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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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welche der in gegenwärtigem Frühjahre ungewöhnlich hohe
Schnee und halsbrechende Wege entgegen stellten. Es war
auch bei aller Anstrengung nicht möglich, die 78 Stunden
in weniger als sechs Tagen zurückzulegen. Um die zur Zeit
noch für Reiter ungangbaren Höhen zu umgehen, machte
ich einen Umweg nach Arabkir, einer beträchtlichen Stadt mit
schönen Obstgärten in einer tiefen Schlucht; sie liegt nicht
am Frat, sondern an einem fast eben so beträchtlichen Was-
ser, den Arabkir-Suj. Jch zog dann nördlich, immer auf
den scharfen Gebirgsrücken des Munsur-Dagh zu; die Ge-
gend ist ein Plateau, und man würde nicht ahnen, auf
den scharfen Gebirgsrücken des Munsur-Dagh zu; die Ge-
gend ist ein Plateau, und man würde nicht ahnen, auf
einer so hohen Gebirgsebene sich zu befinden, wenn der
Schnee und die furchtbar tief eingeschnittenen Felsschluch-
ten, in welchen ganz kleine Bäche fließen, nicht daran er-
innerten. Die Sonne schoß glühende Strahlen auf die
endlos scheinende Schneefläche, was die Augen, besonders
bei der türkischen Kopfbedeckung, schrecklich blendet; ich
folgte dem Gebrauche der Tataren, Schießpulver unter die
Augen zu schmieren, was eine große Erleichterung gewährt.

Zuweilen erblickten wir zwei Dörfer, die dicht hinter
einander zu liegen schienen, aber sie waren durch eins jener
Ravins getrennt, und man brauchte über eine Stunde, den
schroffen Felspfad hinab und jenseits wieder hinauf zu klet-
tern; die einförmige Scene gewann aber Abwechselung, als
ich mich dem Frat näherte.

Eben so hoch, wie die zackigen, bis zum August mit
Schnee bedeckten Gipfel des Munsur sich über die Hoch-
ebene erheben, auf der ich bisher geritten, eben so tief senkt
sich ein Abgrund an ihren Fuß unter dieselbe hinab. Jn
dieser Schlucht fließt der nördliche Arm des Euphrat, tief
unter sich erblickt man plötzlich den brausenden Strom, ein-
geschlossen von steilen Wänden, die sich in steter Ansteigung
bis zu 3- oder 4000 Fuß erheben; unten ist das Thal so
eng, daß der Fluß es ganz ausfüllt, und der Weg in den
Fels eingehauen und eingesprengt werden mußte. Dieser
Saumpfad, welcher sich oft bis zu einer bedeutenden Höhe

welche der in gegenwaͤrtigem Fruͤhjahre ungewoͤhnlich hohe
Schnee und halsbrechende Wege entgegen ſtellten. Es war
auch bei aller Anſtrengung nicht moͤglich, die 78 Stunden
in weniger als ſechs Tagen zuruͤckzulegen. Um die zur Zeit
noch fuͤr Reiter ungangbaren Hoͤhen zu umgehen, machte
ich einen Umweg nach Arabkir, einer betraͤchtlichen Stadt mit
ſchoͤnen Obſtgaͤrten in einer tiefen Schlucht; ſie liegt nicht
am Frat, ſondern an einem faſt eben ſo betraͤchtlichen Waſ-
ſer, den Arabkir-Suj. Jch zog dann noͤrdlich, immer auf
den ſcharfen Gebirgsruͤcken des Munſur-Dagh zu; die Ge-
gend iſt ein Plateau, und man wuͤrde nicht ahnen, auf
den ſcharfen Gebirgſruͤcken des Munſur-Dagh zu; die Ge-
gend iſt ein Plateau, und man wuͤrde nicht ahnen, auf
einer ſo hohen Gebirgsebene ſich zu befinden, wenn der
Schnee und die furchtbar tief eingeſchnittenen Felsſchluch-
ten, in welchen ganz kleine Baͤche fließen, nicht daran er-
innerten. Die Sonne ſchoß gluͤhende Strahlen auf die
endlos ſcheinende Schneeflaͤche, was die Augen, beſonders
bei der tuͤrkiſchen Kopfbedeckung, ſchrecklich blendet; ich
folgte dem Gebrauche der Tataren, Schießpulver unter die
Augen zu ſchmieren, was eine große Erleichterung gewaͤhrt.

