aufbewahrt sind, welche des Nachts auf die zierliche Stroh- matte am Fußboden zu Betten bereitet werden. Die Fen- ster sind unten mit dichten Gittern aus Rohr geschlossen; in den Gemächern der Frauen steigt dies Gitter bis ganz oder bis fast ganz oben hinauf. Da giebt es weder Tische noch Stühle, weder Spiegel noch Kronleuchter; Abends werden zwei oder vier große Kerzen, wie unsere Kirchen- lichte, mitten ins Zimmer auf den Boden gesetzt; bei Wohl- habenden und bei Denjenigen, welche der Civilisation den Hof machen, findet man gewöhnlich Tafeluhren, von denen oft drei oder vier neben einander stehen, ohne daß nur eine einzige ginge. Zum Essen stellt man einen kleinen niedri- gen Schemel auf den Fußboden und setzt darauf eine große runde Holzscheibe (bei den Wohlhabenden eine Art messin- genen Schild, sauber blank gehalten), auf dem die Speisen sich bereits befinden. Jeder langt mit den Fingern zu, nachdem zuvor das Waschbecken und zierlich gestickte Hand- tücher gereicht sind; Messer, Gabel und Teller sind nicht nöthig, dagegen bedient man sich der Löffel aus Holz oder Horn, oft mit Stielen von Corallen, aber nie von Silber, weil der Koran ausdrücklich sagt: daß, wer hier von Sil- bergeschirr ißt, im Paradiese keins haben wird.
So sieht es im Jnnern bei den Vornehmen aus, aber auch beinahe eben so bei den Geringeren und bei den Aerm- sten. Jm Aeußern unterscheiden sich die Wohnungen der Türken als der Bevorrechtigtsten des Landes von denen der Rajahs. Der Rechtgläubige baut sein Haus mit der brei- ten Front nach dem Bosphorus zu, streicht es roth, blau und gelb an, aber besonders roth, während die Griechen und Armenier die schmale Seite ihrer Häuser nach dem Bosphor kehren, welcher die große Heerstraße der Haupt- stadt ist, und sie grau übertünchen. Die oft sehr große Ausdehnung dieser Wohnungen reicht quer über die Straße bis auf die Berge und Terrassen hinauf. Gewährt die Wohnung dennoch einen zu lockenden Anschein von Reich- thum, so wird sie mit zwei verschiedenen Nüancen von Grau,
aufbewahrt ſind, welche des Nachts auf die zierliche Stroh- matte am Fußboden zu Betten bereitet werden. Die Fen- ſter ſind unten mit dichten Gittern aus Rohr geſchloſſen; in den Gemaͤchern der Frauen ſteigt dies Gitter bis ganz oder bis faſt ganz oben hinauf. Da giebt es weder Tiſche noch Stuͤhle, weder Spiegel noch Kronleuchter; Abends werden zwei oder vier große Kerzen, wie unſere Kirchen- lichte, mitten ins Zimmer auf den Boden geſetzt; bei Wohl- habenden und bei Denjenigen, welche der Civiliſation den Hof machen, findet man gewoͤhnlich Tafeluhren, von denen oft drei oder vier neben einander ſtehen, ohne daß nur eine einzige ginge. Zum Eſſen ſtellt man einen kleinen niedri- gen Schemel auf den Fußboden und ſetzt darauf eine große runde Holzſcheibe (bei den Wohlhabenden eine Art meſſin- genen Schild, ſauber blank gehalten), auf dem die Speiſen ſich bereits befinden. Jeder langt mit den Fingern zu, nachdem zuvor das Waſchbecken und zierlich geſtickte Hand- tuͤcher gereicht ſind; Meſſer, Gabel und Teller ſind nicht noͤthig, dagegen bedient man ſich der Loͤffel aus Holz oder Horn, oft mit Stielen von Corallen, aber nie von Silber, weil der Koran ausdruͤcklich ſagt: daß, wer hier von Sil- bergeſchirr ißt, im Paradieſe keins haben wird.
