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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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von unserm König empfangen, und sprach sich sehr günstig
über preußisches Militair im Allgemeinen aus. Sobald
Se. Majestät geendet, blickten alle Anwesende sich mit dem
Ausdruck der Bewunderung und Beistimmung an, und der
Jnhalt wurde mir von meinem Dragoman wiedergegeben.
Da ich hierauf nichts zu sagen hatte, so begnügte ich mich
mich mit einer Verbeugung. Se. Hoheit geruhete hierauf,
mit mir von meinen Arbeiten zu sprechen, ging in mehrere
Details ein und setzte hinzu, daß ich ihm inschallah, "so
Gott will", noch fernere Dienste leisten solle. Jndem er
seine Zufriedenheit äußerte, ließ er mir durch Wassaf-Ef-
fendi seinen Orden überreichen. Nachdem ich diesen auf
übliche Weise, ohne das Etui zu öffnen, an Brust und
Stirn erhoben, rief der Großherr: "zeigt ihn ihm, und
fragt ihn, ob er ihm gefällt!" worauf denn der Nischan
mir feierlichst um den Hals gebunden wurde. Sodann er-
hielt mein Dragoman ebenfalls eine Decoration geringerer
Art, mit dem Vermerk: "weil er mir bei meinen Arbeiten
beigestanden"; und wir waren entlassen.

Der lebhafteste Eindruck, welcher mir an dieser gan-
zen Scene geblieben, ist der Ausdruck von Wohlwollen und
Güte, welcher alle Worte des Großherrn bezeichnete.

26.
Die Pest.

Jch habe so eben meine Aufnahme von Konstantinopel
beendet; gewiß in keiner andern Hauptstadt hätte ich so
unbelästigt, wie hier, in den Straßen arbeiten können. --
"Harta" meinten die Türken, "eine Karte", und gingen
ruhig weiter, als ob sie sagen wollten: "wir verstehen doch
einmal nichts davon." Zuweilen passirte ich auch mit mei-
ner Meßtischplatte für einen "Moalibidschi", oder einen
Mann, der Süßigkeiten auf einer weißen Scheibe in den

von unſerm Koͤnig empfangen, und ſprach ſich ſehr guͤnſtig
uͤber preußiſches Militair im Allgemeinen aus. Sobald
Se. Majeſtaͤt geendet, blickten alle Anweſende ſich mit dem
Ausdruck der Bewunderung und Beiſtimmung an, und der
Jnhalt wurde mir von meinem Dragoman wiedergegeben.
Da ich hierauf nichts zu ſagen hatte, ſo begnuͤgte ich mich
mich mit einer Verbeugung. Se. Hoheit geruhete hierauf,
mit mir von meinen Arbeiten zu ſprechen, ging in mehrere
Details ein und ſetzte hinzu, daß ich ihm inschallah, „ſo
Gott will“, noch fernere Dienſte leiſten ſolle. Jndem er
ſeine Zufriedenheit aͤußerte, ließ er mir durch Waſſaf-Ef-
fendi ſeinen Orden uͤberreichen. Nachdem ich dieſen auf
uͤbliche Weiſe, ohne das Etui zu oͤffnen, an Bruſt und
Stirn erhoben, rief der Großherr: „zeigt ihn ihm, und
fragt ihn, ob er ihm gefaͤllt!“ worauf denn der Niſchan
mir feierlichſt um den Hals gebunden wurde. Sodann er-
hielt mein Dragoman ebenfalls eine Decoration geringerer
Art, mit dem Vermerk: „weil er mir bei meinen Arbeiten
beigeſtanden“; und wir waren entlaſſen.

Der lebhafteſte Eindruck, welcher mir an dieſer gan-
zen Scene geblieben, iſt der Ausdruck von Wohlwollen und
Guͤte, welcher alle Worte des Großherrn bezeichnete.

26.
Die Peſt.

Jch habe ſo eben meine Aufnahme von Konſtantinopel
beendet; gewiß in keiner andern Hauptſtadt haͤtte ich ſo
unbelaͤſtigt, wie hier, in den Straßen arbeiten koͤnnen. —
„Harta“ meinten die Tuͤrken, „eine Karte“, und gingen
ruhig weiter, als ob ſie ſagen wollten: „wir verſtehen doch
einmal nichts davon.“ Zuweilen paſſirte ich auch mit mei-
ner Meßtiſchplatte fuͤr einen „Moalibidſchi“, oder einen
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[111/0121] von unſerm Koͤnig empfangen, und ſprach ſich ſehr guͤnſtig uͤber preußiſches Militair im Allgemeinen aus. Sobald Se. Majeſtaͤt geendet, blickten alle Anweſende ſich mit dem Ausdruck der Bewunderung und Beiſtimmung an, und der Jnhalt wurde mir von meinem Dragoman wiedergegeben. Da ich hierauf nichts zu ſagen hatte, ſo begnuͤgte ich mich mich mit einer Verbeugung. Se. Hoheit geruhete hierauf, mit mir von meinen Arbeiten zu ſprechen, ging in mehrere Details ein und ſetzte hinzu, daß ich ihm inschallah, „ſo Gott will“, noch fernere Dienſte leiſten ſolle. Jndem er ſeine Zufriedenheit aͤußerte, ließ er mir durch Waſſaf-Ef- fendi ſeinen Orden uͤberreichen. Nachdem ich dieſen auf uͤbliche Weiſe, ohne das Etui zu oͤffnen, an Bruſt und Stirn erhoben, rief der Großherr: „zeigt ihn ihm, und fragt ihn, ob er ihm gefaͤllt!“ worauf denn der Niſchan mir feierlichſt um den Hals gebunden wurde. Sodann er- hielt mein Dragoman ebenfalls eine Decoration geringerer Art, mit dem Vermerk: „weil er mir bei meinen Arbeiten beigeſtanden“; und wir waren entlaſſen. Der lebhafteſte Eindruck, welcher mir an dieſer gan- zen Scene geblieben, iſt der Ausdruck von Wohlwollen und Guͤte, welcher alle Worte des Großherrn bezeichnete. 26. Die Peſt. Konſtantinopel, den 22. Februar 1837. Jch habe ſo eben meine Aufnahme von Konſtantinopel beendet; gewiß in keiner andern Hauptſtadt haͤtte ich ſo unbelaͤſtigt, wie hier, in den Straßen arbeiten koͤnnen. — „Harta“ meinten die Tuͤrken, „eine Karte“, und gingen ruhig weiter, als ob ſie ſagen wollten: „wir verſtehen doch einmal nichts davon.“ Zuweilen paſſirte ich auch mit mei- ner Meßtiſchplatte fuͤr einen „Moalibidſchi“, oder einen Mann, der Suͤßigkeiten auf einer weißen Scheibe in den

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/121>, abgerufen am 24.11.2024.