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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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von uns sichergestellt werden können, wenn ein verlässiges Zu-
sammenwirken stattfinden soll.

Jedenfalls erfordert es die Klugheit, bei Eingehung eines
Bündnisses sowohl den Fall der gegenseitig zu leistenden Hülfe,
(den sogenannten casus foederis,) als den zu erreichenden Zweck
möglichst genau festzustellen. Sodann ist das beiderseitige Maß
der Leistungen an Mannschaft, Geld und Rüstungen bündig
zu bestimmen, sowie über Ergänzung und etwa nöthige Stei-
gerung Verabredung zu treffen. Endlich muß die Führung des
Befehles gegen den gemeinschaftlichen Feind bestimmt werden.
In letzterer Beziehung ist das Nebeneinanderstehen verschiedener
von einander unabhängiger Befehlshaber sehr bedenklich, indem
leicht Meinungsverschiedenheit über die Kriegsführung oder
sonstiges Zerwürfniß entstehen, dadurch aber die Einheit,
Schnelligkeit und Kraft des Handelns gebrochen werden kann.
Noch entschiedener zu verwerfen ist aber, nach aller geschicht-
lichen Erfahrung, die Zuordnung von überwachenden und be-
schränkenden Bevollmächtigten bei den höchsten Befehlenden,
wenn die Führung ausschließend Einer Macht überlassen werden
soll. Bei einer solchen Einrichtung kann Hemmung in den
besten Planen und innere Zerrüttung des Heeres fast mit
Sicherheit in Aussicht genommen werden 2). Die einzig richtige
Maßregel ist also Uebertragung des vollen und unbeschränkten
Oberbefehles an den Mächtigsten der Verbündeten, oder an
den, welcher unbestreitbar den besten Feldherrn zu stellen im
Stande ist. Wird dies nicht für thunlich erachtet, etwa wegen
entschiedener Abneigung des Volkes und des Heeres ihr Ge-
schick einem Fremden anzuvertrauen, so ist wo möglich eine
getrennte Kriegsführung nach verabredetem gemeinschaftlichem
Plane dem Nebeneinanderstehen Gleichberechtigter vorzuziehen.
-- Die Bezahlung von Subsidien an einen Verbündeten kann
nöthig und vortheilhaft sein, wenn es demselben zwar weder

von uns ſichergeſtellt werden können, wenn ein verläſſiges Zu-
ſammenwirken ſtattfinden ſoll.

Jedenfalls erfordert es die Klugheit, bei Eingehung eines
Bündniſſes ſowohl den Fall der gegenſeitig zu leiſtenden Hülfe,
(den ſogenannten casus foederis,) als den zu erreichenden Zweck
möglichſt genau feſtzuſtellen. Sodann iſt das beiderſeitige Maß
der Leiſtungen an Mannſchaft, Geld und Rüſtungen bündig
zu beſtimmen, ſowie über Ergänzung und etwa nöthige Stei-
gerung Verabredung zu treffen. Endlich muß die Führung des
Befehles gegen den gemeinſchaftlichen Feind beſtimmt werden.
In letzterer Beziehung iſt das Nebeneinanderſtehen verſchiedener
von einander unabhängiger Befehlshaber ſehr bedenklich, indem
leicht Meinungsverſchiedenheit über die Kriegsführung oder
ſonſtiges Zerwürfniß entſtehen, dadurch aber die Einheit,
Schnelligkeit und Kraft des Handelns gebrochen werden kann.
Noch entſchiedener zu verwerfen iſt aber, nach aller geſchicht-
lichen Erfahrung, die Zuordnung von überwachenden und be-
ſchränkenden Bevollmächtigten bei den höchſten Befehlenden,
wenn die Führung ausſchließend Einer Macht überlaſſen werden
ſoll. Bei einer ſolchen Einrichtung kann Hemmung in den
beſten Planen und innere Zerrüttung des Heeres faſt mit
Sicherheit in Ausſicht genommen werden 2). Die einzig richtige
Maßregel iſt alſo Uebertragung des vollen und unbeſchränkten
Oberbefehles an den Mächtigſten der Verbündeten, oder an
den, welcher unbeſtreitbar den beſten Feldherrn zu ſtellen im
Stande iſt. Wird dies nicht für thunlich erachtet, etwa wegen
entſchiedener Abneigung des Volkes und des Heeres ihr Ge-
ſchick einem Fremden anzuvertrauen, ſo iſt wo möglich eine
getrennte Kriegsführung nach verabredetem gemeinſchaftlichem
Plane dem Nebeneinanderſtehen Gleichberechtigter vorzuziehen.
— Die Bezahlung von Subſidien an einen Verbündeten kann
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[695/0709] von uns ſichergeſtellt werden können, wenn ein verläſſiges Zu- ſammenwirken ſtattfinden ſoll. Jedenfalls erfordert es die Klugheit, bei Eingehung eines Bündniſſes ſowohl den Fall der gegenſeitig zu leiſtenden Hülfe, (den ſogenannten casus foederis,) als den zu erreichenden Zweck möglichſt genau feſtzuſtellen. Sodann iſt das beiderſeitige Maß der Leiſtungen an Mannſchaft, Geld und Rüſtungen bündig zu beſtimmen, ſowie über Ergänzung und etwa nöthige Stei- gerung Verabredung zu treffen. Endlich muß die Führung des Befehles gegen den gemeinſchaftlichen Feind beſtimmt werden. In letzterer Beziehung iſt das Nebeneinanderſtehen verſchiedener von einander unabhängiger Befehlshaber ſehr bedenklich, indem leicht Meinungsverſchiedenheit über die Kriegsführung oder ſonſtiges Zerwürfniß entſtehen, dadurch aber die Einheit, Schnelligkeit und Kraft des Handelns gebrochen werden kann. Noch entſchiedener zu verwerfen iſt aber, nach aller geſchicht- lichen Erfahrung, die Zuordnung von überwachenden und be- ſchränkenden Bevollmächtigten bei den höchſten Befehlenden, wenn die Führung ausſchließend Einer Macht überlaſſen werden ſoll. Bei einer ſolchen Einrichtung kann Hemmung in den beſten Planen und innere Zerrüttung des Heeres faſt mit Sicherheit in Ausſicht genommen werden 2). Die einzig richtige Maßregel iſt alſo Uebertragung des vollen und unbeſchränkten Oberbefehles an den Mächtigſten der Verbündeten, oder an den, welcher unbeſtreitbar den beſten Feldherrn zu ſtellen im Stande iſt. Wird dies nicht für thunlich erachtet, etwa wegen entſchiedener Abneigung des Volkes und des Heeres ihr Ge- ſchick einem Fremden anzuvertrauen, ſo iſt wo möglich eine getrennte Kriegsführung nach verabredetem gemeinſchaftlichem Plane dem Nebeneinanderſtehen Gleichberechtigter vorzuziehen. — Die Bezahlung von Subſidien an einen Verbündeten kann nöthig und vortheilhaft ſein, wenn es demſelben zwar weder

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/709>, abgerufen am 24.11.2024.