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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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bemerken, daß des Frühjahrs bei gefülltem Bend in der-
selben gegebenen Zeit mehr Wasser durch dasselbe Luleh
fließt, als im Herbst bei geringerem Druck der verminder-
ten Wasserhöhe. Aus dem Tackim fließt dann das Wasser
in gemauerte überwölbte Rinnen, welche mit einem Mörtel
aus gestoßenen Ziegelsteinen und Kalk bekleidet sind, längs
den Thalwänden hin.

Die Leitung muß stark genug geneigt sein, damit die
Flüssigkeit sich schnell fortbewege, sie muß constant geneigt
sein, weil sonst Anhäufungen und Ueberschwemmungen an
einzelnen Stellen verursacht würden, und nicht stärker, als
daß der etwa 10 Zoll ins Geviert haltende Wasserfaden
noch hoch genug an dem Bestimmungsort ankomme, von
wo er über alle unteren Theile der Stadt vertheilt wer-
den soll.

Wenn nun eine Leitung auf ihrem Zuge an ein ihre
Richtung durchschneidendes Thal gelangte, so kannten die
Alten kein anderes Mittel, als den Wasserfaden auf einer
Brücke über dies Thal weg nach dem jenseitigen Ufer hinüber
zu führen, und dies gab Veranlassung zu den oft riesen-
haften Aquaducten, welche man noch heute in Jtalien, Spa-
nien, Griechenland und in Asien erblickt. Die Araber aber
wußten, daß Wasser in communicirenden Röhren sich gleich
stellt, und gründeten darauf das einfachere, weniger kost-
spielige Verfahren, den Wasserfaden in einer Bleiröhre den
diesseitigen Thalhang hinab und den jenseitigen wieder hin-
auf zu führen. Wirklich kam das Wasser drüben an, aber
es floß vermöge der Reibung äußerst langsam, und lieferte
daher in demselben Zeitraum eine viel geringere Masse.
Nun lehrte die Erfahrung, daß die Reibung sich ungemein
vermindere, wenn man von Entfernung zu Entfernung Oeff-
nungen in der Röhre anbringen konnte. Da wo das Was-
ser an den Bergwänden im Niveau hinfließt, war das leicht,
wo es unter niedrigen Terrainwellen durchsetzt, wurden
diese Luftlöcher Brunnen-ähnliche Trichter, wo aber die Lei-
tung in geschlossenen Röhren oft tief unter dem Niveau

bemerken, daß des Fruͤhjahrs bei gefuͤlltem Bend in der-
ſelben gegebenen Zeit mehr Waſſer durch daſſelbe Luleh
fließt, als im Herbſt bei geringerem Druck der verminder-
ten Waſſerhoͤhe. Aus dem Tackim fließt dann das Waſſer
in gemauerte uͤberwoͤlbte Rinnen, welche mit einem Moͤrtel
aus geſtoßenen Ziegelſteinen und Kalk bekleidet ſind, laͤngs
den Thalwaͤnden hin.

Die Leitung muß ſtark genug geneigt ſein, damit die
Fluͤſſigkeit ſich ſchnell fortbewege, ſie muß conſtant geneigt
ſein, weil ſonſt Anhaͤufungen und Ueberſchwemmungen an
einzelnen Stellen verurſacht wuͤrden, und nicht ſtaͤrker, als
daß der etwa 10 Zoll ins Geviert haltende Waſſerfaden
noch hoch genug an dem Beſtimmungsort ankomme, von
wo er uͤber alle unteren Theile der Stadt vertheilt wer-
den ſoll.

