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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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Erde, auf die Brust und Stirn machte. Se. Hoheit schickte
den Capudan-Pascha ab, um mir sagen zu lassen, "daß
das Wetter gut sei" -- und dieser brachte glücklich "par-
faitement bon le temps
" heraus. Dies war eine beson-
dere Gnade und Auszeichnung, welche später noch erhöht
wurde, als der Kaiser die Bemerkung machte, daß mein
rother Feß sehr kleidsam sei, eine Behauptung, mit der ich
bisher durchaus nicht einverstanden war.

Jetzt hallten die steilen Bergwände des Bosphorus
von dem Donner der Geschütze unserer Fregatte und der
Batterien am Ufer wieder. Die mächtigen Seegel entfalte-
ten sich, und mit immer zunehmender Schnelligkeit ging 's
hinaus in den gefürchteten Euxin. Die Nusrethieh führt
68 Geschütze, und ist vielleicht die schönste und größte jetzt
existirende Fregatte. Bald ließen wir nicht nur die Leucht-
thürme an der gefahrvollen Mündung des Bosphorus, son-
dern auch die beiden vortrefflichen österreichischen Dampf-
schiffe, die uns begleiten sollten, hinter uns, und gegen
Abend sah man in der Ferne nur noch ihre Rauchstreifen
aufsteigen. Die Reise mit einem großen Kriegsschiffe bie-
tet schon an sich Abwechselung genug dar, am Bord eines
türkischen Fahreugs kommt der Reiz des orientalischen
Gepräges noch dazu. Um die zweite Stunde rief der Jman
vom Mastkorb herunter die Gläubigen zum Gebet. Alles,
was nicht im Dienste war, ging auf die erste Batterie,
welche, beiläufig gesagt, 40 Fuß breit, 100 Fuß lang, einen
der schönsten Salons bildet, die man sehen kann, nur sehr
niedrig und mit dem ungewöhnlichen Ameublement von 34
Vierzigpfündern und einer beträchtlichen Anzahl von Ge-
wehren und Pistolen, Beilen, Partisanen etc.

Einen Türken beten zu sehen, ist mir immer ein Ver-
gnügen gewesen. Die Sammlung des Mannes ist wenig-
stens anscheinend so groß, daß man hinter ihm eine Ka-
none lösen möchte, um zu sehen, ob er um sich blicken
würde. Nachdem der Gläubige Hände und Füße gewa-
schen, seine Richtung nach Mekka genommen, wozu einige

Erde, auf die Bruſt und Stirn machte. Se. Hoheit ſchickte
den Capudan-Paſcha ab, um mir ſagen zu laſſen, „daß
das Wetter gut ſei“ — und dieſer brachte gluͤcklich „par-
faitement bon le temps
“ heraus. Dies war eine beſon-
dere Gnade und Auszeichnung, welche ſpaͤter noch erhoͤht
wurde, als der Kaiſer die Bemerkung machte, daß mein
rother Feß ſehr kleidſam ſei, eine Behauptung, mit der ich
bisher durchaus nicht einverſtanden war.

Jetzt hallten die ſteilen Bergwaͤnde des Bosphorus
von dem Donner der Geſchuͤtze unſerer Fregatte und der
Batterien am Ufer wieder. Die maͤchtigen Seegel entfalte-
ten ſich, und mit immer zunehmender Schnelligkeit ging 's
hinaus in den gefuͤrchteten Euxin. Die Nusrethieh fuͤhrt
68 Geſchuͤtze, und iſt vielleicht die ſchoͤnſte und groͤßte jetzt
exiſtirende Fregatte. Bald ließen wir nicht nur die Leucht-
thuͤrme an der gefahrvollen Muͤndung des Bosphorus, ſon-
dern auch die beiden vortrefflichen oͤſterreichiſchen Dampf-
ſchiffe, die uns begleiten ſollten, hinter uns, und gegen
Abend ſah man in der Ferne nur noch ihre Rauchſtreifen
aufſteigen. Die Reiſe mit einem großen Kriegsſchiffe bie-
tet ſchon an ſich Abwechſelung genug dar, am Bord eines
tuͤrkiſchen Fahreugs kommt der Reiz des orientaliſchen
Gepraͤges noch dazu. Um die zweite Stunde rief der Jman
vom Maſtkorb herunter die Glaͤubigen zum Gebet. Alles,
was nicht im Dienſte war, ging auf die erſte Batterie,
welche, beilaͤufig geſagt, 40 Fuß breit, 100 Fuß lang, einen
der ſchoͤnſten Salons bildet, die man ſehen kann, nur ſehr
niedrig und mit dem ungewoͤhnlichen Ameublement von 34
Vierzigpfuͤndern und einer betraͤchtlichen Anzahl von Ge-
wehren und Piſtolen, Beilen, Partiſanen ꝛc.

