53. Reise nach Jconium. -- Die Siebenschläfer. -- Der Erdschiesch und Cäsarea. -- Kara-djehenna. -- Jco- nium. -- Die Cilicischen Pässe. -- Der Bischof von Tomarse. -- Der Awscharen-Fürst.
Malatia, den 3. November 1838.
Am 3. November verließ ich Malatia, begleitet von einem Dragoman, einem türkischen Tschausch, einem Ta- taren und einem Seis oder Pferdeknecht mit dem Hand- pferde, d. h. mit so wenig von dem, was der Türke Ka- labalyk oder Embarras nennt, wie man in diesem Lande haben kann. Vier Gefährten sind eine Zahl von heilvol- ler Bedeutung, überdies brachen wir an einem Donnerstag auf, wo "Gott und die Engel hold sind"; wir waren so glücklich, weder einem Hunde mit abgeschlagenem Schwanz, noch einer Stute mit aufgeschlitzten Ohren, weder einem Wolfe, der auf dem Schweife saß, noch gar einer alten Frau mit grauen Haaren zu begegnen, und so ging die Reise auch äußerst gut von statten. Schnell jagten wir über die weite, von hohen, schon mit Schnee bedeckten Ber- gen umgebene Ebene von Malatia fort, und stiegen im Thal von Hekimhan sanft, aber anhaltend, auf das hohe Plateau des mittlern Kleinasiens; es war dies derselbe Weg, den ich im Frühjahre mit so vieler Beschwerlichkeit zurückge- legt, diesmal aber, vom schönsten Herbstwetter begünstigt, ging es in starken Märschen rasch vorwärts, um so mehr, als die Gegend höchst einförmig und ohne Jnteresse ist.
Während eines Ritts von 22 Wegestunden, zwischen Hekimhan und Deliklitasch, erblickten wir nur zwei bewohnte Oerter; die Berge treten zurück, und wie weit das Auge reicht, entdeckt es nur unangebaute Flächen oder kahle Hügel.
Auf der Ebene von Deliklitasch ist man gewiß 4- bis 5000 Fuß über dem Meere; es war mir sehr auffallend, das Korn noch auf dem Halm, die Leute bei der Ernte zu
53. Reiſe nach Jconium. — Die Siebenſchlaͤfer. — Der Erdſchieſch und Caͤſarea. — Kara-djehenna. — Jco- nium. — Die Ciliciſchen Paͤſſe. — Der Biſchof von Tomarſe. — Der Awſcharen-Fuͤrſt.
Malatia, den 3. November 1838.
Am 3. November verließ ich Malatia, begleitet von einem Dragoman, einem tuͤrkiſchen Tſchauſch, einem Ta- taren und einem Seïs oder Pferdeknecht mit dem Hand- pferde, d. h. mit ſo wenig von dem, was der Tuͤrke Ka- labalyk oder Embarras nennt, wie man in dieſem Lande haben kann. Vier Gefaͤhrten ſind eine Zahl von heilvol- ler Bedeutung, uͤberdies brachen wir an einem Donnerſtag auf, wo „Gott und die Engel hold ſind“; wir waren ſo gluͤcklich, weder einem Hunde mit abgeſchlagenem Schwanz, noch einer Stute mit aufgeſchlitzten Ohren, weder einem Wolfe, der auf dem Schweife ſaß, noch gar einer alten Frau mit grauen Haaren zu begegnen, und ſo ging die Reiſe auch aͤußerſt gut von ſtatten. Schnell jagten wir uͤber die weite, von hohen, ſchon mit Schnee bedeckten Ber- gen umgebene Ebene von Malatia fort, und ſtiegen im Thal von Hekimhan ſanft, aber anhaltend, auf das hohe Plateau des mittlern Kleinaſiens; es war dies derſelbe Weg, den ich im Fruͤhjahre mit ſo vieler Beſchwerlichkeit zuruͤckge- legt, diesmal aber, vom ſchoͤnſten Herbſtwetter beguͤnſtigt, ging es in ſtarken Maͤrſchen raſch vorwaͤrts, um ſo mehr, als die Gegend hoͤchſt einfoͤrmig und ohne Jntereſſe iſt.
Waͤhrend eines Ritts von 22 Wegeſtunden, zwiſchen Hekimhan und Deliklitaſch, erblickten wir nur zwei bewohnte Oerter; die Berge treten zuruͤck, und wie weit das Auge reicht, entdeckt es nur unangebaute Flaͤchen oder kahle Huͤgel.
Auf der Ebene von Deliklitaſch iſt man gewiß 4- bis 5000 Fuß uͤber dem Meere; es war mir ſehr auffallend, das Korn noch auf dem Halm, die Leute bei der Ernte zu
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53.
Reiſe nach Jconium. — Die Siebenſchlaͤfer. — Der
Erdſchieſch und Caͤſarea. — Kara-djehenna. — Jco-
nium. — Die Ciliciſchen Paͤſſe. — Der Biſchof
von Tomarſe. — Der Awſcharen-Fuͤrſt.
Malatia, den 3. November 1838.
Am 3. November verließ ich Malatia, begleitet von
einem Dragoman, einem tuͤrkiſchen Tſchauſch, einem Ta-
taren und einem Seïs oder Pferdeknecht mit dem Hand-
pferde, d. h. mit ſo wenig von dem, was der Tuͤrke Ka-
labalyk oder Embarras nennt, wie man in dieſem Lande
haben kann. Vier Gefaͤhrten ſind eine Zahl von heilvol-
ler Bedeutung, uͤberdies brachen wir an einem Donnerſtag
auf, wo „Gott und die Engel hold ſind“; wir waren ſo
gluͤcklich, weder einem Hunde mit abgeſchlagenem Schwanz,
noch einer Stute mit aufgeſchlitzten Ohren, weder einem
Wolfe, der auf dem Schweife ſaß, noch gar einer alten
Frau mit grauen Haaren zu begegnen, und ſo ging die
Reiſe auch aͤußerſt gut von ſtatten. Schnell jagten wir
uͤber die weite, von hohen, ſchon mit Schnee bedeckten Ber-
gen umgebene Ebene von Malatia fort, und ſtiegen im Thal
von Hekimhan ſanft, aber anhaltend, auf das hohe Plateau
des mittlern Kleinaſiens; es war dies derſelbe Weg, den
ich im Fruͤhjahre mit ſo vieler Beſchwerlichkeit zuruͤckge-
legt, diesmal aber, vom ſchoͤnſten Herbſtwetter beguͤnſtigt,
ging es in ſtarken Maͤrſchen raſch vorwaͤrts, um ſo mehr,
als die Gegend hoͤchſt einfoͤrmig und ohne Jntereſſe iſt.
Waͤhrend eines Ritts von 22 Wegeſtunden, zwiſchen
Hekimhan und Deliklitaſch, erblickten wir nur zwei bewohnte
Oerter; die Berge treten zuruͤck, und wie weit das Auge
reicht, entdeckt es nur unangebaute Flaͤchen oder kahle Huͤgel.
Auf der Ebene von Deliklitaſch iſt man gewiß 4- bis
5000 Fuß uͤber dem Meere; es war mir ſehr auffallend,
das Korn noch auf dem Halm, die Leute bei der Ernte zu
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/322>, abgerufen am 25.11.2024.
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