Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.ZWEITES BUCH. KAPITEL VII. von neuem begann ein entscheidenderer Kampf. Siebenmal tra-fen die Legionen und die Phalanx im Choc auf einander und immer noch stand der Kampf. Da fiel Megakles, einer der besten Offiziere des Königs, und weil er an diesem heissen Tage die Rüstung des Königs trug, glaubte das Heer zum zweiten Mal, dass der König gefallen sei; die Reihen wurden unsicher, schon meinte Laevinus den Sieg in der Hand zu haben und warf seine sämmtliche Reiterei den Griechen in die Flanke. Aber Pyrrhos, entblössten Hauptes durch die Reihen des Fussvolks schreitend, belebte aufs Neue den Muth der Seinigen; gegen die Reiter wurden die bis dahin zurück- gehaltenen Elephanten vorgeführt. Die Pferde scheuten vor ihnen, die Reiter wussten den gewaltigen Thieren nicht bei- zukommen und wandten sich zur Flucht; die fliehenden Reiter, die nachsetzenden Elephanten lösten endlich auch die ge- schlossenen Glieder des römischen Fussvolks und die Elephan- ten im Verein mit der trefflichen thessalischen Reiterei richteten ein grosses Blutbad unter den Flüchtenden an. Hätte nicht ein tapferer römischer Soldat, Gaius Minucius, der erste Hastat der vierten Legion, einen der Elephanten verwundet und dadurch die verfolgenden Truppen in Verwirrung gebracht, so wäre das römische Heer aufgerieben worden; so gelang es den Rest der römischen Truppen über den Siris zurückzuführen. Indess der Verlust war gross; 7000 Römer wurden todt oder wund von den Siegern auf der Wahlstatt gefunden, 2000 gefangen eingebracht; die Römer selbst gaben wohl mit Ein- schluss der vom Schlachtfeld zurückgebrachten Verwundeten ihren Verlust an auf 15000 Mann. Aber auch Pyrrhos Heer hatte nicht viel weniger gelitten; gegen 4000 seiner besten Soldaten bedeckten das Schlachtfeld und mehrere seiner tüch- tigsten Offiziere waren gefallen. Erwägend, dass sein Verlust hauptsächlich auf die altgedienten Leute traf, die bei weitem schwerer zu ersetzen waren als die römische Landwehr, und dass er den Sieg nur der Ueberraschung durch den Elephan- tenangriff verdankte, die sich nicht oft wiederholen liess, mochte der König wohl diesen Sieg einer Niederlage vergleichen, wenn er auch nicht so thöricht war, wie die römischen Poe- ten später erfanden, dies auszusprechen in der Aufschrift des von ihm in Tarent aufgestellten Weihgeschenks. -- Zunächst indess war es ein unschätzbarer Erfolg, der nicht bloss Pyrrhos Feldherrnruhm glänzend bewährte, sondern auch den hinsie- chenden Bund der Italioten wenn irgend etwas zur Einigung ZWEITES BUCH. KAPITEL VII. von neuem begann ein entscheidenderer Kampf. Siebenmal tra-fen die Legionen und die Phalanx im Choc auf einander und immer noch stand der Kampf. Da fiel Megakles, einer der besten Offiziere des Königs, und weil er an diesem heiſsen Tage die Rüstung des Königs trug, glaubte das Heer zum zweiten Mal, daſs der König gefallen sei; die Reihen wurden unsicher, schon meinte Laevinus den Sieg in der Hand zu haben und warf seine sämmtliche Reiterei den Griechen in die Flanke. Aber Pyrrhos, entblöſsten Hauptes durch die Reihen des Fuſsvolks schreitend, belebte aufs Neue den Muth der Seinigen; gegen die Reiter wurden die bis dahin zurück- gehaltenen Elephanten vorgeführt. Die Pferde scheuten vor ihnen, die Reiter wuſsten den gewaltigen Thieren nicht bei- zukommen und wandten sich zur Flucht; die fliehenden Reiter, die nachsetzenden Elephanten lösten endlich auch die ge- schlossenen Glieder des römischen Fuſsvolks und die Elephan- ten im Verein mit der trefflichen thessalischen Reiterei richteten ein groſses Blutbad unter den Flüchtenden an. Hätte nicht ein tapferer römischer Soldat, Gaius Minucius, der erste Hastat der vierten Legion, einen der Elephanten verwundet und dadurch die verfolgenden Truppen in Verwirrung gebracht, so wäre das römische Heer aufgerieben worden; so gelang es den Rest der