amten des Hofes. Ein ältlicher Gentleman sagte mir be- sonders viel Verbindliches; er hatte entdeckt, daß ich mir ein großes Verdienst um das Land erworben, und ich er- fuhr nachher, daß dies Se. Excellenz der Hofnarr des Großherrn sei. Nach kurzer Frist traten wir in das Wohn- haus; da etwas Antichambriren aber unerläßlich ist, stellte man Stühle für uns auf die mit schönen Teppichen be- legte, aber niedrige Treppe. Nach einigen Minuten wur- den wir vorgefordert, worauf Wassaf-Effendi sogleich seinen Degen ablegte; ich war in Civil-Kleidern. Die Zimmer, welche wir durchschritten, sind weder groß, noch sehr pracht- voll; sie sind nach europäischer Art möblirt, man sieht da Stühle, Tische, Spiegel, Kronleuchter, sogar Oefen; Alles, wie man es bei einem wohlhabenden Privatmann in un- sern Städten auch findet.
Nachdem der Teppich von einer Seitenthür weggezogen, erblickten wir den Großherrn in einem Lehnsessel. -- Nach üblicher Weise machte ich ihm drei tiefe Verbeugungen und trat dann bis an die Thür zurück. Se. Kais. Majestät trug die rothe Mütze (Feß) und einen weiten violetten Tuchmantel, oder vielmehr einen Mantelkragen, welcher seine ganze Gestalt versteckte, und der durch eine Diamant-Agraffe zusammen- gehalten ward. Der Sultan rauchte eine lange Pfeife von Jasminrohr, die Bernsteinspitze mit schönen Juwelen besetzt. Sein Stuhl stand neben dem langen Divan, der sich hier immer unter den Fenstern befindet. Mit einem Blicke links konnte Se. Hoheit den schönsten Theil seines Reichs, die Hauptstadt, die Flotte, das Meer und die asiatischen Berge, überschauen. Rechts vom Großherrn bis zur Thür, durch die ich einge- treten, standen 6 oder 7 seiner Hofbeamten in tiefem Schwei- gen und in ehrfurchtsvoller Stellung, die Hände vorn über den Leib gekreuzt. Ein schöner französischer Teppich bedeckte den Fußboden und in der Mitte des Zimmers glimmte ein Kohlenfeuer in einem prachtvollen Bronce-Mangall.
Der Großherr äußerte sich zuerst anerkennend und dank- bar über die vielen Beweise von Freundschaft, welche er
amten des Hofes. Ein aͤltlicher Gentleman ſagte mir be- ſonders viel Verbindliches; er hatte entdeckt, daß ich mir ein großes Verdienſt um das Land erworben, und ich er- fuhr nachher, daß dies Se. Excellenz der Hofnarr des Großherrn ſei. Nach kurzer Friſt traten wir in das Wohn- haus; da etwas Antichambriren aber unerlaͤßlich iſt, ſtellte man Stuͤhle fuͤr uns auf die mit ſchoͤnen Teppichen be- legte, aber niedrige Treppe. Nach einigen Minuten wur- den wir vorgefordert, worauf Waſſaf-Effendi ſogleich ſeinen Degen ablegte; ich war in Civil-Kleidern. Die Zimmer, welche wir durchſchritten, ſind weder groß, noch ſehr pracht- voll; ſie ſind nach europaͤiſcher Art moͤblirt, man ſieht da Stuͤhle, Tiſche, Spiegel, Kronleuchter, ſogar Oefen; Alles, wie man es bei einem wohlhabenden Privatmann in un- ſern Staͤdten auch findet.
