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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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Horns eine solche Ausdehnung gewonnen, daß das Wasser
dieser sehr bedeutenden Leitung für den Bedarf nicht mehr
ausreicht. Die große Dürre dieses Jahres (1836) machte
den Mangel äußerst empfindlich, und der Großherr befahl
mir durch den Seraskier, Vorschläge zur Abhülfe zu ma-
chen, und den Ort für einen etwa nöthigen neuen Bend
aufzusuchen. Eine solche Lokalität fand sich auch; es schien
mir aber weit vernünftiger, die Capacität der bereits vor-
handenen kostbaren Behälter zu erweitern, als neue anzu-
legen. Der Binai Emineh, welcher mich begleitete, machte
bei dieser Gelegenheit einen für den Ober-Aufseher aller
kaiserlichen Bauten nicht übeln Vorschlag; man möge doch,
sagte er, die Mauern des Valideh-Bends um etwa vier
Arschinen erhöhen, was eine hübsche Wassermasse mehr ge-
ben würde. Jch erlaubte mir, dem Effendi zu berechnen,
wie dadurch die Mauern ungefähr einem dreimal größern
Druck zu widerstehen haben würden, und gab meinen Vor-
schlag dahin ab, daß erstlich die in Konstantinopel vorhan-
denen Reservoirs ihre ursprüngliche Bestimmung wieder er-
halten, zweitens alle Leitungen gründlich ausgebessert, und
endlich die Teiche hinter den Mauern tiefer und breiter
ausgegraben werden möchten. Für 1000 Kubikklafter Erde,
die man ausgehoben, würde man 1000 Kubikklafter Wasser
gewinnen, ohne daß man die Mauern im mindesten zu ver-
stärken brauche. Aber so etwas Unscheinbares ist nicht im
Geschmack der Türken, sie müssen dem Großherrn etwas
zu zeigen haben (bir göstermek schei lasim), ein neues
Kiosk und ein Fest zur Einweihung sind unentbehrlich.
Wahrscheinlich wird der Bau eines neuen Bends beliebt
werden, der wohl eine halbe Million Thaler kosten kann.

Horns eine ſolche Ausdehnung gewonnen, daß das Waſſer
dieſer ſehr bedeutenden Leitung fuͤr den Bedarf nicht mehr
ausreicht. Die große Duͤrre dieſes Jahres (1836) machte
den Mangel aͤußerſt empfindlich, und der Großherr befahl
mir durch den Seraskier, Vorſchlaͤge zur Abhuͤlfe zu ma-
chen, und den Ort fuͤr einen etwa noͤthigen neuen Bend
aufzuſuchen. Eine ſolche Lokalitaͤt fand ſich auch; es ſchien
mir aber weit vernuͤnftiger, die Capacitaͤt der bereits vor-
handenen koſtbaren Behaͤlter zu erweitern, als neue anzu-
legen. Der Binai Emineh, welcher mich begleitete, machte
bei dieſer Gelegenheit einen fuͤr den Ober-Aufſeher aller
kaiſerlichen Bauten nicht uͤbeln Vorſchlag; man moͤge doch,
ſagte er, die Mauern des Valideh-Bends um etwa vier
Arſchinen erhoͤhen, was eine huͤbſche Waſſermaſſe mehr ge-
ben wuͤrde. Jch erlaubte mir, dem Effendi zu berechnen,
wie dadurch die Mauern ungefaͤhr einem dreimal groͤßern
Druck zu widerſtehen haben wuͤrden, und gab meinen Vor-
ſchlag dahin ab, daß erſtlich die in Konſtantinopel vorhan-
denen Reſervoirs ihre urſpruͤngliche Beſtimmung wieder er-
halten, zweitens alle Leitungen gruͤndlich ausgebeſſert, und
endlich die Teiche hinter den Mauern tiefer und breiter
ausgegraben werden moͤchten. Fuͤr 1000 Kubikklafter Erde,
die man ausgehoben, wuͤrde man 1000 Kubikklafter Waſſer
gewinnen, ohne daß man die Mauern im mindeſten zu ver-
ſtaͤrken brauche. Aber ſo etwas Unſcheinbares iſt nicht im
Geſchmack der Tuͤrken, ſie muͤſſen dem Großherrn etwas
zu zeigen haben (bir göstermek schei lasim), ein neues
Kiosk und ein Feſt zur Einweihung ſind unentbehrlich.
Wahrſcheinlich wird der Bau eines neuen Bends beliebt
werden, der wohl eine halbe Million Thaler koſten kann.

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[92/0102] Horns eine ſolche Ausdehnung gewonnen, daß das Waſſer dieſer ſehr bedeutenden Leitung fuͤr den Bedarf nicht mehr ausreicht. Die große Duͤrre dieſes Jahres (1836) machte den Mangel aͤußerſt empfindlich, und der Großherr befahl mir durch den Seraskier, Vorſchlaͤge zur Abhuͤlfe zu ma- chen, und den Ort fuͤr einen etwa noͤthigen neuen Bend aufzuſuchen. Eine ſolche Lokalitaͤt fand ſich auch; es ſchien mir aber weit vernuͤnftiger, die Capacitaͤt der bereits vor- handenen koſtbaren Behaͤlter zu erweitern, als neue anzu- legen. Der Binai Emineh, welcher mich begleitete, machte bei dieſer Gelegenheit einen fuͤr den Ober-Aufſeher aller kaiſerlichen Bauten nicht uͤbeln Vorſchlag; man moͤge doch, ſagte er, die Mauern des Valideh-Bends um etwa vier Arſchinen erhoͤhen, was eine huͤbſche Waſſermaſſe mehr ge- ben wuͤrde. Jch erlaubte mir, dem Effendi zu berechnen, wie dadurch die Mauern ungefaͤhr einem dreimal groͤßern Druck zu widerſtehen haben wuͤrden, und gab meinen Vor- ſchlag dahin ab, daß erſtlich die in Konſtantinopel vorhan- denen Reſervoirs ihre urſpruͤngliche Beſtimmung wieder er- halten, zweitens alle Leitungen gruͤndlich ausgebeſſert, und endlich die Teiche hinter den Mauern tiefer und breiter ausgegraben werden moͤchten. Fuͤr 1000 Kubikklafter Erde, die man ausgehoben, wuͤrde man 1000 Kubikklafter Waſſer gewinnen, ohne daß man die Mauern im mindeſten zu ver- ſtaͤrken brauche. Aber ſo etwas Unſcheinbares iſt nicht im Geſchmack der Tuͤrken, ſie muͤſſen dem Großherrn etwas zu zeigen haben (bir göstermek schei lasim), ein neues Kiosk und ein Feſt zur Einweihung ſind unentbehrlich. Wahrſcheinlich wird der Bau eines neuen Bends beliebt werden, der wohl eine halbe Million Thaler koſten kann.

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/102>, abgerufen am 21.11.2024.