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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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will's Gott, so hat's getroffen" -- antwortete er und feu-
erte rasch noch eins in derselben Richtung. Es ist aber
auch wahr, daß wir die meisten Verwundeten von unsern
eigenen Kugeln hatten, die immer von hinten über uns weg
pfiffen.

Hier wird Manches statuirt, was gar sehr gegen unsere
Lagerordnung streiten würde: sobald der Soldat ankommt, füllt
er zuerst seine Matara oder Wasserflasche, trinkt, oder wirft
sich, von Schweiß triefend, ins Wasser, wenn ein solches
da ist, dann schläft er eine oder zwei Stunden, und wenn
die brennende Sonne etwas sinkt, so kriecht er hervor und
gräbt sich ein Kochloch neben seinem Zelte. Dort wird das
Brot gleich mit der Mahlzeit bereitet; das gelieferte Mehl
wird zu einem dünnen Fladen ausgeknetet und auf Eisen-
blechplatten, die man über das Feuer stülpt, wie eine Ome-
lette schnell gebacken. Diese Einrichtung ist gar nicht so
schlecht; bedenken wir nur, wie bei der früheren Magazin-
Verpflegung selbst die unternehmendsten Feldherren an eine
fünf Märsche lange Kette gefesselt waren, die ihre Bäcker
ihnen anlegten, und über die hinaus keine Möglichkeit mehr
war. Unsere Verpflegung ist sehr reichlich: große Heerden
von Schaafen und Ziegen werden nachgetrieben, Reis und
Mehl von Kameelen getragen. Der Gesundheitszustand ist
vortrefflich; während unter Reschid-Pascha die Belage-
rung eines Kurden-Schlosses 3- bis 4000 Menschenleben
kostete, hatten wir gar keine Kranken, und das schreibe ich
den Zelten zu; diese sind doch eine schöne Sache, und wenn
man nicht mit einer halben Million zu Felde zieht, wird
man sie gewiß auch bei unsern Heeren wieder einführen,
denn zu Bivouaks gehört ein Himmel, wie der, welchen
wir jetzt unter den grünen Bäumen dieses Gebirgs haben,
und selbst hier bauen die Truppen sich aus Zweigen wun-
derhübsche Baracken. Das Zelt schützt unten in der Ebene
eben so gegen die Glühhitze des Tags, wie gegen den Thau
der Nächte; allerdings vermehrt es den Train, aber man
erhält dadurch Tausende von Soldaten in schlagfertigem

will's Gott, ſo hat's getroffen“ — antwortete er und feu-
erte raſch noch eins in derſelben Richtung. Es iſt aber
auch wahr, daß wir die meiſten Verwundeten von unſern
eigenen Kugeln hatten, die immer von hinten uͤber uns weg
pfiffen.

