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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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stellen regelmäßige Verbindung her zwischen Konstantinopel
und Triest, Athen, Alexandrien, Beirut, Smyrna, Tra-
pezunt, Varna und Wien. Der "Metternich" hatte für
eine Million Fabrikate an Bord; ein zerlumpter persischer
Kaufmann, der unbeweglich in einer Ecke des Verdecks
kauerte, und dessen Mahl aus Oliven, Knoblauch, Zwie-
beln und Brot bestand, hatte allein 5000 Piaster Nolis ge-
zahlt. Aus den kleinen asiatischen Häfen bringt das Dampf-
schiff Taback, Früchte, rohe Seide, persische Shawls, Gall-
äpfel (die einen großen Handelsartikel ausmachen) und
persische Geld- und Silber-Münzen, die in Konstantinopel
zu schlechtem Gelde ausgeprägt werden. Der Reisenden
sind stets viele, aber fast nur Verdeck-Passagiere; der Türke
führt sein Bett, sein dürftiges Mahl und seine Pfeife mit
sich, wickelt sich Nachts in seine Pelze und Teppiche, und
verläßt fast nicht den Platz, auf welchen er sich bei der
Abfahrt hinsetzt. Jch reiste mit einigen Offizieren der neu-
errichteten Landwehr; sie waren nach Konstantinopel neun-
zehn Tage unterwegs gewesen, in zwei Tagen kamen sie
zur See wieder zurück; uns dagegen steht jetzt der Land-
weg bevor. Unsere kleine Karavane besteht aus etwa drei-
ßig Pferden und zieht so schnell einher, als die Wege und
Witterung es erlauben; die Straßen sind oft nur Fuß-
pfade, die steile Höhen erklimmen, oder angeschwollene Bäche
durchschneiden. Wagen würden gar nicht, oder doch nur
mit Ochsen fortkommen können; zu Pferde aber geht es
gut. Wenn ich beim Ausreiten zuweilen mein kleines cap-
padocisches Roß wegen wenig einnehmenden Exterieurs be-
denklich ansehe, so hebt der Tartar die rechte Hand mit
gespitzten Fingern empor und schlürft die Luft durch die
Lippen, als Zeichen der höchsten Bewunderung; "Rach-
wan!" ruft er, "ein Paßgänger!" und dies ist die schönste
Empfehlung. Wirklich bin ich mit diesem Thierchen bis
zu drei Stunden Weges in ununterbrochenem Galop ge-
ritten, wo die weiten Wiesenflächen längs den Strömen es

ſtellen regelmaͤßige Verbindung her zwiſchen Konſtantinopel
und Trieſt, Athen, Alexandrien, Beirut, Smyrna, Tra-
pezunt, Varna und Wien. Der „Metternich“ hatte fuͤr
eine Million Fabrikate an Bord; ein zerlumpter perſiſcher
Kaufmann, der unbeweglich in einer Ecke des Verdecks
kauerte, und deſſen Mahl aus Oliven, Knoblauch, Zwie-
beln und Brot beſtand, hatte allein 5000 Piaſter Nolis ge-
zahlt. Aus den kleinen aſiatiſchen Haͤfen bringt das Dampf-
ſchiff Taback, Fruͤchte, rohe Seide, perſiſche Shawls, Gall-
aͤpfel (die einen großen Handelsartikel ausmachen) und
perſiſche Geld- und Silber-Muͤnzen, die in Konſtantinopel
zu ſchlechtem Gelde ausgepraͤgt werden. Der Reiſenden
ſind ſtets viele, aber faſt nur Verdeck-Paſſagiere; der Tuͤrke
fuͤhrt ſein Bett, ſein duͤrftiges Mahl und ſeine Pfeife mit
ſich, wickelt ſich Nachts in ſeine Pelze und Teppiche, und
verlaͤßt faſt nicht den Platz, auf welchen er ſich bei der
Abfahrt hinſetzt. Jch reiſte mit einigen Offizieren der neu-
errichteten Landwehr; ſie waren nach Konſtantinopel neun-
zehn Tage unterwegs geweſen, in zwei Tagen kamen ſie
zur See wieder zuruͤck; uns dagegen ſteht jetzt der Land-
weg bevor. Unſere kleine Karavane beſteht aus etwa drei-
ßig Pferden und zieht ſo ſchnell einher, als die Wege und
Witterung es erlauben; die Straßen ſind oft nur Fuß-
pfade, die ſteile Hoͤhen erklimmen, oder angeſchwollene Baͤche
durchſchneiden. Wagen wuͤrden gar nicht, oder doch nur
mit Ochſen fortkommen koͤnnen; zu Pferde aber geht es
gut. Wenn ich beim Ausreiten zuweilen mein kleines cap-
padociſches Roß wegen wenig einnehmenden Exterieurs be-
denklich anſehe, ſo hebt der Tartar die rechte Hand mit
geſpitzten Fingern empor und ſchluͤrft die Luft durch die
Lippen, als Zeichen der hoͤchſten Bewunderung; „Rach-
wan!“ ruft er, „ein Paßgaͤnger!“ und dies iſt die ſchoͤnſte
Empfehlung. Wirklich bin ich mit dieſem Thierchen bis
zu drei Stunden Weges in ununterbrochenem Galop ge-
ritten, wo die weiten Wieſenflaͤchen laͤngs den Stroͤmen es

