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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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schen Festung gesehen; um das Corps de place liegen aus-
gedehnte Vorstädte, welche man mit zehn neuen Fortifica-
tionsfronten eingeschlossen hat, deren Graben jedoch trocken
und unbekleidet ist. Dort baut Hussein-Pascha eben
jetzt geschlossene Bollwerke aus Stein, von denen die zwei
an der Donau fertig sind. Wir fanden in der Stadt fast
alle Läden geschlossen, weil selbst die angesehensten Bewoh-
ner schanzen mußten, als wäre man am Vorabend einer
Belagerung. Das ganze Emplacement von Widdin ist sehr
günstig, und was eine wahre Seltenheit bei einer türkischen
Festung, diese ist nirgends dominirt; dagegen ist aber die
Lage, sowohl von Nikopolis als Widdin so, daß sie weder
in einem österreichischen noch einem russischen Kriege son-
derlich in Betracht kommen können.

Beim Einfluß der Timok fängt nun das serbische Ge-
biet an, welches wir nicht mehr betreten durften; das
Schiff mußte serbische Sanitäts-Beamten an Bord neh-
men. Auch die drei festen Plätze Gladowa (türkisch Feti-
Jslam oder Sieg des wahren Glaubens), Neu-Orsowa
(Ada-Kalessi oder Jnselfestung) und Belgrad, die einzigen,
in welcher sich noch Türken aufhalten dürfen, sind in den
serbischen Quarantaine-Verband mit eingeschlossen. Wir
hatten einen Aga aus Konstantinopel an Bord, welcher De-
peschen an den Pascha von Belgrad brachte; um die Be-
fehle der türkischen Regierung nach einer türkischen Festung
zu schaffen, muß der Träger sich eines österreichischen Dampf-
schiffs bedienen und sich der österreichischen Quarantaine
von zehn Tagen unterwerfen, wenn er nicht die zwanzig-
tägige serbische in Alexinza machen will.

Die Fahrt stromaufwärts geht nur langsam, und wir
brauchten fünf Tage, um von Brailow nach Gladowitza, dicht
oberhalb Gladowa, zu gelangen, obschon wir auch Nachts
fuhren, bis der Mond unterging. Wir hatten einen gan-
zen Tag nöthig, um die nur zwei Meilen lange Strecke von
Gladowitza nach Orsowa zurückzulegen, auf welcher das ei-
serne Thor oder Demir-Kapu passirt werden muß.

ſchen Feſtung geſehen; um das Corps de place liegen aus-
gedehnte Vorſtaͤdte, welche man mit zehn neuen Fortifica-
tionsfronten eingeſchloſſen hat, deren Graben jedoch trocken
und unbekleidet iſt. Dort baut Huſſein-Paſcha eben
jetzt geſchloſſene Bollwerke aus Stein, von denen die zwei
an der Donau fertig ſind. Wir fanden in der Stadt faſt
alle Laͤden geſchloſſen, weil ſelbſt die angeſehenſten Bewoh-
ner ſchanzen mußten, als waͤre man am Vorabend einer
Belagerung. Das ganze Emplacement von Widdin iſt ſehr
guͤnſtig, und was eine wahre Seltenheit bei einer tuͤrkiſchen
Feſtung, dieſe iſt nirgends dominirt; dagegen iſt aber die
Lage, ſowohl von Nikopolis als Widdin ſo, daß ſie weder
in einem oͤſterreichiſchen noch einem ruſſiſchen Kriege ſon-
derlich in Betracht kommen koͤnnen.

