gedankens den ungeheuren Stoff in natürliche Gruppen und Unterabtheilungen zu bringen. -- In der Regel jedoch begnügt sich sowohl der Darsteller als der Leser mit weit geringerem Umfange, indem nur die Staatsgeschichte eines einzigen Volkes, oder höchstens einer einzelnen Gruppe von verwandten Stämmen, dargelegt wird. Hier wird denn von dem ersten Erscheinen des betreffenden Volkes in der Geschichte bis zur Gegenwart der Hergang der äußeren, d. h. räumlichen, Bildung des Staa- tes und die Entwickelung seiner einzelnen Anstalten und Grund- sätze in Verfassung und Verwaltung dargelegt. Es handelt sich davon, sowohl den Geist des Ganzen, als den Verlauf jeder wichtigeren Institution nachzuweisen; und begreiflicher Weise dürfen auch solche Gestaltungen des Staatslebens nicht übergangen werden, welche später vollständig erloschen sind, falls sie nur zu ihrer Zeit lebenskräftig und wirksam waren 2). -- Sodann kann aber die innere Staatsgeschichte auch mono- graphisch bearbeitet werden. Hier wird denn die Geschichte einer einzelnen Einrichtung oder eines einzelnen Grundsatzes ausschließlich erzählt und auf andere Bestandtheile des Staats- lebens nur insoferne Rücksicht genommen, als sie zur vollstän- digen Begreifung des hervorgehobenen Theiles erforderlich sind. (So z. B. die Geschichte des Fürstenthums, oder der Volks- vertretung, des blos verfassungsmäßigen Gehorsams.) Im Uebrigen mag eine solche Monographie wieder in doppelter Weise angelegt sein; entweder nämlich als die allgemeine Ge- schichte der fraglichen Institutionen bei allen Völkern, welche sie überhaupt kennen, oder aber als Darstellung des nur in einem einzelnen Staate Vorgekommenen 3). -- Endlich kann die innere Staatsgeschichte selbst noch in Form einer Bio- graphie erzählt werden, wenn nämlich an dem Gebaren eines sehr einflußreichen und namentlich wesentliche Umgestaltungen in seinem Vaterlande hervorbringenden Staatsmannes der
gedankens den ungeheuren Stoff in natürliche Gruppen und Unterabtheilungen zu bringen. — In der Regel jedoch begnügt ſich ſowohl der Darſteller als der Leſer mit weit geringerem Umfange, indem nur die Staatsgeſchichte eines einzigen Volkes, oder höchſtens einer einzelnen Gruppe von verwandten Stämmen, dargelegt wird. Hier wird denn von dem erſten Erſcheinen des betreffenden Volkes in der Geſchichte bis zur Gegenwart der Hergang der äußeren, d. h. räumlichen, Bildung des Staa- tes und die Entwickelung ſeiner einzelnen Anſtalten und Grund- ſätze in Verfaſſung und Verwaltung dargelegt. Es handelt ſich davon, ſowohl den Geiſt des Ganzen, als den Verlauf jeder wichtigeren Inſtitution nachzuweiſen; und begreiflicher Weiſe dürfen auch ſolche Geſtaltungen des Staatslebens nicht übergangen werden, welche ſpäter vollſtändig erloſchen ſind, falls ſie nur zu ihrer Zeit lebenskräftig und wirkſam waren 2). — Sodann kann aber die innere Staatsgeſchichte auch mono- graphiſch bearbeitet werden. Hier wird denn die Geſchichte einer einzelnen Einrichtung oder eines einzelnen Grundſatzes ausſchließlich erzählt und auf andere Beſtandtheile des Staats- lebens nur inſoferne Rückſicht genommen, als ſie zur vollſtän- digen Begreifung des hervorgehobenen Theiles erforderlich ſind. (So z. B. die Geſchichte des Fürſtenthums, oder der Volks- vertretung, des blos verfaſſungsmäßigen Gehorſams.) Im Uebrigen mag eine ſolche Monographie wieder in doppelter Weiſe angelegt ſein; entweder nämlich als die allgemeine Ge- ſchichte der fraglichen Inſtitutionen bei allen Völkern, welche ſie überhaupt kennen, oder aber als Darſtellung des nur in einem einzelnen Staate Vorgekommenen 3). — Endlich kann die innere Staatsgeſchichte ſelbſt noch in Form einer Bio- graphie erzählt werden, wenn nämlich an dem Gebaren eines ſehr einflußreichen und namentlich weſentliche Umgeſtaltungen in ſeinem Vaterlande hervorbringenden Staatsmannes der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0731"n="717"/>
gedankens den ungeheuren Stoff in natürliche Gruppen und<lb/>
Unterabtheilungen zu bringen. — In der Regel jedoch begnügt ſich<lb/>ſowohl der Darſteller als der Leſer mit weit geringerem Umfange,<lb/>