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[202/0212] ſtellen regelmaͤßige Verbindung her zwiſchen Konſtantinopel und Trieſt, Athen, Alexandrien, Beirut, Smyrna, Tra- pezunt, Varna und Wien. Der „Metternich“ hatte fuͤr eine Million Fabrikate an Bord; ein zerlumpter perſiſcher Kaufmann, der unbeweglich in einer Ecke des Verdecks kauerte, und deſſen Mahl aus Oliven, Knoblauch, Zwie- beln und Brot beſtand, hatte allein 5000 Piaſter Nolis ge- zahlt. Aus den kleinen aſiatiſchen Haͤfen bringt das Dampf- ſchiff Taback, Fruͤchte, rohe Seide, perſiſche Shawls, Gall- aͤpfel (die einen großen Handelsartikel ausmachen) und perſiſche Geld- und Silber-Muͤnzen, die in Konſtantinopel zu ſchlechtem Gelde ausgepraͤgt werden. Der Reiſenden ſind ſtets viele, aber faſt nur Verdeck-Paſſagiere; der Tuͤrke fuͤhrt ſein Bett, ſein duͤrftiges Mahl und ſeine Pfeife mit ſich, wickelt ſich Nachts in ſeine Pelze und Teppiche, und verlaͤßt faſt nicht den Platz, auf welchen er ſich bei der Abfahrt hinſetzt. Jch reiſte mit einigen Offizieren der neu- errichteten Landwehr; ſie waren nach Konſtantinopel neun- zehn Tage unterwegs geweſen, in zwei Tagen kamen ſie zur See wieder zuruͤck; uns dagegen ſteht jetzt der Land- weg bevor. Unſere kleine Karavane beſteht aus etwa drei- ßig Pferden und zieht ſo ſchnell einher, als die Wege und Witterung es erlauben; die Straßen ſind oft nur Fuß- pfade, die ſteile Hoͤhen erklimmen, oder angeſchwollene Baͤche durchſchneiden. Wagen wuͤrden gar nicht, oder doch nur mit Ochſen fortkommen koͤnnen; zu Pferde aber geht es gut. Wenn ich beim Ausreiten zuweilen mein kleines cap- padociſches Roß wegen wenig einnehmenden Exterieurs be- denklich anſehe, ſo hebt der Tartar die rechte Hand mit geſpitzten Fingern empor und ſchluͤrft die Luft durch die Lippen, als Zeichen der hoͤchſten Bewunderung; „Rach- wan!“ ruft er, „ein Paßgaͤnger!“ und dies iſt die ſchoͤnſte Empfehlung. Wirklich bin ich mit dieſem Thierchen bis zu drei Stunden Weges in ununterbrochenem Galop ge- ritten, wo die weiten Wieſenflaͤchen laͤngs den Stroͤmen es

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/212>, abgerufen am 27.11.2024.