Zuweilen erblickten wir zwei Doͤrfer, die dicht hinter
einander zu liegen ſchienen, aber ſie waren durch eins jener
Ravins getrennt, und man brauchte uͤber eine Stunde, den
ſchroffen Felspfad hinab und jenſeits wieder hinauf zu klet-
tern; die einfoͤrmige Scene gewann aber Abwechſelung, als
ich mich dem Frat naͤherte.

Eben ſo hoch, wie die zackigen, bis zum Auguſt mit
Schnee bedeckten Gipfel des Munſur ſich uͤber die Hoch-
ebene erheben, auf der ich bisher geritten, eben ſo tief ſenkt
ſich ein Abgrund an ihren Fuß unter dieſelbe hinab. Jn
dieſer Schlucht fließt der noͤrdliche Arm des Euphrat, tief
unter ſich erblickt man ploͤtzlich den brauſenden Strom, ein-
geſchloſſen von ſteilen Waͤnden, die ſich in ſteter Anſteigung
bis zu 3- oder 4000 Fuß erheben; unten iſt das Thal ſo
eng, daß der Fluß es ganz ausfuͤllt, und der Weg in den
Fels eingehauen und eingeſprengt werden mußte. Dieſer
Saumpfad, welcher ſich oft bis zu einer bedeutenden Hoͤhe

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[358/0368] welche der in gegenwaͤrtigem Fruͤhjahre ungewoͤhnlich hohe Schnee und halsbrechende Wege entgegen ſtellten. Es war auch bei aller Anſtrengung nicht moͤglich, die 78 Stunden in weniger als ſechs Tagen zuruͤckzulegen. Um die zur Zeit noch fuͤr Reiter ungangbaren Hoͤhen zu umgehen, machte ich einen Umweg nach Arabkir, einer betraͤchtlichen Stadt mit ſchoͤnen Obſtgaͤrten in einer tiefen Schlucht; ſie liegt nicht am Frat, ſondern an einem faſt eben ſo betraͤchtlichen Waſ- ſer, den Arabkir-Suj. Jch zog dann noͤrdlich, immer auf den ſcharfen Gebirgsruͤcken des Munſur-Dagh zu; die Ge- gend iſt ein Plateau, und man wuͤrde nicht ahnen, auf den ſcharfen Gebirgſruͤcken des Munſur-Dagh zu; die Ge- gend iſt ein Plateau, und man wuͤrde nicht ahnen, auf einer ſo hohen Gebirgsebene ſich zu befinden, wenn der Schnee und die furchtbar tief eingeſchnittenen Felsſchluch- ten, in welchen ganz kleine Baͤche fließen, nicht daran er- innerten. Die Sonne ſchoß gluͤhende Strahlen auf die endlos ſcheinende Schneeflaͤche, was die Augen, beſonders bei der tuͤrkiſchen Kopfbedeckung, ſchrecklich blendet; ich folgte dem Gebrauche der Tataren, Schießpulver unter die Augen zu ſchmieren, was eine große Erleichterung gewaͤhrt. Zuweilen erblickten wir zwei Doͤrfer, die dicht hinter einander zu liegen ſchienen, aber ſie waren durch eins jener Ravins getrennt, und man brauchte uͤber eine Stunde, den ſchroffen Felspfad hinab und jenſeits wieder hinauf zu klet- tern; die einfoͤrmige Scene gewann aber Abwechſelung, als ich mich dem Frat naͤherte. Eben ſo hoch, wie die zackigen, bis zum Auguſt mit Schnee bedeckten Gipfel des Munſur ſich uͤber die Hoch- ebene erheben, auf der ich bisher geritten, eben ſo tief ſenkt ſich ein Abgrund an ihren Fuß unter dieſelbe hinab. Jn dieſer Schlucht fließt der noͤrdliche Arm des Euphrat, tief unter ſich erblickt man ploͤtzlich den brauſenden Strom, ein- geſchloſſen von ſteilen Waͤnden, die ſich in ſteter Anſteigung bis zu 3- oder 4000 Fuß erheben; unten iſt das Thal ſo eng, daß der Fluß es ganz ausfuͤllt, und der Weg in den Fels eingehauen und eingeſprengt werden mußte. Dieſer Saumpfad, welcher ſich oft bis zu einer bedeutenden Hoͤhe

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/368>, abgerufen am 25.11.2024.