indem nur die Staatsgeſchichte eines <hirendition="#g">einzigen</hi> Volkes, oder<lb/>
höchſtens einer einzelnen Gruppe von verwandten Stämmen,<lb/>
dargelegt wird. Hier wird denn von dem erſten Erſcheinen<lb/>
des betreffenden Volkes in der Geſchichte bis zur Gegenwart<lb/>
der Hergang der äußeren, d. h. räumlichen, Bildung des Staa-<lb/>
tes und die Entwickelung ſeiner einzelnen Anſtalten und Grund-<lb/>ſätze in Verfaſſung und Verwaltung dargelegt. Es handelt<lb/>ſich davon, ſowohl den Geiſt des Ganzen, als den Verlauf<lb/>
jeder wichtigeren Inſtitution nachzuweiſen; und begreiflicher<lb/>
Weiſe dürfen auch ſolche Geſtaltungen des Staatslebens nicht<lb/>
übergangen werden, welche ſpäter vollſtändig erloſchen ſind,<lb/>
falls ſie nur zu ihrer Zeit lebenskräftig und wirkſam waren <hirendition="#sup">2</hi>).<lb/>— Sodann kann aber die innere Staatsgeſchichte auch <hirendition="#g">mono-<lb/>
graphiſch</hi> bearbeitet werden. Hier wird denn die Geſchichte<lb/>
einer einzelnen Einrichtung oder eines einzelnen Grundſatzes<lb/>
ausſchließlich erzählt und auf andere Beſtandtheile des Staats-<lb/>
lebens nur inſoferne Rückſicht genommen, als ſie zur vollſtän-<lb/>
digen Begreifung des hervorgehobenen Theiles erforderlich ſind.<lb/>
(So z. B. die Geſchichte des Fürſtenthums, oder der Volks-<lb/>
vertretung, des blos verfaſſungsmäßigen Gehorſams.) Im<lb/>
Uebrigen mag eine ſolche Monographie wieder in doppelter<lb/>
Weiſe angelegt ſein; entweder nämlich als die allgemeine Ge-<lb/>ſchichte der fraglichen Inſtitutionen bei allen Völkern, welche<lb/>ſie überhaupt kennen, oder aber als Darſtellung des nur in<lb/>
einem einzelnen Staate Vorgekommenen <hirendition="#sup">3</hi>). — Endlich kann<lb/>
die innere Staatsgeſchichte ſelbſt noch in Form einer <hirendition="#g">Bio-<lb/>
graphie</hi> erzählt werden, wenn nämlich an dem Gebaren eines<lb/>ſehr einflußreichen und namentlich weſentliche Umgeſtaltungen<lb/>
in ſeinem Vaterlande hervorbringenden Staatsmannes der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[717/0731]
gedankens den ungeheuren Stoff in natürliche Gruppen und
Unterabtheilungen zu bringen. — In der Regel jedoch begnügt ſich
ſowohl der Darſteller als der Leſer mit weit geringerem Umfange,
indem nur die Staatsgeſchichte eines einzigen Volkes, oder
höchſtens einer einzelnen Gruppe von verwandten Stämmen,
dargelegt wird. Hier wird denn von dem erſten Erſcheinen
des betreffenden Volkes in der Geſchichte bis zur Gegenwart
der Hergang der äußeren, d. h. räumlichen, Bildung des Staa-
tes und die Entwickelung ſeiner einzelnen Anſtalten und Grund-
ſätze in Verfaſſung und Verwaltung dargelegt. Es handelt
ſich davon, ſowohl den Geiſt des Ganzen, als den Verlauf
jeder wichtigeren Inſtitution nachzuweiſen; und begreiflicher
Weiſe dürfen auch ſolche Geſtaltungen des Staatslebens nicht
übergangen werden, welche ſpäter vollſtändig erloſchen ſind,
falls ſie nur zu ihrer Zeit lebenskräftig und wirkſam waren 2).
— Sodann kann aber die innere Staatsgeſchichte auch mono-
graphiſch bearbeitet werden. Hier wird denn die Geſchichte
einer einzelnen Einrichtung oder eines einzelnen Grundſatzes
ausſchließlich erzählt und auf andere Beſtandtheile des Staats-
lebens nur inſoferne Rückſicht genommen, als ſie zur vollſtän-
digen Begreifung des hervorgehobenen Theiles erforderlich ſind.
(So z. B. die Geſchichte des Fürſtenthums, oder der Volks-
vertretung, des blos verfaſſungsmäßigen Gehorſams.) Im
Uebrigen mag eine ſolche Monographie wieder in doppelter
Weiſe angelegt ſein; entweder nämlich als die allgemeine Ge-
ſchichte der fraglichen Inſtitutionen bei allen Völkern, welche
ſie überhaupt kennen, oder aber als Darſtellung des nur in
einem einzelnen Staate Vorgekommenen 3). — Endlich kann
die innere Staatsgeſchichte ſelbſt noch in Form einer Bio-
graphie erzählt werden, wenn nämlich an dem Gebaren eines
ſehr einflußreichen und namentlich weſentliche Umgeſtaltungen
in ſeinem Vaterlande hervorbringenden Staatsmannes der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/731>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.