römischen Truppen über den Siris zurückzuführen. Indeſs der Verlust war groſs; 7000 Römer wurden todt oder wund von den Siegern auf der Wahlstatt gefunden, 2000 gefangen eingebracht; die Römer selbst gaben wohl mit Ein- schluſs der vom Schlachtfeld zurückgebrachten Verwundeten ihren Verlust an auf 15000 Mann. Aber auch Pyrrhos Heer hatte nicht viel weniger gelitten; gegen 4000 seiner besten Soldaten bedeckten das Schlachtfeld und mehrere seiner tüch- tigsten Offiziere waren gefallen. Erwägend, daſs sein Verlust hauptsächlich auf die altgedienten Leute traf, die bei weitem schwerer zu ersetzen waren als die römische Landwehr, und daſs er den Sieg nur der Ueberraschung durch den Elephan- tenangriff verdankte, die sich nicht oft wiederholen lieſs, mochte der König wohl diesen Sieg einer Niederlage vergleichen, wenn er auch nicht so thöricht war, wie die römischen Poe- ten später erfanden, dies auszusprechen in der Aufschrift des von ihm in Tarent aufgestellten Weihgeschenks. — Zunächst indeſs war es ein unschätzbarer Erfolg, der nicht bloſs Pyrrhos Feldherrnruhm glänzend bewährte, sondern auch den hinsie- chenden Bund der Italioten wenn irgend etwas zur Einigung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0280" n="266"/><fw place="top" type="header">ZWEITES BUCH. 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ZWEITES BUCH. KAPITEL VII.
von neuem begann ein entscheidenderer Kampf. Siebenmal tra-
fen die Legionen und die Phalanx im Choc auf einander und
immer noch stand der Kampf. Da fiel Megakles, einer der
besten Offiziere des Königs, und weil er an diesem heiſsen
Tage die Rüstung des Königs trug, glaubte das Heer zum
zweiten Mal, daſs der König gefallen sei; die Reihen wurden
unsicher, schon meinte Laevinus den Sieg in der Hand zu
haben und warf seine sämmtliche Reiterei den Griechen in
die Flanke. Aber Pyrrhos, entblöſsten Hauptes durch die
Reihen des Fuſsvolks schreitend, belebte aufs Neue den Muth
der Seinigen; gegen die Reiter wurden die bis dahin zurück-
gehaltenen Elephanten vorgeführt. Die Pferde scheuten vor
ihnen, die Reiter wuſsten den gewaltigen Thieren nicht bei-
zukommen und wandten sich zur Flucht; die fliehenden Reiter,
die nachsetzenden Elephanten lösten endlich auch die ge-
schlossenen Glieder des römischen Fuſsvolks und die Elephan-
ten im Verein mit der trefflichen thessalischen Reiterei richteten
ein groſses Blutbad unter den Flüchtenden an. Hätte nicht ein
tapferer römischer Soldat, Gaius Minucius, der erste Hastat der
vierten Legion, einen der Elephanten verwundet und dadurch
die verfolgenden Truppen in Verwirrung gebracht, so wäre
das römische Heer aufgerieben worden; so gelang es den
Rest der römischen Truppen über den Siris zurückzuführen.
Indeſs der Verlust war groſs; 7000 Römer wurden todt oder
wund von den Siegern auf der Wahlstatt gefunden, 2000
gefangen eingebracht; die Römer selbst gaben wohl mit Ein-
schluſs der vom Schlachtfeld zurückgebrachten Verwundeten
ihren Verlust an auf 15000 Mann. Aber auch Pyrrhos Heer
hatte nicht viel weniger gelitten; gegen 4000 seiner besten
Soldaten bedeckten das Schlachtfeld und mehrere seiner tüch-
tigsten Offiziere waren gefallen. Erwägend, daſs sein Verlust
hauptsächlich auf die altgedienten Leute traf, die bei weitem
schwerer zu ersetzen waren als die römische Landwehr, und
daſs er den Sieg nur der Ueberraschung durch den Elephan-
tenangriff verdankte, die sich nicht oft wiederholen lieſs, mochte
der König wohl diesen Sieg einer Niederlage vergleichen,
wenn er auch nicht so thöricht war, wie die römischen Poe-
ten später erfanden, dies auszusprechen in der Aufschrift des
von ihm in Tarent aufgestellten Weihgeschenks. — Zunächst
indeſs war es ein unschätzbarer Erfolg, der nicht bloſs Pyrrhos
Feldherrnruhm glänzend bewährte, sondern auch den hinsie-
chenden Bund der Italioten wenn irgend etwas zur Einigung
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