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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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Verwundete wegzubringen, entfernten sich Trupps von 4,
5 Mann; die Reserve rückte hin und her, um dem Strich-
feuer auszuweichen; kurz moralisch war die Schlacht schon
verloren. Eine lebhafte Kanonade war allerdings das Un-
angenehmste, was dieser Truppe begegnen konnte. Ein Ba-
taillon von 480 Mann hatte nach Aussage des Comman-
deurs 60 Todte. Die des linken Flügels werden wohl
sämmtlich eben so viel gehabt haben, dennoch glaube ich
nicht, daß wir auf dem Schlachtfelde mehr als 1000 Todte
und Verwundete überhaupt gehabt haben.

Jn dem Augenblicke, wo ich den Pascha aufmerksam
darauf machte, daß es unerläßlich sei, den linken Flügel
wieder vorzuführen, stürzte die Garde-Cavallerie-Brigade
ohne Befehl, wohl nur aus Unbehagen, aus der Reserve
zu einem Angriff vor, der nicht einmal bis über unsere erste
Jnfanterie-Linie hinaus gekommen ist; einige Granaten
schlugen in diese Massen ein, sie kehrten in wilder Eil um,
ritten uns über und brachten die Jnfanterie in Verwirrung.
Der Pascha war nach dem rechten Flügel geritten, wo er
wohl den Tod suchte. Er selbst führte die Fahne eines
Garde-Rediff-Bataillons vor, aber das Bataillon folgte
nicht. Von dem weitern Verlaufe der Schlacht läßt sich
wenig sagen: Die Brigade Halid-Pascha's wurde durch
den Tod ihres braven Anführers erschüttert, dem eine Ku-
gel den Kopf fortriß, während er vor der Front durch sein
Fernglas sah; die Brigaden Jsmael und Mustapha wi-
chen zuletzt zurück, nachdem sie einen Cavallerie-Angriff ab-
geschlagen; das 1ste Regiment der Brigade Heider-Pa-
scha,
welches zuerst seinen Platz auf den linken Flügel ver-
lassen, hielt nachher am längsten Stand gegen die feind-
liche Jnfanterie, und sein Anführer wurde gefangen genom-
men; sonst aber ist ein eigentliches Nahgefecht gar nicht
vorgekommen. Die Jnfanterie feuerte in ungeheurer Ent-
fernung, oft aus der Colonne, das Gewehr in die Höhe ab,
die Cavallerie zerstreute sich und bald löste sich Alles auf.
Die Artillerie hatte sich eigentlich noch am besten gewehrt.

Verwundete wegzubringen, entfernten ſich Trupps von 4,
5 Mann; die Reſerve ruͤckte hin und her, um dem Strich-
feuer auszuweichen; kurz moraliſch war die Schlacht ſchon
verloren. Eine lebhafte Kanonade war allerdings das Un-
angenehmſte, was dieſer Truppe begegnen konnte. Ein Ba-
taillon von 480 Mann hatte nach Ausſage des Comman-
deurs 60 Todte. Die des linken Fluͤgels werden wohl
ſaͤmmtlich eben ſo viel gehabt haben, dennoch glaube ich
nicht, daß wir auf dem Schlachtfelde mehr als 1000 Todte
und Verwundete uͤberhaupt gehabt haben.

