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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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Hinterbeine, und nach allerlei seltsamen schaukelnden Be-
wegungen liegen sie in Reihen, eins neben dem andern, am
Boden, den langen Hals rings umher bewegend und sich
umsehend. Mir ist immer die Aehnlichkeit des Kameel-
halses mit dem des Straußes aufgefallen, und die Türken
nennen diesen Deve-Kusch, "Kameel-Vogel". Eine dünne
Schnur wird dem liegenden Kameel um das gebogene Knie
gebunden, wenn es sich erhebt, muß es auf drei Beinen
stehen und kann nicht fort. Wenn am Morgen das Thier
beladen werden soll, so legt es sich schnarrend und mit
kläglichem Gestöhn und Seufzern nieder, um seine Last auf-
zunehmen, und setzt die Wanderung fort.

Wir hatten an diesem Abend den Besuch einiger Ara-
ber aus befreundeten Stämmen, lauter kleine magere Ge-
stalten, aber von kräftigem, gedrungenem Wuchs; die Ge-
sichtsfarbe ist gelblichbraun, der Bart kohlschwarz, kurz und
gekräuselt, die Augen klein, aber lebhaft. Eine angenom-
mene Würde übertüncht nur leicht die Lebhaftigkeit ihres
Wesens, und ihre Kehlsprache erinnert durchaus an das
Jüdische. Der Anzug besteht aus einem groben baumwol-
lenen Hemde, einem weißen wollenen Mantel und einem
Tuch aus roth und gelbem halbseidenen Stoff mit einem
Strick um den Kopf befestigt, wie die ägyptischen Bild-
säulen. Ein junger Araber mit zwei Begleitern schlenderte
um unser Zelt und sah aus einiger Entfernung in dasselbe
hinein; ich winkte ihm, näher zu treten, worauf er sich am
Eingange auf die Erde niederließ, mit der Hand die Brust
und Stirn berührte und Merhaba! sprach. Da wir uns
gerade bei der Mahlzeit befanden, so nahm er thätigen An-
theil, und als wir fertig waren, wickelte er die Reste in
sein Hemde; er wollte unsere Pistolen nicht anrühren, be-
wunderte aber die schönen Lahorklingen unserer Säbel und
ein Füllen, welches ich vor meinem Abgang aus Mossul
von einem arabischen Scheikh gekauft. Der Kjerwan-Ba-
schi diente unserm Dolmetsch als Dolmetsch fürs Arabische,
und ich zeigte unserm Gast den Stammbaum des Thiers,

Hinterbeine, und nach allerlei ſeltſamen ſchaukelnden Be-
wegungen liegen ſie in Reihen, eins neben dem andern, am
Boden, den langen Hals rings umher bewegend und ſich
umſehend. Mir iſt immer die Aehnlichkeit des Kameel-
halſes mit dem des Straußes aufgefallen, und die Tuͤrken
nennen dieſen Deve-Kuſch, „Kameel-Vogel“. Eine duͤnne
Schnur wird dem liegenden Kameel um das gebogene Knie
gebunden, wenn es ſich erhebt, muß es auf drei Beinen
ſtehen und kann nicht fort. Wenn am Morgen das Thier
beladen werden ſoll, ſo legt es ſich ſchnarrend und mit
klaͤglichem Geſtoͤhn und Seufzern nieder, um ſeine Laſt auf-
zunehmen, und ſetzt die Wanderung fort.