So ſieht es im Jnnern bei den Vornehmen aus, aber auch beinahe eben ſo bei den Geringeren und bei den Aerm- ſten. Jm Aeußern unterſcheiden ſich die Wohnungen der Tuͤrken als der Bevorrechtigtſten des Landes von denen der Rajahs. Der Rechtglaͤubige baut ſein Haus mit der brei- ten Front nach dem Bosphorus zu, ſtreicht es roth, blau und gelb an, aber beſonders roth, waͤhrend die Griechen und Armenier die ſchmale Seite ihrer Haͤuſer nach dem Bosphor kehren, welcher die große Heerſtraße der Haupt- ſtadt iſt, und ſie grau uͤbertuͤnchen. Die oft ſehr große Ausdehnung dieſer Wohnungen reicht quer uͤber die Straße bis auf die Berge und Terraſſen hinauf. Gewaͤhrt die Wohnung dennoch einen zu lockenden Anſchein von Reich- thum, ſo wird ſie mit zwei verſchiedenen Nuͤancen von Grau,
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aufbewahrt ſind, welche des Nachts auf die zierliche Stroh-
matte am Fußboden zu Betten bereitet werden. Die Fen-
ſter ſind unten mit dichten Gittern aus Rohr geſchloſſen;
in den Gemaͤchern der Frauen ſteigt dies Gitter bis ganz
oder bis faſt ganz oben hinauf. Da giebt es weder Tiſche
noch Stuͤhle, weder Spiegel noch Kronleuchter; Abends
werden zwei oder vier große Kerzen, wie unſere Kirchen-
lichte, mitten ins Zimmer auf den Boden geſetzt; bei Wohl-
habenden und bei Denjenigen, welche der Civiliſation den
Hof machen, findet man gewoͤhnlich Tafeluhren, von denen
oft drei oder vier neben einander ſtehen, ohne daß nur eine
einzige ginge. Zum Eſſen ſtellt man einen kleinen niedri-
gen Schemel auf den Fußboden und ſetzt darauf eine große
runde Holzſcheibe (bei den Wohlhabenden eine Art meſſin-
genen Schild, ſauber blank gehalten), auf dem die Speiſen
ſich bereits befinden. Jeder langt mit den Fingern zu,
nachdem zuvor das Waſchbecken und zierlich geſtickte Hand-
tuͤcher gereicht ſind; Meſſer, Gabel und Teller ſind nicht
noͤthig, dagegen bedient man ſich der Loͤffel aus Holz oder
Horn, oft mit Stielen von Corallen, aber nie von Silber,
weil der Koran ausdruͤcklich ſagt: daß, wer hier von Sil-
bergeſchirr ißt, im Paradieſe keins haben wird.
So ſieht es im Jnnern bei den Vornehmen aus, aber
auch beinahe eben ſo bei den Geringeren und bei den Aerm-
ſten. Jm Aeußern unterſcheiden ſich die Wohnungen der
Tuͤrken als der Bevorrechtigtſten des Landes von denen der
Rajahs. Der Rechtglaͤubige baut ſein Haus mit der brei-
ten Front nach dem Bosphorus zu, ſtreicht es roth, blau
und gelb an, aber beſonders roth, waͤhrend die Griechen
und Armenier die ſchmale Seite ihrer Haͤuſer nach dem
Bosphor kehren, welcher die große Heerſtraße der Haupt-
ſtadt iſt, und ſie grau uͤbertuͤnchen. Die oft ſehr große
Ausdehnung dieſer Wohnungen reicht quer uͤber die Straße
bis auf die Berge und Terraſſen hinauf. Gewaͤhrt die
Wohnung dennoch einen zu lockenden Anſchein von Reich-
thum, ſo wird ſie mit zwei verſchiedenen Nuͤancen von Grau,
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/109>, abgerufen am 24.11.2024.
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