Portici wiederhallen, und die preußischen Tirailleur-Si- gnale am Euphrat genau wie an der Spree rufen. Wer hätte doch vorhergesagt, daß die Vorschriften, welche zur Zeit der höchsten Bedrängniß Preußens gegeben wurden, nach zwanzig Jahren ihren Weg bis an die Grenzen Per- siens finden würden.
Es war nicht leicht, den Leuten hier begreiflich zu ma- chen, daß die Frage nicht ist, wie viele, sondern wie we- nig Evolutionen man ausführen könne. Jeder aus Eu- ropa kommende Offizier hatte sie mit neuen Erfindungen beschenkt, und sie waren bereits auf den Etat von sechs und achtzig Bewegungen gekommen; hätte ich neun und vierzig neue, wo möglich recht verwickelte, Sachen in An- trag gebracht, so würde man willig darauf eingegangen sein. Viel schwieriger war es, eben so viel herunter zu handeln. Es werden morgen dem Commandirenden zwei seiner Landwehr-Brigaden vorgestellt, welche das preußische einfache und darum zweckmäßige Brigade-Exerzieren schon mit recht vieler Präcision ausführen.
Jn acht Tagen haben wir nun den Beyram, was bei uns ungefähr das Osterfest ist, ein Fest der Freude, der Gratulationen und der Geschenke; Jedermann giebt und empfängt an diesem Tage, wie überhaupt "Almaly-verma- ly!" der Wahlspruch der Türken ist: "nehmen und geben", oder leben und leben lassen; dies ist in der That eine ein- fache und angenehme Staatswirthschaftslehre; alle Klassen der Gesellschaft profitiren davon, außer der untersten, auf diese wird nur die erste Hälfte des Satzes angewendet, und der einzige Vorwurf, den man diesem Systeme machen kann, ist, daß jene unterste Klasse zahlreicher als alle übrigen zu- sammengenommen ist.
Bei schönem Wetter reiten wir manchmal aus, um mit der Büchse zu schießen, oder Hasen mit Windhunden zu hetzen, die hier von vorzüglicher Güte und Schönheit einheimisch sind. Es begleiten den Pascha dann die mei- sten Generale, einige begünstigte Bey's oder Obersten, und
Portici wiederhallen, und die preußiſchen Tirailleur-Si- gnale am Euphrat genau wie an der Spree rufen. Wer haͤtte doch vorhergeſagt, daß die Vorſchriften, welche zur Zeit der hoͤchſten Bedraͤngniß Preußens gegeben wurden, nach zwanzig Jahren ihren Weg bis an die Grenzen Per- ſiens finden wuͤrden.
Es war nicht leicht, den Leuten hier begreiflich zu ma- chen, daß die Frage nicht iſt, wie viele, ſondern wie we- nig Evolutionen man ausfuͤhren koͤnne. Jeder aus Eu- ropa kommende Offizier hatte ſie mit neuen Erfindungen beſchenkt, und ſie waren bereits auf den Etat von ſechs und achtzig Bewegungen gekommen; haͤtte ich neun und vierzig neue, wo moͤglich recht verwickelte, Sachen in An- trag gebracht, ſo wuͤrde man willig darauf eingegangen ſein. Viel ſchwieriger war es, eben ſo viel herunter zu handeln. Es werden morgen dem Commandirenden zwei ſeiner Landwehr-Brigaden vorgeſtellt, welche das preußiſche einfache und darum zweckmaͤßige Brigade-Exerzieren ſchon mit recht vieler Praͤciſion ausfuͤhren.
Jn acht Tagen haben wir nun den Beyram, was bei uns ungefaͤhr das Oſterfeſt iſt, ein Feſt der Freude, der Gratulationen und der Geſchenke; Jedermann giebt und empfaͤngt an dieſem Tage, wie uͤberhaupt „Almaly-verma- ly!“ der Wahlſpruch der Tuͤrken iſt: „nehmen und geben“, oder leben und leben laſſen; dies iſt in der That eine ein- fache und angenehme Staatswirthſchaftslehre; alle Klaſſen der Geſellſchaft profitiren davon, außer der unterſten, auf dieſe wird nur die erſte Haͤlfte des Satzes angewendet, und der einzige Vorwurf, den man dieſem Syſteme machen kann, iſt, daß jene unterſte Klaſſe zahlreicher als alle uͤbrigen zu- ſammengenommen iſt.
Bei ſchoͤnem Wetter reiten wir manchmal aus, um mit der Buͤchſe zu ſchießen, oder Haſen mit Windhunden zu hetzen, die hier von vorzuͤglicher Guͤte und Schoͤnheit einheimiſch ſind. Es begleiten den Paſcha dann die mei- ſten Generale, einige beguͤnſtigte Bey's oder Oberſten, und
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Portici wiederhallen, und die preußiſchen Tirailleur-Si-
gnale am Euphrat genau wie an der Spree rufen. Wer
haͤtte doch vorhergeſagt, daß die Vorſchriften, welche zur
Zeit der hoͤchſten Bedraͤngniß Preußens gegeben wurden,
nach zwanzig Jahren ihren Weg bis an die Grenzen Per-
ſiens finden wuͤrden.
Es war nicht leicht, den Leuten hier begreiflich zu ma-
chen, daß die Frage nicht iſt, wie viele, ſondern wie we-
nig Evolutionen man ausfuͤhren koͤnne. Jeder aus Eu-
ropa kommende Offizier hatte ſie mit neuen Erfindungen
beſchenkt, und ſie waren bereits auf den Etat von ſechs
und achtzig Bewegungen gekommen; haͤtte ich neun und
vierzig neue, wo moͤglich recht verwickelte, Sachen in An-
trag gebracht, ſo wuͤrde man willig darauf eingegangen
ſein. Viel ſchwieriger war es, eben ſo viel herunter zu
handeln. Es werden morgen dem Commandirenden zwei
ſeiner Landwehr-Brigaden vorgeſtellt, welche das preußiſche
einfache und darum zweckmaͤßige Brigade-Exerzieren ſchon
mit recht vieler Praͤciſion ausfuͤhren.
Jn acht Tagen haben wir nun den Beyram, was bei
uns ungefaͤhr das Oſterfeſt iſt, ein Feſt der Freude, der
Gratulationen und der Geſchenke; Jedermann giebt und
empfaͤngt an dieſem Tage, wie uͤberhaupt „Almaly-verma-
ly!“ der Wahlſpruch der Tuͤrken iſt: „nehmen und geben“,
oder leben und leben laſſen; dies iſt in der That eine ein-
fache und angenehme Staatswirthſchaftslehre; alle Klaſſen
der Geſellſchaft profitiren davon, außer der unterſten, auf
dieſe wird nur die erſte Haͤlfte des Satzes angewendet, und
der einzige Vorwurf, den man dieſem Syſteme machen kann,
iſt, daß jene unterſte Klaſſe zahlreicher als alle uͤbrigen zu-
ſammengenommen iſt.
Bei ſchoͤnem Wetter reiten wir manchmal aus, um
mit der Buͤchſe zu ſchießen, oder Haſen mit Windhunden
zu hetzen, die hier von vorzuͤglicher Guͤte und Schoͤnheit
einheimiſch ſind. Es begleiten den Paſcha dann die mei-
ſten Generale, einige beguͤnſtigte Bey's oder Oberſten, und
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/344>, abgerufen am 22.11.2024.
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