Beim Einfluß der Timok faͤngt nun das ſerbiſche Ge-
biet an, welches wir nicht mehr betreten durften; das
Schiff mußte ſerbiſche Sanitaͤts-Beamten an Bord neh-
men. Auch die drei feſten Plaͤtze Gladowa (tuͤrkiſch Feti-
Jslam oder Sieg des wahren Glaubens), Neu-Orſowa
(Ada-Kaleſſi oder Jnſelfeſtung) und Belgrad, die einzigen,
in welcher ſich noch Tuͤrken aufhalten duͤrfen, ſind in den
ſerbiſchen Quarantaine-Verband mit eingeſchloſſen. Wir
hatten einen Aga aus Konſtantinopel an Bord, welcher De-
peſchen an den Paſcha von Belgrad brachte; um die Be-
fehle der tuͤrkiſchen Regierung nach einer tuͤrkiſchen Feſtung
zu ſchaffen, muß der Traͤger ſich eines oͤſterreichiſchen Dampf-
ſchiffs bedienen und ſich der oͤſterreichiſchen Quarantaine
von zehn Tagen unterwerfen, wenn er nicht die zwanzig-
taͤgige ſerbiſche in Alexinza machen will.

Die Fahrt ſtromaufwaͤrts geht nur langſam, und wir
brauchten fuͤnf Tage, um von Brailow nach Gladowitza, dicht
oberhalb Gladowa, zu gelangen, obſchon wir auch Nachts
fuhren, bis der Mond unterging. Wir hatten einen gan-
zen Tag noͤthig, um die nur zwei Meilen lange Strecke von
Gladowitza nach Orſowa zuruͤckzulegen, auf welcher das ei-
ſerne Thor oder Demir-Kapu paſſirt werden muß.

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[426/0436] ſchen Feſtung geſehen; um das Corps de place liegen aus- gedehnte Vorſtaͤdte, welche man mit zehn neuen Fortifica- tionsfronten eingeſchloſſen hat, deren Graben jedoch trocken und unbekleidet iſt. Dort baut Huſſein-Paſcha eben jetzt geſchloſſene Bollwerke aus Stein, von denen die zwei an der Donau fertig ſind. Wir fanden in der Stadt faſt alle Laͤden geſchloſſen, weil ſelbſt die angeſehenſten Bewoh- ner ſchanzen mußten, als waͤre man am Vorabend einer Belagerung. Das ganze Emplacement von Widdin iſt ſehr guͤnſtig, und was eine wahre Seltenheit bei einer tuͤrkiſchen Feſtung, dieſe iſt nirgends dominirt; dagegen iſt aber die Lage, ſowohl von Nikopolis als Widdin ſo, daß ſie weder in einem oͤſterreichiſchen noch einem ruſſiſchen Kriege ſon- derlich in Betracht kommen koͤnnen. Beim Einfluß der Timok faͤngt nun das ſerbiſche Ge- biet an, welches wir nicht mehr betreten durften; das Schiff mußte ſerbiſche Sanitaͤts-Beamten an Bord neh- men. Auch die drei feſten Plaͤtze Gladowa (tuͤrkiſch Feti- Jslam oder Sieg des wahren Glaubens), Neu-Orſowa (Ada-Kaleſſi oder Jnſelfeſtung) und Belgrad, die einzigen, in welcher ſich noch Tuͤrken aufhalten duͤrfen, ſind in den ſerbiſchen Quarantaine-Verband mit eingeſchloſſen. Wir hatten einen Aga aus Konſtantinopel an Bord, welcher De- peſchen an den Paſcha von Belgrad brachte; um die Be- fehle der tuͤrkiſchen Regierung nach einer tuͤrkiſchen Feſtung zu ſchaffen, muß der Traͤger ſich eines oͤſterreichiſchen Dampf- ſchiffs bedienen und ſich der oͤſterreichiſchen Quarantaine von zehn Tagen unterwerfen, wenn er nicht die zwanzig- taͤgige ſerbiſche in Alexinza machen will. Die Fahrt ſtromaufwaͤrts geht nur langſam, und wir brauchten fuͤnf Tage, um von Brailow nach Gladowitza, dicht oberhalb Gladowa, zu gelangen, obſchon wir auch Nachts fuhren, bis der Mond unterging. Wir hatten einen gan- zen Tag noͤthig, um die nur zwei Meilen lange Strecke von Gladowitza nach Orſowa zuruͤckzulegen, auf welcher das ei- ſerne Thor oder Demir-Kapu paſſirt werden muß.

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/436>, abgerufen am 26.11.2024.