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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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mit einer Moschee, welche den Sarg Junuß-Pegambers
oder des Propheten Jonas einschließt. Nur ein ausdrück-
licher Befehl des Pascha konnte uns den Zutritt zu dieser
Reliquie bahnen; unter der Moschee besuchten wir die Reste
einer uralten christlichen Kirche. Auch auf dem rechten Ti-
grisufer findet man die Heiligengräber des Aya Kedrilleh
oder St. Georg u. a. m., welche halb Moschee, halb Fe-
stung sind.

Bemerkenswerth sind in Mossul die Hauptmoschee auf
uralten Fundamenten einer christlichen Kirche, und die Rui-
nen eines Kaßr oder muhammedanischen Schlosses am Ti-
gris, vor 500 Jahren erbaut und mit allerlei Stuckatur-
arbeit an den Wänden, auf welchen man sogar eine Menge
menschlicher Figuren abgebildet sieht. Die Citadelle im Jn-
nern ist eng und unbedeutend. An der nordwestlichen Ecke
der Stadt fällt der Thalrand hoch und steil zum Strome
ab und ist durch einen großen Thurm gekrönt; an seinem
Fuße dampfen heiße Schwefelquellen, die bei hoher Flut
überschwemmt werden. Das Wasser wird aus dem Ti-
gris in sehr großen ledernen Schläuchen mittelst eines ho-
hen Gerüstes und Seilen emporgehoben, an welchen ein Pferd
zieht; die lange Spitze des Schlauchs wird dann über ge-
mauerte Behälter gebracht und geöffnet, um das belebende
Element über die Gärten und Felder zu vertheilen. Aber
nur der freie Raum innerhalb der Mauern und die nächste
Umgebung außerhalb derselben sind bebaut; könnte man
einen Theil des Wassers, das an Mossul vorüber strömt,
zur Berieselung benutzen, so müßte das Land von der höch-
sten Fruchtbarkeit sein. Dieser Gedanke scheint einen ur-
alten Bau veranlaßt zu haben, nämlich die starken steiner-
nen Molen, welche einige Stunden oberhalb der Stadt das
Flußbett verengen und den Strom anstauen; man könnte
daher gewiß auch das nöthige Wasser sehr leicht über die
Felder leiten, aber die Araber, welche die Stadt rings
umschwärmen, machen das Einbringen der Ernte gar zu
unsicher.

mit einer Moſchee, welche den Sarg Junuß-Pegambers
oder des Propheten Jonas einſchließt. Nur ein ausdruͤck-
licher Befehl des Paſcha konnte uns den Zutritt zu dieſer
Reliquie bahnen; unter der Moſchee beſuchten wir die Reſte
einer uralten chriſtlichen Kirche. Auch auf dem rechten Ti-
grisufer findet man die Heiligengraͤber des Aya Kedrilleh
oder St. Georg u. a. m., welche halb Moſchee, halb Fe-
ſtung ſind.

Bemerkenswerth ſind in Moſſul die Hauptmoſchee auf
uralten Fundamenten einer chriſtlichen Kirche, und die Rui-
nen eines Kaßr oder muhammedaniſchen Schloſſes am Ti-
gris, vor 500 Jahren erbaut und mit allerlei Stuckatur-
arbeit an den Waͤnden, auf welchen man ſogar eine Menge
menſchlicher Figuren abgebildet ſieht. Die Citadelle im Jn-
nern iſt eng und unbedeutend. An der nordweſtlichen Ecke
der Stadt faͤllt der Thalrand hoch und ſteil zum Strome
ab und iſt durch einen großen Thurm gekroͤnt; an ſeinem
Fuße dampfen heiße Schwefelquellen, die bei hoher Flut
uͤberſchwemmt werden. Das Waſſer wird aus dem Ti-
gris in ſehr großen ledernen Schlaͤuchen mittelſt eines ho-
hen Geruͤſtes und Seilen emporgehoben, an welchen ein Pferd
zieht; die lange Spitze des Schlauchs wird dann uͤber ge-
mauerte Behaͤlter gebracht und geoͤffnet, um das belebende
Element uͤber die Gaͤrten und Felder zu vertheilen. Aber
nur der freie Raum innerhalb der Mauern und die naͤchſte
Umgebung außerhalb derſelben ſind bebaut; koͤnnte man
einen Theil des Waſſers, das an Moſſul voruͤber ſtroͤmt,
zur Berieſelung benutzen, ſo muͤßte das Land von der hoͤch-
ſten Fruchtbarkeit ſein. Dieſer Gedanke ſcheint einen ur-
alten Bau veranlaßt zu haben, naͤmlich die ſtarken ſteiner-
nen Molen, welche einige Stunden oberhalb der Stadt das
Flußbett verengen und den Strom anſtauen; man koͤnnte
daher gewiß auch das noͤthige Waſſer ſehr leicht uͤber die
Felder leiten, aber die Araber, welche die Stadt rings
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[242/0252] mit einer Moſchee, welche den Sarg Junuß-Pegambers oder des Propheten Jonas einſchließt. Nur ein ausdruͤck- licher Befehl des Paſcha konnte uns den Zutritt zu dieſer Reliquie bahnen; unter der Moſchee beſuchten wir die Reſte einer uralten chriſtlichen Kirche. Auch auf dem rechten Ti- grisufer findet man die Heiligengraͤber des Aya Kedrilleh oder St. Georg u. a. m., welche halb Moſchee, halb Fe- ſtung ſind. Bemerkenswerth ſind in Moſſul die Hauptmoſchee auf uralten Fundamenten einer chriſtlichen Kirche, und die Rui- nen eines Kaßr oder muhammedaniſchen Schloſſes am Ti- gris, vor 500 Jahren erbaut und mit allerlei Stuckatur- arbeit an den Waͤnden, auf welchen man ſogar eine Menge menſchlicher Figuren abgebildet ſieht. Die Citadelle im Jn- nern iſt eng und unbedeutend. An der nordweſtlichen Ecke der Stadt faͤllt der Thalrand hoch und ſteil zum Strome ab und iſt durch einen großen Thurm gekroͤnt; an ſeinem Fuße dampfen heiße Schwefelquellen, die bei hoher Flut uͤberſchwemmt werden. Das Waſſer wird aus dem Ti- gris in ſehr großen ledernen Schlaͤuchen mittelſt eines ho- hen Geruͤſtes und Seilen emporgehoben, an welchen ein Pferd zieht; die lange Spitze des Schlauchs wird dann uͤber ge- mauerte Behaͤlter gebracht und geoͤffnet, um das belebende Element uͤber die Gaͤrten und Felder zu vertheilen. Aber nur der freie Raum innerhalb der Mauern und die naͤchſte Umgebung außerhalb derſelben ſind bebaut; koͤnnte man einen Theil des Waſſers, das an Moſſul voruͤber ſtroͤmt, zur Berieſelung benutzen, ſo muͤßte das Land von der hoͤch- ſten Fruchtbarkeit ſein. Dieſer Gedanke ſcheint einen ur- alten Bau veranlaßt zu haben, naͤmlich die ſtarken ſteiner- nen Molen, welche einige Stunden oberhalb der Stadt das Flußbett verengen und den Strom anſtauen; man koͤnnte daher gewiß auch das noͤthige Waſſer ſehr leicht uͤber die Felder leiten, aber die Araber, welche die Stadt rings umſchwaͤrmen, machen das Einbringen der Ernte gar zu unſicher.

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/252>, abgerufen am 24.11.2024.