streng an den Lehren des Mohammedanismus zu halten. Wie das mosaische Gesetz verbreitet sich auch der Jslam über eine Menge ganz äußerlicher Gegenstände; er schreibt dem Jdeengang seiner Anhänger eine bestimmte Richtung vor, verspricht eine, mit der nur einigermaßen zum Bewußt- sein gereiften Vernunft unvereinbare, grob sinnliche Zukunft, und erhebt polizeiliche Vorschriften zu religiösen Lehrsätzen, welche zum Theil der Fortbildung des Geistes, der Entwik- kelung des gesellschaftlichen Zustandes und der Förderung materieller Jnteressen hemmend entgegen treten. Weil es ruchlos ist, einen menschlichen Körper zu seciren, kann die Chirurgie keine Fortschritte machen, und der Glaube an Vorherbestimmung widersetzt sich den Maaßregeln gegen die Pest; die Kunst der Malerei ist ausgeschlossen, weil die Menschen, selbst die Thiere am Tage des Gerichts ihre Seele von dem fordern werden, welcher sie abgebildet; da- gegen regeln die unheilvolle Bedeutung des Monats Sefer, die gute Eigenschaft des Montags und die Ermittelung der Eschref-Saaht oder glücklichen Stunde militairische Unter- nehmungen, ohne Rücksicht auf Jahreszeit und Witterung. Die gesetzliche Nothwendigkeit, auf bestimmte Veranlassung ein Bad zu nehmen, ermächtigt zu jeder Dienstversäumniß, und die Fasten des Ramasan unterbrechen alle Geschäfte. Man siegelt mit Wachs, weil der Koran verbietet, bei Tage ein Licht anzuzünden; ja so tief greifen jene religiösen Be- stimmungen in das gewöhnlichste Leben ein, daß gesunde Nahrungsmittel von der Mahlzeit ausgeschlossen bleiben, und selbst den Reconvalescenten in den Spitälern der stär- kende Wein untersagt ist. Einem Aderlaß unterwirft sich der Muselmann nur mit Gewissensscrupel, und erst dann, wenn alle Sprüche Bismillah cl kjafi, esch schafi und el muafi erschöpft sind. Zahllose Blindheiten entstehen, weil das Auge des Rechtgläubigen nicht durch einen Schirm ge- schützt sein darf, denn er soll beim Gebet die Erde mit der Stirn berühren, und der Soldat trägt Stiefeln, in denen er nicht marschiren kann, weil er sie fünfmal des Tages,
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ſtreng an den Lehren des Mohammedanismus zu halten. Wie das moſaiſche Geſetz verbreitet ſich auch der Jslam uͤber eine Menge ganz aͤußerlicher Gegenſtaͤnde; er ſchreibt dem Jdeengang ſeiner Anhaͤnger eine beſtimmte Richtung vor, verſpricht eine, mit der nur einigermaßen zum Bewußt- ſein gereiften Vernunft unvereinbare, grob ſinnliche Zukunft, und erhebt polizeiliche Vorſchriften zu religioͤſen Lehrſaͤtzen, welche zum Theil der Fortbildung des Geiſtes, der Entwik- kelung des geſellſchaftlichen Zuſtandes und der Foͤrderung materieller Jntereſſen hemmend entgegen treten. Weil es ruchlos iſt, einen menſchlichen Koͤrper zu ſeciren, kann die Chirurgie keine Fortſchritte machen, und der Glaube an Vorherbeſtimmung widerſetzt ſich den Maaßregeln gegen die Peſt; die Kunſt der Malerei iſt ausgeſchloſſen, weil die Menſchen, ſelbſt die Thiere am Tage des Gerichts ihre Seele von dem fordern werden, welcher ſie abgebildet; da- gegen regeln die unheilvolle Bedeutung des Monats Sefer, die gute Eigenſchaft des Montags und die Ermittelung der Eſchref-Saaht oder gluͤcklichen Stunde militairiſche Unter- nehmungen, ohne Ruͤckſicht auf Jahreszeit und Witterung. Die geſetzliche Nothwendigkeit, auf beſtimmte Veranlaſſung ein Bad zu nehmen, ermaͤchtigt zu jeder Dienſtverſaͤumniß, und die Faſten des Ramaſan unterbrechen alle Geſchaͤfte. Man ſiegelt mit Wachs, weil der Koran verbietet, bei Tage ein Licht anzuzuͤnden; ja ſo tief greifen jene religioͤſen Be- ſtimmungen in das gewoͤhnlichſte Leben ein, daß geſunde Nahrungsmittel von der Mahlzeit ausgeſchloſſen bleiben, und ſelbſt den Reconvalescenten in den Spitaͤlern der ſtaͤr- kende Wein unterſagt iſt. Einem Aderlaß unterwirft ſich der Muſelmann nur mit Gewiſſensſcrupel, und erſt dann, wenn alle Spruͤche Bismillah cl kjafi, esch schafi und el muafi erſchoͤpft ſind. Zahlloſe Blindheiten entſtehen, weil das Auge des Rechtglaͤubigen nicht durch einen Schirm ge- ſchuͤtzt ſein darf, denn er ſoll beim Gebet die Erde mit der Stirn beruͤhren, und der Soldat traͤgt Stiefeln, in denen er nicht marſchiren kann, weil er ſie fuͤnfmal des Tages,
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ſtreng an den Lehren des Mohammedanismus zu halten.