Nachdem der Teppich von einer Seitenthuͤr weggezogen, erblickten wir den Großherrn in einem Lehnſeſſel. — Nach uͤblicher Weiſe machte ich ihm drei tiefe Verbeugungen und trat dann bis an die Thuͤr zuruͤck. Se. Kaiſ. Majeſtaͤt trug die rothe Muͤtze (Feß) und einen weiten violetten Tuchmantel, oder vielmehr einen Mantelkragen, welcher ſeine ganze Geſtalt verſteckte, und der durch eine Diamant-Agraffe zuſammen- gehalten ward. Der Sultan rauchte eine lange Pfeife von Jasminrohr, die Bernſteinſpitze mit ſchoͤnen Juwelen beſetzt. Sein Stuhl ſtand neben dem langen Divan, der ſich hier immer unter den Fenſtern befindet. Mit einem Blicke links konnte Se. Hoheit den ſchoͤnſten Theil ſeines Reichs, die Hauptſtadt, die Flotte, das Meer und die aſiatiſchen Berge, uͤberſchauen. Rechts vom Großherrn bis zur Thuͤr, durch die ich einge- treten, ſtanden 6 oder 7 ſeiner Hofbeamten in tiefem Schwei- gen und in ehrfurchtsvoller Stellung, die Haͤnde vorn uͤber den Leib gekreuzt. Ein ſchoͤner franzoͤſiſcher Teppich bedeckte den Fußboden und in der Mitte des Zimmers glimmte ein Kohlenfeuer in einem prachtvollen Bronce-Mangall.
Der Großherr aͤußerte ſich zuerſt anerkennend und dank- bar uͤber die vielen Beweiſe von Freundſchaft, welche er
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amten des Hofes. Ein aͤltlicher Gentleman ſagte mir be-
ſonders viel Verbindliches; er hatte entdeckt, daß ich mir
ein großes Verdienſt um das Land erworben, und ich er-
fuhr nachher, daß dies Se. Excellenz der Hofnarr des
Großherrn ſei. Nach kurzer Friſt traten wir in das Wohn-
haus; da etwas Antichambriren aber unerlaͤßlich iſt, ſtellte
man Stuͤhle fuͤr uns auf die mit ſchoͤnen Teppichen be-
legte, aber niedrige Treppe. Nach einigen Minuten wur-
den wir vorgefordert, worauf Waſſaf-Effendi ſogleich ſeinen
Degen ablegte; ich war in Civil-Kleidern. Die Zimmer,
welche wir durchſchritten, ſind weder groß, noch ſehr pracht-
voll; ſie ſind nach europaͤiſcher Art moͤblirt, man ſieht da
Stuͤhle, Tiſche, Spiegel, Kronleuchter, ſogar Oefen; Alles,
wie man es bei einem wohlhabenden Privatmann in un-
ſern Staͤdten auch findet.
Nachdem der Teppich von einer Seitenthuͤr weggezogen,
erblickten wir den Großherrn in einem Lehnſeſſel. — Nach
uͤblicher Weiſe machte ich ihm drei tiefe Verbeugungen und
trat dann bis an die Thuͤr zuruͤck. Se. Kaiſ. Majeſtaͤt trug
die rothe Muͤtze (Feß) und einen weiten violetten Tuchmantel,
oder vielmehr einen Mantelkragen, welcher ſeine ganze Geſtalt
verſteckte, und der durch eine Diamant-Agraffe zuſammen-
gehalten ward. Der Sultan rauchte eine lange Pfeife von
Jasminrohr, die Bernſteinſpitze mit ſchoͤnen Juwelen beſetzt.
Sein Stuhl ſtand neben dem langen Divan, der ſich hier immer
unter den Fenſtern befindet. Mit einem Blicke links konnte
Se. Hoheit den ſchoͤnſten Theil ſeines Reichs, die Hauptſtadt,
die Flotte, das Meer und die aſiatiſchen Berge, uͤberſchauen.
Rechts vom Großherrn bis zur Thuͤr, durch die ich einge-
treten, ſtanden 6 oder 7 ſeiner Hofbeamten in tiefem Schwei-
gen und in ehrfurchtsvoller Stellung, die Haͤnde vorn uͤber
den Leib gekreuzt. Ein ſchoͤner franzoͤſiſcher Teppich bedeckte
den Fußboden und in der Mitte des Zimmers glimmte ein
Kohlenfeuer in einem prachtvollen Bronce-Mangall.
Der Großherr aͤußerte ſich zuerſt anerkennend und dank-
bar uͤber die vielen Beweiſe von Freundſchaft, welche er
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/120>, abgerufen am 21.11.2024.
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