Jn dem Augenblicke, wo ich den Paſcha aufmerkſam
darauf machte, daß es unerlaͤßlich ſei, den linken Fluͤgel
wieder vorzufuͤhren, ſtuͤrzte die Garde-Cavallerie-Brigade
ohne Befehl, wohl nur aus Unbehagen, aus der Reſerve
zu einem Angriff vor, der nicht einmal bis uͤber unſere erſte
Jnfanterie-Linie hinaus gekommen iſt; einige Granaten
ſchlugen in dieſe Maſſen ein, ſie kehrten in wilder Eil um,
ritten uns uͤber und brachten die Jnfanterie in Verwirrung.
Der Paſcha war nach dem rechten Fluͤgel geritten, wo er
wohl den Tod ſuchte. Er ſelbſt fuͤhrte die Fahne eines
Garde-Rediff-Bataillons vor, aber das Bataillon folgte
nicht. Von dem weitern Verlaufe der Schlacht laͤßt ſich
wenig ſagen: Die Brigade Halid-Paſcha's wurde durch
den Tod ihres braven Anfuͤhrers erſchuͤttert, dem eine Ku-
gel den Kopf fortriß, waͤhrend er vor der Front durch ſein
Fernglas ſah; die Brigaden Jsmael und Muſtapha wi-
chen zuletzt zuruͤck, nachdem ſie einen Cavallerie-Angriff ab-
geſchlagen; das 1ſte Regiment der Brigade Heider-Pa-
ſcha,
welches zuerſt ſeinen Platz auf den linken Fluͤgel ver-
laſſen, hielt nachher am laͤngſten Stand gegen die feind-
liche Jnfanterie, und ſein Anfuͤhrer wurde gefangen genom-
men; ſonſt aber iſt ein eigentliches Nahgefecht gar nicht
vorgekommen. Die Jnfanterie feuerte in ungeheurer Ent-
fernung, oft aus der Colonne, das Gewehr in die Hoͤhe ab,
die Cavallerie zerſtreute ſich und bald loͤſte ſich Alles auf.
Die Artillerie hatte ſich eigentlich noch am beſten gewehrt.

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[396/0406] Verwundete wegzubringen, entfernten ſich Trupps von 4, 5 Mann; die Reſerve ruͤckte hin und her, um dem Strich- feuer auszuweichen; kurz moraliſch war die Schlacht ſchon verloren. Eine lebhafte Kanonade war allerdings das Un- angenehmſte, was dieſer Truppe begegnen konnte. Ein Ba- taillon von 480 Mann hatte nach Ausſage des Comman- deurs 60 Todte. Die des linken Fluͤgels werden wohl ſaͤmmtlich eben ſo viel gehabt haben, dennoch glaube ich nicht, daß wir auf dem Schlachtfelde mehr als 1000 Todte und Verwundete uͤberhaupt gehabt haben. Jn dem Augenblicke, wo ich den Paſcha aufmerkſam darauf machte, daß es unerlaͤßlich ſei, den linken Fluͤgel wieder vorzufuͤhren, ſtuͤrzte die Garde-Cavallerie-Brigade ohne Befehl, wohl nur aus Unbehagen, aus der Reſerve zu einem Angriff vor, der nicht einmal bis uͤber unſere erſte Jnfanterie-Linie hinaus gekommen iſt; einige Granaten ſchlugen in dieſe Maſſen ein, ſie kehrten in wilder Eil um, ritten uns uͤber und brachten die Jnfanterie in Verwirrung. Der Paſcha war nach dem rechten Fluͤgel geritten, wo er wohl den Tod ſuchte. Er ſelbſt fuͤhrte die Fahne eines Garde-Rediff-Bataillons vor, aber das Bataillon folgte nicht. Von dem weitern Verlaufe der Schlacht laͤßt ſich wenig ſagen: Die Brigade Halid-Paſcha's wurde durch den Tod ihres braven Anfuͤhrers erſchuͤttert, dem eine Ku- gel den Kopf fortriß, waͤhrend er vor der Front durch ſein Fernglas ſah; die Brigaden Jsmael und Muſtapha wi- chen zuletzt zuruͤck, nachdem ſie einen Cavallerie-Angriff ab- geſchlagen; das 1ſte Regiment der Brigade Heider-Pa- ſcha, welches zuerſt ſeinen Platz auf den linken Fluͤgel ver- laſſen, hielt nachher am laͤngſten Stand gegen die feind- liche Jnfanterie, und ſein Anfuͤhrer wurde gefangen genom- men; ſonſt aber iſt ein eigentliches Nahgefecht gar nicht vorgekommen. Die Jnfanterie feuerte in ungeheurer Ent- fernung, oft aus der Colonne, das Gewehr in die Hoͤhe ab, die Cavallerie zerſtreute ſich und bald loͤſte ſich Alles auf. Die Artillerie hatte ſich eigentlich noch am beſten gewehrt.

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/406>, abgerufen am 23.11.2024.