Wie das moſaiſche Geſetz verbreitet ſich auch der Jslam
uͤber eine Menge ganz aͤußerlicher Gegenſtaͤnde; er ſchreibt
dem Jdeengang ſeiner Anhaͤnger eine beſtimmte Richtung
vor, verſpricht eine, mit der nur einigermaßen zum Bewußt-
ſein gereiften Vernunft unvereinbare, grob ſinnliche Zukunft,
und erhebt polizeiliche Vorſchriften zu religioͤſen Lehrſaͤtzen,
welche zum Theil der Fortbildung des Geiſtes, der Entwik-
kelung des geſellſchaftlichen Zuſtandes und der Foͤrderung
materieller Jntereſſen hemmend entgegen treten. Weil es
ruchlos iſt, einen menſchlichen Koͤrper zu ſeciren, kann die
Chirurgie keine Fortſchritte machen, und der Glaube an
Vorherbeſtimmung widerſetzt ſich den Maaßregeln gegen die
Peſt; die Kunſt der Malerei iſt ausgeſchloſſen, weil die
Menſchen, ſelbſt die Thiere am Tage des Gerichts ihre
Seele von dem fordern werden, welcher ſie abgebildet; da-
gegen regeln die unheilvolle Bedeutung des Monats Sefer,
die gute Eigenſchaft des Montags und die Ermittelung der
Eſchref-Saaht oder gluͤcklichen Stunde militairiſche Unter-
nehmungen, ohne Ruͤckſicht auf Jahreszeit und Witterung.
Die geſetzliche Nothwendigkeit, auf beſtimmte Veranlaſſung
ein Bad zu nehmen, ermaͤchtigt zu jeder Dienſtverſaͤumniß,
und die Faſten des Ramaſan unterbrechen alle Geſchaͤfte.
Man ſiegelt mit Wachs, weil der Koran verbietet, bei Tage
ein Licht anzuzuͤnden; ja ſo tief greifen jene religioͤſen Be-
ſtimmungen in das gewoͤhnlichſte Leben ein, daß geſunde
Nahrungsmittel von der Mahlzeit ausgeſchloſſen bleiben,
und ſelbſt den Reconvalescenten in den Spitaͤlern der ſtaͤr-
kende Wein unterſagt iſt. Einem Aderlaß unterwirft ſich
der Muſelmann nur mit Gewiſſensſcrupel, und erſt dann,
wenn alle Spruͤche Bismillah cl kjafi, esch schafi und el
muafi erſchoͤpft ſind. Zahlloſe Blindheiten entſtehen, weil
das Auge des Rechtglaͤubigen nicht durch einen Schirm ge-
ſchuͤtzt ſein darf, denn er ſoll beim Gebet die Erde mit der
Stirn beruͤhren, und der Soldat traͤgt Stiefeln, in denen
er nicht marſchiren kann, weil er ſie fuͤnfmal des Tages,
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/427>, abgerufen am 25.11.2024.
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