die Batterien zwar meist dominirt, aber eben die wichtigern auch gegen die Landseite leicht in haltbaren Stand zu setzen.
Schon jetzt entsprechen dieser Anforderung vollkommen die beiden Hissare. Zwar sind sie gegenwärtig nicht armirt, wenn aber eine gewaltsame Durchfahrt durch den Bosphor zu erwarten steht, müßten sie durchaus zur Vertheidi- gung benutzt werden. Sie liegen an den schmalsten Stel- len der Meerenge, und innerhalb der Mauern von Rumeli- Hissar würde man die hochliegenden Batterien etabliren kön- nen, welche die neuere Erfahrung für Küstenvertheidigung fordert. Die gewaltige Stärke der Thürme und Mauern würde selbst dem Belagerungsgeschütze lange widerstehen, und ihre Höhe sichert gegen Leiterersteigung oder gewalt- samen Ueberfall.
Die Hissare wurden ursprünglich von den griechischen Kaisern erbaut, aber später wieder zerstört. Die Genueser übernahmen dann die Vertheidigung des Bosphor weiter oben; als aber die Türken die Hauptstadt bedrängten, setz- ten diese sich auf den Trümmern der griechischen Schlösser fest, und zwar mit der rohen Tüchtigkeit, die ihnen damals eigen war. Jndem sie Kirchen und Altäre dazu verwen- deten und Säulen und Denkmäler einmauerten, brachten 3000 tägliche Arbeiter, unter Aufsicht MohammedsII. selbst, das Werk in kurzer Frist zu Stande, welches heute noch unversehrt, aber auch unbenutzt dasteht. Eine Zeit- lang war Rumeli-Hissar der Kerker für die gefangenen Rhodiser Ritter, unter MahmudII. wurden mehrere tau- send Janitscharen hier enthauptet, und gegenwärtig um- schließen die gewaltigen Mauern nur die Bretterwohnun- gen einiger türkischen Familien.
die Batterien zwar meiſt dominirt, aber eben die wichtigern auch gegen die Landſeite leicht in haltbaren Stand zu ſetzen.
Schon jetzt entſprechen dieſer Anforderung vollkommen die beiden Hiſſare. Zwar ſind ſie gegenwaͤrtig nicht armirt, wenn aber eine gewaltſame Durchfahrt durch den Bosphor zu erwarten ſteht, muͤßten ſie durchaus zur Vertheidi- gung benutzt werden. Sie liegen an den ſchmalſten Stel- len der Meerenge, und innerhalb der Mauern von Rumeli- Hiſſar wuͤrde man die hochliegenden Batterien etabliren koͤn- nen, welche die neuere Erfahrung fuͤr Kuͤſtenvertheidigung fordert. Die gewaltige Staͤrke der Thuͤrme und Mauern wuͤrde ſelbſt dem Belagerungsgeſchuͤtze lange widerſtehen, und ihre Hoͤhe ſichert gegen Leitererſteigung oder gewalt- ſamen Ueberfall.
Die Hiſſare wurden urſpruͤnglich von den griechiſchen Kaiſern erbaut, aber ſpaͤter wieder zerſtoͤrt. Die Genueſer uͤbernahmen dann die Vertheidigung des Bosphor weiter oben; als aber die Tuͤrken die Hauptſtadt bedraͤngten, ſetz- ten dieſe ſich auf den Truͤmmern der griechiſchen Schloͤſſer feſt, und zwar mit der rohen Tuͤchtigkeit, die ihnen damals eigen war. Jndem ſie Kirchen und Altaͤre dazu verwen- deten und Saͤulen und Denkmaͤler einmauerten, brachten 3000 taͤgliche Arbeiter, unter Aufſicht MohammedsII. ſelbſt, das Werk in kurzer Friſt zu Stande, welches heute noch unverſehrt, aber auch unbenutzt daſteht. Eine Zeit- lang war Rumeli-Hiſſar der Kerker fuͤr die gefangenen Rhodiſer Ritter, unter MahmudII. wurden mehrere tau- ſend Janitſcharen hier enthauptet, und gegenwaͤrtig um- ſchließen die gewaltigen Mauern nur die Bretterwohnun- gen einiger tuͤrkiſchen Familien.
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die Batterien zwar meiſt dominirt, aber eben die wichtigern
auch gegen die Landſeite leicht in haltbaren Stand zu ſetzen.
Schon jetzt entſprechen dieſer Anforderung vollkommen
die beiden Hiſſare. Zwar ſind ſie gegenwaͤrtig nicht armirt,
wenn aber eine gewaltſame Durchfahrt durch den Bosphor
zu erwarten ſteht, muͤßten ſie durchaus zur Vertheidi-
gung benutzt werden. Sie liegen an den ſchmalſten Stel-
len der Meerenge, und innerhalb der Mauern von Rumeli-
Hiſſar wuͤrde man die hochliegenden Batterien etabliren koͤn-
nen, welche die neuere Erfahrung fuͤr Kuͤſtenvertheidigung
fordert. Die gewaltige Staͤrke der Thuͤrme und Mauern
wuͤrde ſelbſt dem Belagerungsgeſchuͤtze lange widerſtehen,
und ihre Hoͤhe ſichert gegen Leitererſteigung oder gewalt-
ſamen Ueberfall.
Die Hiſſare wurden urſpruͤnglich von den griechiſchen
Kaiſern erbaut, aber ſpaͤter wieder zerſtoͤrt. Die Genueſer
uͤbernahmen dann die Vertheidigung des Bosphor weiter
oben; als aber die Tuͤrken die Hauptſtadt bedraͤngten, ſetz-
ten dieſe ſich auf den Truͤmmern der griechiſchen Schloͤſſer
feſt, und zwar mit der rohen Tuͤchtigkeit, die ihnen damals
eigen war. Jndem ſie Kirchen und Altaͤre dazu verwen-
deten und Saͤulen und Denkmaͤler einmauerten, brachten
3000 taͤgliche Arbeiter, unter Aufſicht Mohammeds II.
ſelbſt, das Werk in kurzer Friſt zu Stande, welches heute
noch unverſehrt, aber auch unbenutzt daſteht. Eine Zeit-
lang war Rumeli-Hiſſar der Kerker fuͤr die gefangenen
Rhodiſer Ritter, unter Mahmud II. wurden mehrere tau-
ſend Janitſcharen hier enthauptet, und gegenwaͤrtig um-
ſchließen die gewaltigen Mauern nur die Bretterwohnun-
gen einiger tuͤrkiſchen Familien.
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/93>, abgerufen am 23.11.2024.
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