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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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gelegt werden. Allein es ist ebensowohl möglich, ein in sich
vollendetes statistisches Bild von nur einem einzelnen Staate
zu geben, ja nur von einem einzelnen Theile des staatlichen
oder gesellschaftlichen Lebens. Es besteht also z. B. neben
einer Statistik von Europa eine Statistik von Frankreich; es
kann aber auch nur eine Statistik der Rechtspflege in Frankreich,
oder des Unterrichtswesens in diesem Lande gegeben werden,
ferner eine Statistik seines Ackerbaues, seiner Gewerbe, oder
selbst nur einzelner Bestandtheile derselben, etwa des Bergbaues
u. dgl. Je beschränkter der Umfang ist, desto leichter läßt sich
ohne Verwirrung und Ermüdung in große Einzelheiten ein-
gehen. Ob aber die allgemeinere Uebersicht oder das einzelste
Wissen von größerem Werthe ist, hängt von dem Gebrauche
in jedem besonderen Falle ab.

Strenge genommen hat die Statistik nur staatliche
Thatsachen zu melden; allein eine Berücksichtigung auch ge-
sellschaftlicher
Zustände dient nicht blos zur Belebung
der Darstellung und zur Ausdehnung der Kenntnisse, sondern
kann auch zur vollständigen Erreichung des nächsten Zweckes
nicht wohl entbehrt werden, da die Gesellschaft die nächste
Grundlage und der unmittelbare stoffliche Inhalt des Staates
und somit das richtige Verständniß der Einrichtungen des
letztern durch eine Einsicht in jene bedingt ist. Nur darf die
Berücksichtigung der nicht unmittelbar staatlichen Zustände nicht
auf solche Seiten des Volkslebens ausgedehnt werden, deren
Regelung keine Aufgabe für den Staat ist und welche von
keiner Bedeutung für die Schätzung seiner geistigen oder sach-
lichen Kräfte sind. Durch die Schilderung politisch gleichgül-
tiger Sitten oder bloßer Natur- und Kunstgegenstände wird die
Grenzlinie zwischen Geographie, Ethnographik und Statistik
zur Ueberbürdung und Verflachung der letzteren verrückt 5).

Ein großer Irrthum ist es übrigens, wenn die Statistik

gelegt werden. Allein es iſt ebenſowohl möglich, ein in ſich
vollendetes ſtatiſtiſches Bild von nur einem einzelnen Staate
zu geben, ja nur von einem einzelnen Theile des ſtaatlichen
oder geſellſchaftlichen Lebens. Es beſteht alſo z. B. neben
einer Statiſtik von Europa eine Statiſtik von Frankreich; es
kann aber auch nur eine Statiſtik der Rechtspflege in Frankreich,
oder des Unterrichtsweſens in dieſem Lande gegeben werden,
ferner eine Statiſtik ſeines Ackerbaues, ſeiner Gewerbe, oder
ſelbſt nur einzelner Beſtandtheile derſelben, etwa des Bergbaues
u. dgl. Je beſchränkter der Umfang iſt, deſto leichter läßt ſich
ohne Verwirrung und Ermüdung in große Einzelheiten ein-
gehen. Ob aber die allgemeinere Ueberſicht oder das einzelſte
Wiſſen von größerem Werthe iſt, hängt von dem Gebrauche
in jedem beſonderen Falle ab.

Strenge genommen hat die Statiſtik nur ſtaatliche
Thatſachen zu melden; allein eine Berückſichtigung auch ge-
ſellſchaftlicher
Zuſtände dient nicht blos zur Belebung
der Darſtellung und zur Ausdehnung der Kenntniſſe, ſondern
kann auch zur vollſtändigen Erreichung des nächſten Zweckes
nicht wohl entbehrt werden, da die Geſellſchaft die nächſte
Grundlage und der unmittelbare ſtoffliche Inhalt des Staates
und ſomit das richtige Verſtändniß der Einrichtungen des
letztern durch eine Einſicht in jene bedingt iſt. Nur darf die
Berückſichtigung der nicht unmittelbar ſtaatlichen Zuſtände nicht
auf ſolche Seiten des Volkslebens ausgedehnt werden, deren
Regelung keine Aufgabe für den Staat iſt und welche von
keiner Bedeutung für die Schätzung ſeiner geiſtigen oder ſach-
lichen Kräfte ſind. Durch die Schilderung politiſch gleichgül-
tiger Sitten oder bloßer Natur- und Kunſtgegenſtände wird die
Grenzlinie zwiſchen Geographie, Ethnographik und Statiſtik
zur Ueberbürdung und Verflachung der letzteren verrückt 5).

Ein großer Irrthum iſt es übrigens, wenn die Statiſtik

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[734/0748] gelegt werden. Allein es iſt ebenſowohl möglich, ein in ſich vollendetes ſtatiſtiſches Bild von nur einem einzelnen Staate zu geben, ja nur von einem einzelnen Theile des ſtaatlichen oder geſellſchaftlichen Lebens. Es beſteht alſo z. B. neben einer Statiſtik von Europa eine Statiſtik von Frankreich; es kann aber auch nur eine Statiſtik der Rechtspflege in Frankreich, oder des Unterrichtsweſens in dieſem Lande gegeben werden, ferner eine Statiſtik ſeines Ackerbaues, ſeiner Gewerbe, oder ſelbſt nur einzelner Beſtandtheile derſelben, etwa des Bergbaues u. dgl. Je beſchränkter der Umfang iſt, deſto leichter läßt ſich ohne Verwirrung und Ermüdung in große Einzelheiten ein- gehen. Ob aber die allgemeinere Ueberſicht oder das einzelſte Wiſſen von größerem Werthe iſt, hängt von dem Gebrauche in jedem beſonderen Falle ab. Strenge genommen hat die Statiſtik nur ſtaatliche Thatſachen zu melden; allein eine Berückſichtigung auch ge- ſellſchaftlicher Zuſtände dient nicht blos zur Belebung der Darſtellung und zur Ausdehnung der Kenntniſſe, ſondern kann auch zur vollſtändigen Erreichung des nächſten Zweckes nicht wohl entbehrt werden, da die Geſellſchaft die nächſte Grundlage und der unmittelbare ſtoffliche Inhalt des Staates und ſomit das richtige Verſtändniß der Einrichtungen des letztern durch eine Einſicht in jene bedingt iſt. Nur darf die Berückſichtigung der nicht unmittelbar ſtaatlichen Zuſtände nicht auf ſolche Seiten des Volkslebens ausgedehnt werden, deren Regelung keine Aufgabe für den Staat iſt und welche von keiner Bedeutung für die Schätzung ſeiner geiſtigen oder ſach- lichen Kräfte ſind. Durch die Schilderung politiſch gleichgül- tiger Sitten oder bloßer Natur- und Kunſtgegenſtände wird die Grenzlinie zwiſchen Geographie, Ethnographik und Statiſtik zur Ueberbürdung und Verflachung der letzteren verrückt 5). Ein großer Irrthum iſt es übrigens, wenn die Statiſtik

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 734. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/748>, abgerufen am 24.11.2024.