durchschnittlich 300 Schritt ins Geviert großen Castra, de- ren Form und Eingänge noch vollkommen deutlich erhal- ten sind. Auch die Umwallung der römischen Stadt Con- stantiana ist noch da; sie lehnte mit beiden Flügeln an das steile Meeresufer, und schnitt so die Landzunge ab, auf welcher die Stadt lag. Bemerkenswerth ist das Funda- ment eines runden Thurmes, von dessen Fuß ein Molo sich in die See erstreckt zu haben scheint. Säulenreste und zum Theil schön behauene Steine liegen überall umher, kurz es ist fast so viel von der römischen wie von der türkischen Stadt übrig.
Am interessantesten aber waren mir die zierlichen Reste eines römischen Hauses, welches in den Wänden einer Schlucht unweit des Castrums steckt. Auch nach der Do- nau zu, drittehalb Stunden von Rassova, fanden wir eine merkwürdige Ruine; die Türken nennen sie Adam-Kilissi oder die Adamskirche. Es ist eine kuppelartig gewölbte solide Steinmasse, welche früher mit Reliefs und Säulen bekleidet gewesen, deren Trümmer jetzt weit umher zerstreut liegen. Zwei verschiedene Versuche sind gemacht worden, in den Kern dieser harten Nuß zu dringen, aber beide ver- geblich; eine Art Stollen war mit unsäglicher Mühe bis unter das Fundament gedrungen, ohne etwas zu finden. Die Ruine zeigt nämlich nach Außen jetzt nur jene be- kannte Mischung von rohen Steinen mit mindestens eben so viel jetzt steinhartem Kalke; aber mitten in dieser Masse steckt eine Art Kern aus mächtig behauenen Steinen. -- Wahrscheinlich ist das Ganze das Grabmal eines römischen Feldherrn.
Eben diese Strecke von Rassova nach Küstendsche ist auch in anderer Beziehung merkwürdig. Man ist nämlich durch die lange zusammenhängende Seereihe der Kara-suj oder schwarzen Wasser, welche sich dem Meere bis auf vier Meilen nähert, auf den Gedanken gekommen, ob nicht vor Zeiten hier die Donau ihren Lauf gehabt habe, und erst
durchſchnittlich 300 Schritt ins Geviert großen Caſtra, de- ren Form und Eingaͤnge noch vollkommen deutlich erhal- ten ſind. Auch die Umwallung der roͤmiſchen Stadt Con- ſtantiana iſt noch da; ſie lehnte mit beiden Fluͤgeln an das ſteile Meeresufer, und ſchnitt ſo die Landzunge ab, auf welcher die Stadt lag. Bemerkenswerth iſt das Funda- ment eines runden Thurmes, von deſſen Fuß ein Molo ſich in die See erſtreckt zu haben ſcheint. Saͤulenreſte und zum Theil ſchoͤn behauene Steine liegen uͤberall umher, kurz es iſt faſt ſo viel von der roͤmiſchen wie von der tuͤrkiſchen Stadt uͤbrig.
Am intereſſanteſten aber waren mir die zierlichen Reſte eines roͤmiſchen Hauſes, welches in den Waͤnden einer Schlucht unweit des Caſtrums ſteckt. Auch nach der Do- nau zu, drittehalb Stunden von Raſſova, fanden wir eine merkwuͤrdige Ruine; die Tuͤrken nennen ſie Adam-Kiliſſi oder die Adamskirche. Es iſt eine kuppelartig gewoͤlbte ſolide Steinmaſſe, welche fruͤher mit Reliefs und Saͤulen bekleidet geweſen, deren Truͤmmer jetzt weit umher zerſtreut liegen. Zwei verſchiedene Verſuche ſind gemacht worden, in den Kern dieſer harten Nuß zu dringen, aber beide ver- geblich; eine Art Stollen war mit unſaͤglicher Muͤhe bis unter das Fundament gedrungen, ohne etwas zu finden. Die Ruine zeigt naͤmlich nach Außen jetzt nur jene be- kannte Miſchung von rohen Steinen mit mindeſtens eben ſo viel jetzt ſteinhartem Kalke; aber mitten in dieſer Maſſe ſteckt eine Art Kern aus maͤchtig behauenen Steinen. — Wahrſcheinlich iſt das Ganze das Grabmal eines roͤmiſchen Feldherrn.
Eben dieſe Strecke von Raſſova nach Kuͤſtendſche iſt auch in anderer Beziehung merkwuͤrdig. Man iſt naͤmlich durch die lange zuſammenhaͤngende Seereihe der Kara-ſuj oder ſchwarzen Waſſer, welche ſich dem Meere bis auf vier Meilen naͤhert, auf den Gedanken gekommen, ob nicht vor Zeiten hier die Donau ihren Lauf gehabt habe, und erſt
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durchſchnittlich 300 Schritt ins Geviert großen Caſtra, de-
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ſtantiana iſt noch da; ſie lehnte mit beiden Fluͤgeln an das
ſteile Meeresufer, und ſchnitt ſo die Landzunge ab, auf
welcher die Stadt lag. Bemerkenswerth iſt das Funda-
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in die See erſtreckt zu haben ſcheint. Saͤulenreſte und zum
Theil ſchoͤn behauene Steine liegen uͤberall umher, kurz es
iſt faſt ſo viel von der roͤmiſchen wie von der tuͤrkiſchen
Stadt uͤbrig.
Am intereſſanteſten aber waren mir die zierlichen Reſte
eines roͤmiſchen Hauſes, welches in den Waͤnden einer
Schlucht unweit des Caſtrums ſteckt. Auch nach der Do-
nau zu, drittehalb Stunden von Raſſova, fanden wir eine
merkwuͤrdige Ruine; die Tuͤrken nennen ſie Adam-Kiliſſi
oder die Adamskirche. Es iſt eine kuppelartig gewoͤlbte
ſolide Steinmaſſe, welche fruͤher mit Reliefs und Saͤulen
bekleidet geweſen, deren Truͤmmer jetzt weit umher zerſtreut
liegen. Zwei verſchiedene Verſuche ſind gemacht worden,
in den Kern dieſer harten Nuß zu dringen, aber beide ver-
geblich; eine Art Stollen war mit unſaͤglicher Muͤhe bis
unter das Fundament gedrungen, ohne etwas zu finden.
Die Ruine zeigt naͤmlich nach Außen jetzt nur jene be-
kannte Miſchung von rohen Steinen mit mindeſtens eben
ſo viel jetzt ſteinhartem Kalke; aber mitten in dieſer Maſſe
ſteckt eine Art Kern aus maͤchtig behauenen Steinen. —
Wahrſcheinlich iſt das Ganze das Grabmal eines roͤmiſchen
Feldherrn.
Eben dieſe Strecke von Raſſova nach Kuͤſtendſche iſt
auch in anderer Beziehung merkwuͤrdig. Man iſt naͤmlich
durch die lange zuſammenhaͤngende Seereihe der Kara-ſuj
oder ſchwarzen Waſſer, welche ſich dem Meere bis auf vier
Meilen naͤhert, auf den Gedanken gekommen, ob nicht vor
Zeiten hier die Donau ihren Lauf gehabt habe, und erſt
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/175>, abgerufen am 27.11.2024.
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