weite Bucht reihen sich die Häuser von Bujukdere mit den Hotels der österreichischen, russischen, preußischen und an- deren Gesandtschaften.
Wir stiegen in Bujudere ans Land und stellten uns unserem Gesandten vor, welcher uns mit der ausgezeich- netsten Güte und Freundlichkeit empfing, und uns sogar eine Wohnung in seinem reizend gelegenen Hotel einräumte.
5. Besuch beim Seraskier Pascha.
Konstantinopel, den 24. Dezember 1835.
Vor einigen Tagen begleiteten wir unsern Gesandten zu einer Audienz bei Mehmet Chosref Pascha, dem all- gewaltigen Seraskier.
Dicht neben der Moschee Sultan Bajasids findet sich auf dem Gipfel eines der sieben Hügel ein weiter, durch hohe Mauern umschlossener Raum. Dorthin verlegte Me- hemet Gasi, der Eroberer, seine Residenz; später, als, ich glaube unter Suleiman dem Gesetzgeber, sich die Groß- herren in das Seraj auf der äußersten Landspitze Europa's einschlossen, diente jener Raum den Wittwen der verstorbe- nen Herrscher zur Wohnung; heute ist er das Seraskeriat. Ein hoher, seltsam geformter, aber kühn erbauter Thurm (Giangen-Kulessi, der Feuerthurm) bezeichnet den Wohnort des Befehlshabers der osmanischen Heere, und gewährt von fern den Anblick einer in die Erde gepflanzten kolossalen Lanze.
Nachdem das 14-ruderige Kaik der Gesandtschaft bei Bagtsche-Kapu, dem Gartenthor, gelandet, bestiegen wir die reich gezäumten Pferde des Seraskiers, und ritten, ge- folgt von seinen Kawassen oder Polizeisoldaten, durch enge steile Straßen zwischen hölzernen Häusern, Kaufläden, gro- ßen steinernen Hanns und durch ein schönes Portal in den weiten Hof des Seraskeriats, wo die Wachen ins Gewehr traten.
weite Bucht reihen ſich die Haͤuſer von Bujukdere mit den Hotels der oͤſterreichiſchen, ruſſiſchen, preußiſchen und an- deren Geſandtſchaften.
Wir ſtiegen in Bujudere ans Land und ſtellten uns unſerem Geſandten vor, welcher uns mit der ausgezeich- netſten Guͤte und Freundlichkeit empfing, und uns ſogar eine Wohnung in ſeinem reizend gelegenen Hotel einraͤumte.
5. Beſuch beim Seraskier Paſcha.
Konſtantinopel, den 24. Dezember 1835.
Vor einigen Tagen begleiteten wir unſern Geſandten zu einer Audienz bei Mehmet Chosref Paſcha, dem all- gewaltigen Seraskier.
Dicht neben der Moſchee Sultan Bajaſids findet ſich auf dem Gipfel eines der ſieben Huͤgel ein weiter, durch hohe Mauern umſchloſſener Raum. Dorthin verlegte Me- hemet Gaſi, der Eroberer, ſeine Reſidenz; ſpaͤter, als, ich glaube unter Suleiman dem Geſetzgeber, ſich die Groß- herren in das Seraj auf der aͤußerſten Landſpitze Europa's einſchloſſen, diente jener Raum den Wittwen der verſtorbe- nen Herrſcher zur Wohnung; heute iſt er das Seraskeriat. Ein hoher, ſeltſam geformter, aber kuͤhn erbauter Thurm (Giangen-Kuleſſi, der Feuerthurm) bezeichnet den Wohnort des Befehlshabers der osmaniſchen Heere, und gewaͤhrt von fern den Anblick einer in die Erde gepflanzten koloſſalen Lanze.
Nachdem das 14-ruderige Kaik der Geſandtſchaft bei Bagtſche-Kapu, dem Gartenthor, gelandet, beſtiegen wir die reich gezaͤumten Pferde des Seraskiers, und ritten, ge- folgt von ſeinen Kawaſſen oder Polizeiſoldaten, durch enge ſteile Straßen zwiſchen hoͤlzernen Haͤuſern, Kauflaͤden, gro- ßen ſteinernen Hanns und durch ein ſchoͤnes Portal in den weiten Hof des Seraskeriats, wo die Wachen ins Gewehr traten.
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weite Bucht reihen ſich die Haͤuſer von Bujukdere mit den
Hotels der oͤſterreichiſchen, ruſſiſchen, preußiſchen und an-
deren Geſandtſchaften.
Wir ſtiegen in Bujudere ans Land und ſtellten uns
unſerem Geſandten vor, welcher uns mit der ausgezeich-
netſten Guͤte und Freundlichkeit empfing, und uns ſogar
eine Wohnung in ſeinem reizend gelegenen Hotel einraͤumte.
5.
Beſuch beim Seraskier Paſcha.
Konſtantinopel, den 24. Dezember 1835.
Vor einigen Tagen begleiteten wir unſern Geſandten zu
einer Audienz bei Mehmet Chosref Paſcha, dem all-
gewaltigen Seraskier.
Dicht neben der Moſchee Sultan Bajaſids findet ſich
auf dem Gipfel eines der ſieben Huͤgel ein weiter, durch
hohe Mauern umſchloſſener Raum. Dorthin verlegte Me-
hemet Gaſi, der Eroberer, ſeine Reſidenz; ſpaͤter, als, ich
glaube unter Suleiman dem Geſetzgeber, ſich die Groß-
herren in das Seraj auf der aͤußerſten Landſpitze Europa's
einſchloſſen, diente jener Raum den Wittwen der verſtorbe-
nen Herrſcher zur Wohnung; heute iſt er das Seraskeriat.
Ein hoher, ſeltſam geformter, aber kuͤhn erbauter Thurm
(Giangen-Kuleſſi, der Feuerthurm) bezeichnet den Wohnort
des Befehlshabers der osmaniſchen Heere, und gewaͤhrt von
fern den Anblick einer in die Erde gepflanzten koloſſalen Lanze.
Nachdem das 14-ruderige Kaik der Geſandtſchaft bei
Bagtſche-Kapu, dem Gartenthor, gelandet, beſtiegen wir
die reich gezaͤumten Pferde des Seraskiers, und ritten, ge-
folgt von ſeinen Kawaſſen oder Polizeiſoldaten, durch enge
ſteile Straßen zwiſchen hoͤlzernen Haͤuſern, Kauflaͤden, gro-
ßen ſteinernen Hanns und durch ein ſchoͤnes Portal in den
weiten Hof des Seraskeriats, wo die Wachen ins Gewehr
traten.
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/32>, abgerufen am 22.11.2024.
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