Wenn nun eine Leitung auf ihrem Zuge an ein ihre
Richtung durchſchneidendes Thal gelangte, ſo kannten die
Alten kein anderes Mittel, als den Waſſerfaden auf einer
Bruͤcke uͤber dies Thal weg nach dem jenſeitigen Ufer hinuͤber
zu fuͤhren, und dies gab Veranlaſſung zu den oft rieſen-
haften Aquaducten, welche man noch heute in Jtalien, Spa-
nien, Griechenland und in Aſien erblickt. Die Araber aber
wußten, daß Waſſer in communicirenden Roͤhren ſich gleich
ſtellt, und gruͤndeten darauf das einfachere, weniger koſt-
ſpielige Verfahren, den Waſſerfaden in einer Bleiroͤhre den
dieſſeitigen Thalhang hinab und den jenſeitigen wieder hin-
auf zu fuͤhren. Wirklich kam das Waſſer druͤben an, aber
es floß vermoͤge der Reibung aͤußerſt langſam, und lieferte
daher in demſelben Zeitraum eine viel geringere Maſſe.
Nun lehrte die Erfahrung, daß die Reibung ſich ungemein
vermindere, wenn man von Entfernung zu Entfernung Oeff-
nungen in der Roͤhre anbringen konnte. Da wo das Waſ-
ſer an den Bergwaͤnden im Niveau hinfließt, war das leicht,
wo es unter niedrigen Terrainwellen durchſetzt, wurden
dieſe Luftloͤcher Brunnen-aͤhnliche Trichter, wo aber die Lei-
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[87/0097] bemerken, daß des Fruͤhjahrs bei gefuͤlltem Bend in der- ſelben gegebenen Zeit mehr Waſſer durch daſſelbe Luleh fließt, als im Herbſt bei geringerem Druck der verminder- ten Waſſerhoͤhe. Aus dem Tackim fließt dann das Waſſer in gemauerte uͤberwoͤlbte Rinnen, welche mit einem Moͤrtel aus geſtoßenen Ziegelſteinen und Kalk bekleidet ſind, laͤngs den Thalwaͤnden hin. Die Leitung muß ſtark genug geneigt ſein, damit die Fluͤſſigkeit ſich ſchnell fortbewege, ſie muß conſtant geneigt ſein, weil ſonſt Anhaͤufungen und Ueberſchwemmungen an einzelnen Stellen verurſacht wuͤrden, und nicht ſtaͤrker, als daß der etwa 10 Zoll ins Geviert haltende Waſſerfaden noch hoch genug an dem Beſtimmungsort ankomme, von wo er uͤber alle unteren Theile der Stadt vertheilt wer- den ſoll. Wenn nun eine Leitung auf ihrem Zuge an ein ihre Richtung durchſchneidendes Thal gelangte, ſo kannten die Alten kein anderes Mittel, als den Waſſerfaden auf einer Bruͤcke uͤber dies Thal weg nach dem jenſeitigen Ufer hinuͤber zu fuͤhren, und dies gab Veranlaſſung zu den oft rieſen- haften Aquaducten, welche man noch heute in Jtalien, Spa- nien, Griechenland und in Aſien erblickt. Die Araber aber wußten, daß Waſſer in communicirenden Roͤhren ſich gleich ſtellt, und gruͤndeten darauf das einfachere, weniger koſt- ſpielige Verfahren, den Waſſerfaden in einer Bleiroͤhre den dieſſeitigen Thalhang hinab und den jenſeitigen wieder hin- auf zu fuͤhren. Wirklich kam das Waſſer druͤben an, aber es floß vermoͤge der Reibung aͤußerſt langſam, und lieferte daher in demſelben Zeitraum eine viel geringere Maſſe. Nun lehrte die Erfahrung, daß die Reibung ſich ungemein vermindere, wenn man von Entfernung zu Entfernung Oeff- nungen in der Roͤhre anbringen konnte. Da wo das Waſ- ſer an den Bergwaͤnden im Niveau hinfließt, war das leicht, wo es unter niedrigen Terrainwellen durchſetzt, wurden dieſe Luftloͤcher Brunnen-aͤhnliche Trichter, wo aber die Lei- tung in geſchloſſenen Roͤhren oft tief unter dem Niveau

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/97>, abgerufen am 22.11.2024.