Einen Tuͤrken beten zu ſehen, iſt mir immer ein Ver-
gnuͤgen geweſen. Die Sammlung des Mannes iſt wenig-
ſtens anſcheinend ſo groß, daß man hinter ihm eine Ka-
none loͤſen moͤchte, um zu ſehen, ob er um ſich blicken
wuͤrde. Nachdem der Glaͤubige Haͤnde und Fuͤße gewa-
ſchen, ſeine Richtung nach Mekka genommen, wozu einige

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[126/0136] Erde, auf die Bruſt und Stirn machte. Se. Hoheit ſchickte den Capudan-Paſcha ab, um mir ſagen zu laſſen, „daß das Wetter gut ſei“ — und dieſer brachte gluͤcklich „par- faitement bon le temps“ heraus. Dies war eine beſon- dere Gnade und Auszeichnung, welche ſpaͤter noch erhoͤht wurde, als der Kaiſer die Bemerkung machte, daß mein rother Feß ſehr kleidſam ſei, eine Behauptung, mit der ich bisher durchaus nicht einverſtanden war. Jetzt hallten die ſteilen Bergwaͤnde des Bosphorus von dem Donner der Geſchuͤtze unſerer Fregatte und der Batterien am Ufer wieder. Die maͤchtigen Seegel entfalte- ten ſich, und mit immer zunehmender Schnelligkeit ging 's hinaus in den gefuͤrchteten Euxin. Die Nusrethieh fuͤhrt 68 Geſchuͤtze, und iſt vielleicht die ſchoͤnſte und groͤßte jetzt exiſtirende Fregatte. Bald ließen wir nicht nur die Leucht- thuͤrme an der gefahrvollen Muͤndung des Bosphorus, ſon- dern auch die beiden vortrefflichen oͤſterreichiſchen Dampf- ſchiffe, die uns begleiten ſollten, hinter uns, und gegen Abend ſah man in der Ferne nur noch ihre Rauchſtreifen aufſteigen. Die Reiſe mit einem großen Kriegsſchiffe bie- tet ſchon an ſich Abwechſelung genug dar, am Bord eines tuͤrkiſchen Fahreugs kommt der Reiz des orientaliſchen Gepraͤges noch dazu. Um die zweite Stunde rief der Jman vom Maſtkorb herunter die Glaͤubigen zum Gebet. Alles, was nicht im Dienſte war, ging auf die erſte Batterie, welche, beilaͤufig geſagt, 40 Fuß breit, 100 Fuß lang, einen der ſchoͤnſten Salons bildet, die man ſehen kann, nur ſehr niedrig und mit dem ungewoͤhnlichen Ameublement von 34 Vierzigpfuͤndern und einer betraͤchtlichen Anzahl von Ge- wehren und Piſtolen, Beilen, Partiſanen ꝛc. Einen Tuͤrken beten zu ſehen, iſt mir immer ein Ver- gnuͤgen geweſen. Die Sammlung des Mannes iſt wenig- ſtens anſcheinend ſo groß, daß man hinter ihm eine Ka- none loͤſen moͤchte, um zu ſehen, ob er um ſich blicken wuͤrde. Nachdem der Glaͤubige Haͤnde und Fuͤße gewa- ſchen, ſeine Richtung nach Mekka genommen, wozu einige

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/136>, abgerufen am 24.11.2024.