben von den Decemvirn, die in der solonischen Gesetzgebung das Vorbild auch zur Regulirung des Münzwesens fanden, und dass sie von Rom aus sich ver- breitete über eine Anzahl latinischer, etruskischer, umbrischer und ostitalischer Gemeinden; zum deutlichen Beweise der überlegenen Stellung, die Rom schon seit dem Anfang des vierten Jahrhunderts in Italien behauptete. Indess darf dies
INNERE VERHAELTNISSE.
der Groſsen; und dies in Verbindung mit den vom Staat ins Leben gerufenen Lieferungs- und Unternehmungsgesellschaften war der hauptsächliche Grund, daſs neben dem Bauernstande in der römischen Gemeinde niemals eine Klasse unabhängiger Industrieller aufkam. Durch welche Umstände und Manipula- tionen die groſsen Grundbesitzer in Rom auch die Capitalher- ren wurden und die Hypothekardarlehen wie den Groſshandel und die Lieferungen und Arbeiten für den Staat in die Hände bekamen, ist schon früher (S.134. 171) bezeichnet worden.
Ueber den Verkehr der Völker im Innern und mit dem Ausland flieſsen uns die Quellen sehr spärlich. Im Allgemei- nen zeugt von der steigenden Regsamkeit desselben der Ueber- gang der Italiker vom Tausch- zum Geldsystem, der in diese Epoche gehört. Während der ersten drei Jahrhunderte der Stadt ward in Italien, abgesehen von den griechischen Colo- nien, eigene Münze nicht geschlagen, mit einziger Ausnahme von Populonia und vielleicht einigen benachbarten tuskischen Städten, die aus dem in ihren Gruben gewonnenen Silber attische Didrachmen prägten; die Latiner und vermuthlich auch die Sabeller betrieben ihren Verkehr hauptsächlich mit- telst des Kupfers, das als allgemein geltende Waare nach dem Gewicht genommen ward. Es lag somit in der Natur der Ver- hältnisse, daſs die Mittelitaliker, als sie sich entschlossen nach griechischem Vorbild eine Münze einzuführen, zwar in allem Uebrigen an griechische Muster sich anschlossen, aber statt des Silbers Kupfer zu ihrem Münzmetall erwählten und als Münzeinheit die bisherige Wertheinheit, das Kupferpfund an- nahmen; womit es zusammenhing, daſs man die Münzen goſs statt sie zu prägen, denn kein Stempel hätte ausgereicht für so groſse und schwere Stücke. Daſs man von Anfang an nicht vollwichtig münzte, ist begreiflich, da der Staat nur auf diesem Wege die verhältniſsmäſsig wohl bedeutenden Herstel- lungskosten decken und das Einschmelzen der Landesmünze verhindern konnte. — Geschichtlich bemerkenswerth ist es, daſs diese Neuerung in Italien höchst wahrscheinlich von Rom ausgegangen ist und zwar eben von den Decemvirn, die in der solonischen Gesetzgebung das Vorbild auch zur Regulirung des Münzwesens fanden, und daſs sie von Rom aus sich ver- breitete über eine Anzahl latinischer, etruskischer, umbrischer und ostitalischer Gemeinden; zum deutlichen Beweise der überlegenen Stellung, die Rom schon seit dem Anfang des vierten Jahrhunderts in Italien behauptete. Indeſs darf dies
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INNERE VERHAELTNISSE.
der Groſsen; und dies in Verbindung mit den vom Staat ins
Leben gerufenen Lieferungs- und Unternehmungsgesellschaften
war der hauptsächliche Grund, daſs neben dem Bauernstande
in der römischen Gemeinde niemals eine Klasse unabhängiger
Industrieller aufkam. Durch welche Umstände und Manipula-
tionen die groſsen Grundbesitzer in Rom auch die Capitalher-
ren wurden und die Hypothekardarlehen wie den Groſshandel
und die Lieferungen und Arbeiten für den Staat in die Hände
bekamen, ist schon früher (S.134. 171) bezeichnet worden.
Ueber den Verkehr der Völker im Innern und mit dem
Ausland flieſsen uns die Quellen sehr spärlich. Im Allgemei-
nen zeugt von der steigenden Regsamkeit desselben der Ueber-
gang der Italiker vom Tausch- zum Geldsystem, der in diese
Epoche gehört. Während der ersten drei Jahrhunderte der
Stadt ward in Italien, abgesehen von den griechischen Colo-
nien, eigene Münze nicht geschlagen, mit einziger Ausnahme
von Populonia und vielleicht einigen benachbarten tuskischen
Städten, die aus dem in ihren Gruben gewonnenen Silber
attische Didrachmen prägten; die Latiner und vermuthlich
auch die Sabeller betrieben ihren Verkehr hauptsächlich mit-
telst des Kupfers, das als allgemein geltende Waare nach dem
Gewicht genommen ward. Es lag somit in der Natur der Ver-
hältnisse, daſs die Mittelitaliker, als sie sich entschlossen nach
griechischem Vorbild eine Münze einzuführen, zwar in allem
Uebrigen an griechische Muster sich anschlossen, aber statt
des Silbers Kupfer zu ihrem Münzmetall erwählten und als
Münzeinheit die bisherige Wertheinheit, das Kupferpfund an-
nahmen; womit es zusammenhing, daſs man die Münzen goſs
statt sie zu prägen, denn kein Stempel hätte ausgereicht für
so groſse und schwere Stücke. Daſs man von Anfang an
nicht vollwichtig münzte, ist begreiflich, da der Staat nur auf
diesem Wege die verhältniſsmäſsig wohl bedeutenden Herstel-
lungskosten decken und das Einschmelzen der Landesmünze
verhindern konnte. — Geschichtlich bemerkenswerth ist es,
daſs diese Neuerung in Italien höchst wahrscheinlich von Rom
ausgegangen ist und zwar eben von den Decemvirn, die in
der solonischen Gesetzgebung das Vorbild auch zur Regulirung
des Münzwesens fanden, und daſs sie von Rom aus sich ver-
breitete über eine Anzahl latinischer, etruskischer, umbrischer
und ostitalischer Gemeinden; zum deutlichen Beweise der
überlegenen Stellung, die Rom schon seit dem Anfang des
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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