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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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KOENIG PYRRHOS.
beweist der punische Spion in der unmittelbaren Umgebung
Alexanders. Indess mochten dies Träume oder Pläne sein,
der König starb ohne mit den Angelegenheiten des Westens
sich beschäftigt zu haben* und mit ihm gingen jene Gedan-
ken zu Grabe. Nur wenige kurze Jahre hatte ein griechischer
Mann die ganze intellectuelle Kraft des hellenischen Wesens,
die ganze materielle Fülle des Ostens vereinigt in seiner Hand
gehalten; mit seinem Tode ging zwar das Werk seines Le-
bens, die Gründung des Hellenismus im Orient keineswegs
zu Grunde, wohl aber ward es fortgeführt in anderer Weise,
durch die Spaltung des bisher vereinigten Reiches und unter
stetem Hader der verschiedenen aus diesen Trümmern sich
bildenden Staaten. Bei solchen Verhältnissen konnten weder
die griechischen noch die asiatisch-ägyptischen Staaten daran
denken im Occident festen Fuss zu fassen und gegen die
Römer oder die Karthager sich zu wenden. Das östliche und
das westliche Staatensystem bestanden neben einander ohne
politisch in einander zu greifen; und namentlich Rom blieb
den Verwicklungen der Diadochenperiode wesentlich fremd.
Nur Beziehungen ökonomischer Art stellten sich fest; wie
denn zum Beispiel Rhodos, der erste Vertreter einer neutra-
len Handelspolitik in Griechenland und daher der allgemeine
Vermittler des Verkehrs in einer Zeit ewiger Kriege, um das
Jahr 448 einen Vertrag mit Rom abschloss, natürlich einen
Handelstractat, wie er begreiflich ist zwischen einem Kauf-
mannsvolk und den Herren der caeritischen und campanischen
Küste. Nicht anderer Art ist auch die Söldnerlieferung, die
von dem allgemeinen Werbeplatz der damaligen Zeit, von
Hellas aus nach Italien und namentlich nach Tarent ging.
Die politischen Beziehungen, zum Beispiel zwischen Tarent
und dessen Mutterstadt Sparta wirkten hiebei nur in sehr
untergeordneter Weise mit; im Ganzen waren diese Söldner-
werbungen nichts als Geschäfte und Sparta, obwohl es regel-

* Die Richtigkeit von Strabons Erzählung, dass Alexander der Grosse
in Rom Beschwerde geführt habe über die antiatischen Seeräuber, muss
wenigstens dahin gestellt bleiben. Demetrios dem Belagerer sieht es eher
ähnlich, dass er die Piraterie im tyrrhenischen Meer, das er nie mit Augen
gesehen, durch Verordnung abschaffte. -- Für die Gesandtschaft der Römer
nach Babylon besitzen wir dagegen das Zeugniss des Klitarchos (bei Plinius
hist. nat. 3, 5, 57) und es ist kein Grund sie zu bezweifeln; nur darf man
weder glauben, dass sie dem König nach griechischer Sitte einen goldenen
Kranz überreichte (Memnon 25) noch überhaupt daraus auf irgend wesent-
liche Beziehungen der damaligen Machthaber im Osten und Westen schliessen.

KOENIG PYRRHOS.
beweist der punische Spion in der unmittelbaren Umgebung
Alexanders. Indeſs mochten dies Träume oder Pläne sein,
der König starb ohne mit den Angelegenheiten des Westens
sich beschäftigt zu haben* und mit ihm gingen jene Gedan-
ken zu Grabe. Nur wenige kurze Jahre hatte ein griechischer
Mann die ganze intellectuelle Kraft des hellenischen Wesens,
die ganze materielle Fülle des Ostens vereinigt in seiner Hand
gehalten; mit seinem Tode ging zwar das Werk seines Le-
bens, die Gründung des Hellenismus im Orient keineswegs
zu Grunde, wohl aber ward es fortgeführt in anderer Weise,
durch die Spaltung des bisher vereinigten Reiches und unter
stetem Hader der verschiedenen aus diesen Trümmern sich
bildenden Staaten. Bei solchen Verhältnissen konnten weder
die griechischen noch die asiatisch-ägyptischen Staaten daran
denken im Occident festen Fuſs zu fassen und gegen die
Römer oder die Karthager sich zu wenden. Das östliche und
das westliche Staatensystem bestanden neben einander ohne
politisch in einander zu greifen; und namentlich Rom blieb
den Verwicklungen der Diadochenperiode wesentlich fremd.
Nur Beziehungen ökonomischer Art stellten sich fest; wie
denn zum Beispiel Rhodos, der erste Vertreter einer neutra-
len Handelspolitik in Griechenland und daher der allgemeine
Vermittler des Verkehrs in einer Zeit ewiger Kriege, um das
Jahr 448 einen Vertrag mit Rom abschloſs, natürlich einen
Handelstractat, wie er begreiflich ist zwischen einem Kauf-
mannsvolk und den Herren der caeritischen und campanischen
Küste. Nicht anderer Art ist auch die Söldnerlieferung, die
von dem allgemeinen Werbeplatz der damaligen Zeit, von
Hellas aus nach Italien und namentlich nach Tarent ging.
Die politischen Beziehungen, zum Beispiel zwischen Tarent
und dessen Mutterstadt Sparta wirkten hiebei nur in sehr
untergeordneter Weise mit; im Ganzen waren diese Söldner-
werbungen nichts als Geschäfte und Sparta, obwohl es regel-