Hier wird Manches ſtatuirt, was gar ſehr gegen unſere
Lagerordnung ſtreiten wuͤrde: ſobald der Soldat ankommt, fuͤllt
er zuerſt ſeine Matara oder Waſſerflaſche, trinkt, oder wirft
ſich, von Schweiß triefend, ins Waſſer, wenn ein ſolches
da iſt, dann ſchlaͤft er eine oder zwei Stunden, und wenn
die brennende Sonne etwas ſinkt, ſo kriecht er hervor und
graͤbt ſich ein Kochloch neben ſeinem Zelte. Dort wird das
Brot gleich mit der Mahlzeit bereitet; das gelieferte Mehl
wird zu einem duͤnnen Fladen ausgeknetet und auf Eiſen-
blechplatten, die man uͤber das Feuer ſtuͤlpt, wie eine Ome-
lette ſchnell gebacken. Dieſe Einrichtung iſt gar nicht ſo
ſchlecht; bedenken wir nur, wie bei der fruͤheren Magazin-
Verpflegung ſelbſt die unternehmendſten Feldherren an eine
fuͤnf Maͤrſche lange Kette gefeſſelt waren, die ihre Baͤcker
ihnen anlegten, und uͤber die hinaus keine Moͤglichkeit mehr
war. Unſere Verpflegung iſt ſehr reichlich: große Heerden
von Schaafen und Ziegen werden nachgetrieben, Reis und
Mehl von Kameelen getragen. Der Geſundheitszuſtand iſt
vortrefflich; waͤhrend unter Reſchid-Paſcha die Belage-
rung eines Kurden-Schloſſes 3- bis 4000 Menſchenleben
koſtete, hatten wir gar keine Kranken, und das ſchreibe ich
den Zelten zu; dieſe ſind doch eine ſchoͤne Sache, und wenn
man nicht mit einer halben Million zu Felde zieht, wird
man ſie gewiß auch bei unſern Heeren wieder einfuͤhren,
denn zu Bivouaks gehoͤrt ein Himmel, wie der, welchen
wir jetzt unter den gruͤnen Baͤumen dieſes Gebirgs haben,
und ſelbſt hier bauen die Truppen ſich aus Zweigen wun-
derhuͤbſche Baracken. Das Zelt ſchuͤtzt unten in der Ebene
eben ſo gegen die Gluͤhhitze des Tags, wie gegen den Thau
der Naͤchte; allerdings vermehrt es den Train, aber man
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[277/0287] will's Gott, ſo hat's getroffen“ — antwortete er und feu- erte raſch noch eins in derſelben Richtung. Es iſt aber auch wahr, daß wir die meiſten Verwundeten von unſern eigenen Kugeln hatten, die immer von hinten uͤber uns weg pfiffen. Hier wird Manches ſtatuirt, was gar ſehr gegen unſere Lagerordnung ſtreiten wuͤrde: ſobald der Soldat ankommt, fuͤllt er zuerſt ſeine Matara oder Waſſerflaſche, trinkt, oder wirft ſich, von Schweiß triefend, ins Waſſer, wenn ein ſolches da iſt, dann ſchlaͤft er eine oder zwei Stunden, und wenn die brennende Sonne etwas ſinkt, ſo kriecht er hervor und graͤbt ſich ein Kochloch neben ſeinem Zelte. Dort wird das Brot gleich mit der Mahlzeit bereitet; das gelieferte Mehl wird zu einem duͤnnen Fladen ausgeknetet und auf Eiſen- blechplatten, die man uͤber das Feuer ſtuͤlpt, wie eine Ome- lette ſchnell gebacken. Dieſe Einrichtung iſt gar nicht ſo ſchlecht; bedenken wir nur, wie bei der fruͤheren Magazin- Verpflegung ſelbſt die unternehmendſten Feldherren an eine fuͤnf Maͤrſche lange Kette gefeſſelt waren, die ihre Baͤcker ihnen anlegten, und uͤber die hinaus keine Moͤglichkeit mehr war. Unſere Verpflegung iſt ſehr reichlich: große Heerden von Schaafen und Ziegen werden nachgetrieben, Reis und Mehl von Kameelen getragen. Der Geſundheitszuſtand iſt vortrefflich; waͤhrend unter Reſchid-Paſcha die Belage- rung eines Kurden-Schloſſes 3- bis 4000 Menſchenleben koſtete, hatten wir gar keine Kranken, und das ſchreibe ich den Zelten zu; dieſe ſind doch eine ſchoͤne Sache, und wenn man nicht mit einer halben Million zu Felde zieht, wird man ſie gewiß auch bei unſern Heeren wieder einfuͤhren, denn zu Bivouaks gehoͤrt ein Himmel, wie der, welchen wir jetzt unter den gruͤnen Baͤumen dieſes Gebirgs haben, und ſelbſt hier bauen die Truppen ſich aus Zweigen wun- derhuͤbſche Baracken. Das Zelt ſchuͤtzt unten in der Ebene eben ſo gegen die Gluͤhhitze des Tags, wie gegen den Thau der Naͤchte; allerdings vermehrt es den Train, aber man erhaͤlt dadurch Tauſende von Soldaten in ſchlagfertigem

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/287>, abgerufen am 24.11.2024.