Wir hatten an dieſem Abend den Beſuch einiger Ara-
ber aus befreundeten Staͤmmen, lauter kleine magere Ge-
ſtalten, aber von kraͤftigem, gedrungenem Wuchs; die Ge-
ſichtsfarbe iſt gelblichbraun, der Bart kohlſchwarz, kurz und
gekraͤuſelt, die Augen klein, aber lebhaft. Eine angenom-
mene Wuͤrde uͤbertuͤncht nur leicht die Lebhaftigkeit ihres
Weſens, und ihre Kehlſprache erinnert durchaus an das
Juͤdiſche. Der Anzug beſteht aus einem groben baumwol-
lenen Hemde, einem weißen wollenen Mantel und einem
Tuch aus roth und gelbem halbſeidenen Stoff mit einem
Strick um den Kopf befeſtigt, wie die aͤgyptiſchen Bild-
ſaͤulen. Ein junger Araber mit zwei Begleitern ſchlenderte
um unſer Zelt und ſah aus einiger Entfernung in daſſelbe
hinein; ich winkte ihm, naͤher zu treten, worauf er ſich am
Eingange auf die Erde niederließ, mit der Hand die Bruſt
und Stirn beruͤhrte und Merhaba! ſprach. Da wir uns
gerade bei der Mahlzeit befanden, ſo nahm er thaͤtigen An-
theil, und als wir fertig waren, wickelte er die Reſte in
ſein Hemde; er wollte unſere Piſtolen nicht anruͤhren, be-
wunderte aber die ſchoͤnen Lahorklingen unſerer Saͤbel und
ein Fuͤllen, welches ich vor meinem Abgang aus Moſſul
von einem arabiſchen Scheikh gekauft. Der Kjerwan-Ba-
ſchi diente unſerm Dolmetſch als Dolmetſch fuͤrs Arabiſche,
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[251/0261] Hinterbeine, und nach allerlei ſeltſamen ſchaukelnden Be- wegungen liegen ſie in Reihen, eins neben dem andern, am Boden, den langen Hals rings umher bewegend und ſich umſehend. Mir iſt immer die Aehnlichkeit des Kameel- halſes mit dem des Straußes aufgefallen, und die Tuͤrken nennen dieſen Deve-Kuſch, „Kameel-Vogel“. Eine duͤnne Schnur wird dem liegenden Kameel um das gebogene Knie gebunden, wenn es ſich erhebt, muß es auf drei Beinen ſtehen und kann nicht fort. Wenn am Morgen das Thier beladen werden ſoll, ſo legt es ſich ſchnarrend und mit klaͤglichem Geſtoͤhn und Seufzern nieder, um ſeine Laſt auf- zunehmen, und ſetzt die Wanderung fort. Wir hatten an dieſem Abend den Beſuch einiger Ara- ber aus befreundeten Staͤmmen, lauter kleine magere Ge- ſtalten, aber von kraͤftigem, gedrungenem Wuchs; die Ge- ſichtsfarbe iſt gelblichbraun, der Bart kohlſchwarz, kurz und gekraͤuſelt, die Augen klein, aber lebhaft. Eine angenom- mene Wuͤrde uͤbertuͤncht nur leicht die Lebhaftigkeit ihres Weſens, und ihre Kehlſprache erinnert durchaus an das Juͤdiſche. Der Anzug beſteht aus einem groben baumwol- lenen Hemde, einem weißen wollenen Mantel und einem Tuch aus roth und gelbem halbſeidenen Stoff mit einem Strick um den Kopf befeſtigt, wie die aͤgyptiſchen Bild- ſaͤulen. Ein junger Araber mit zwei Begleitern ſchlenderte um unſer Zelt und ſah aus einiger Entfernung in daſſelbe hinein; ich winkte ihm, naͤher zu treten, worauf er ſich am Eingange auf die Erde niederließ, mit der Hand die Bruſt und Stirn beruͤhrte und Merhaba! ſprach. Da wir uns gerade bei der Mahlzeit befanden, ſo nahm er thaͤtigen An- theil, und als wir fertig waren, wickelte er die Reſte in ſein Hemde; er wollte unſere Piſtolen nicht anruͤhren, be- wunderte aber die ſchoͤnen Lahorklingen unſerer Saͤbel und ein Fuͤllen, welches ich vor meinem Abgang aus Moſſul von einem arabiſchen Scheikh gekauft. Der Kjerwan-Ba- ſchi diente unſerm Dolmetſch als Dolmetſch fuͤrs Arabiſche, und ich zeigte unſerm Gaſt den Stammbaum des Thiers,

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/261>, abgerufen am 24.11.2024.