* Die Richtigkeit von Strabons Erzählung, daſs Alexander der Groſse
in Rom Beschwerde geführt habe über die antiatischen Seeräuber, muſs
wenigstens dahin gestellt bleiben. Demetrios dem Belagerer sieht es eher
ähnlich, daſs er die Piraterie im tyrrhenischen Meer, das er nie mit Augen
gesehen, durch Verordnung abschaffte. — Für die Gesandtschaft der Römer
nach Babylon besitzen wir dagegen das Zeugniſs des Klitarchos (bei Plinius
hist. nat. 3, 5, 57) und es ist kein Grund sie zu bezweifeln; nur darf man
weder glauben, daſs sie dem König nach griechischer Sitte einen goldenen
Kranz überreichte (Memnon 25) noch überhaupt daraus auf irgend wesent-
liche Beziehungen der damaligen Machthaber im Osten und Westen schlieſsen.
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[253/0267] KOENIG PYRRHOS. beweist der punische Spion in der unmittelbaren Umgebung Alexanders. Indeſs mochten dies Träume oder Pläne sein, der König starb ohne mit den Angelegenheiten des Westens sich beschäftigt zu haben * und mit ihm gingen jene Gedan- ken zu Grabe. Nur wenige kurze Jahre hatte ein griechischer Mann die ganze intellectuelle Kraft des hellenischen Wesens, die ganze materielle Fülle des Ostens vereinigt in seiner Hand gehalten; mit seinem Tode ging zwar das Werk seines Le- bens, die Gründung des Hellenismus im Orient keineswegs zu Grunde, wohl aber ward es fortgeführt in anderer Weise, durch die Spaltung des bisher vereinigten Reiches und unter stetem Hader der verschiedenen aus diesen Trümmern sich bildenden Staaten. Bei solchen Verhältnissen konnten weder die griechischen noch die asiatisch-ägyptischen Staaten daran denken im Occident festen Fuſs zu fassen und gegen die Römer oder die Karthager sich zu wenden. Das östliche und das westliche Staatensystem bestanden neben einander ohne politisch in einander zu greifen; und namentlich Rom blieb den Verwicklungen der Diadochenperiode wesentlich fremd. Nur Beziehungen ökonomischer Art stellten sich fest; wie denn zum Beispiel Rhodos, der erste Vertreter einer neutra- len Handelspolitik in Griechenland und daher der allgemeine Vermittler des Verkehrs in einer Zeit ewiger Kriege, um das Jahr 448 einen Vertrag mit Rom abschloſs, natürlich einen Handelstractat, wie er begreiflich ist zwischen einem Kauf- mannsvolk und den Herren der caeritischen und campanischen Küste. Nicht anderer Art ist auch die Söldnerlieferung, die von dem allgemeinen Werbeplatz der damaligen Zeit, von Hellas aus nach Italien und namentlich nach Tarent ging. Die politischen Beziehungen, zum Beispiel zwischen Tarent und dessen Mutterstadt Sparta wirkten hiebei nur in sehr untergeordneter Weise mit; im Ganzen waren diese Söldner- werbungen nichts als Geschäfte und Sparta, obwohl es regel- * Die Richtigkeit von Strabons Erzählung, daſs Alexander der Groſse in Rom Beschwerde geführt habe über die antiatischen Seeräuber, muſs wenigstens dahin gestellt bleiben. Demetrios dem Belagerer sieht es eher ähnlich, daſs er die Piraterie im tyrrhenischen Meer, das er nie mit Augen gesehen, durch Verordnung abschaffte. — Für die Gesandtschaft der Römer nach Babylon besitzen wir dagegen das Zeugniſs des Klitarchos (bei Plinius hist. nat. 3, 5, 57) und es ist kein Grund sie zu bezweifeln; nur darf man weder glauben, daſs sie dem König nach griechischer Sitte einen goldenen Kranz überreichte (Memnon 25) noch überhaupt daraus auf irgend wesent- liche Beziehungen der damaligen Machthaber im Osten und Westen schlieſsen.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/267>, abgerufen am 25.11.2024.