zur nur theilweisen Bildung der bewaffneten Macht des Staates angewendet werden; aber nicht als ausschließliche Ein- richtung 8).
Seestaaten haben außer dieser Beschaffung der Ver- theidigungsmittel zu Lande auch noch für Kriegsschiffe zu sorgen, theils zur Beschützung ihres Handels auf den Meeren und in fremden Hafen, theils zur Vertheidigung des Landes gegen seewärts erfolgende Angriffe, theils endlich, um möglicherweise einen durch das Meer getrennten Feind erreichen und zu gerechtem Frieden zwingen zu können. Die zur Her- stellung einer Seemacht erforderlichen Mittel an Schiffen und deren Ausrüstung, an Vorräthen aller Art, an sicheren und befestigten Kriegshafen, endlich an geübter Mannschaft sind unermeßlich; daher ist auch die gleichzeitige Herstellung einer Land- und einer Seemacht nur großen und mächtigen Reichen, wenn überhaupt, möglich. Der Mangel an bewaffneten Schiffen freilich gibt den überseeischen Handel eines Staates schutzlos preis, stellt den Staat in Ansehen und Macht weit tiefer, und zwingt ihm manche Demüthigung und Verle- genheit auf.
1) Ueber die Einrichtung des Kriegswesens s. Xylander, J. R. von, Untersuchungen über das Heerwesen. München, 1831. -- Ansichten über Volksbewaffnung und Volkskrieg. Glogau, 1835. -- Bercht, A., Das Kriegswesen in Monarchieen. Frankf., 1841.
2) Neuere Beispiele einer mehr oder weniger glücklichen Verwendung von Landsturm sind die Vertheidigung Tyrols im Jahre 1809, der roya- listische Krieg in der Vendee, die Kämpfe der Araber in Algerien. Allein sie sämmtlich beweisen auch die innere Schwäche des Systemes, indem trotz großer Tapferkeit und Aufopferung und bei mächtiger Unterstützung durch die Beschaffenheit des Landes doch der Zweck nicht erreicht wurde.
3) Die belehrendsten Ausweise über die Vortheile und Mängel, ja Gefahren einer Bürgerwehr, (Nationalgarde,) gibt die Geschichte Frankreichs vom Jahre 1789 bis 1852. Aus rein militärischem Gesichtspunkte sind namentlich die, nichts weniger als günstigen, Erfahrungen der ersten Re- volutionsseldzüge sehr beachtenswerth. Auch die Geschichte des nordameri-
zur nur theilweiſen Bildung der bewaffneten Macht des Staates angewendet werden; aber nicht als ausſchließliche Ein- richtung 8).
Seeſtaaten haben außer dieſer Beſchaffung der Ver- theidigungsmittel zu Lande auch noch für Kriegsſchiffe zu ſorgen, theils zur Beſchützung ihres Handels auf den Meeren und in fremden Hafen, theils zur Vertheidigung des Landes gegen ſeewärts erfolgende Angriffe, theils endlich, um möglicherweiſe einen durch das Meer getrennten Feind erreichen und zu gerechtem Frieden zwingen zu können. Die zur Her- ſtellung einer Seemacht erforderlichen Mittel an Schiffen und deren Ausrüſtung, an Vorräthen aller Art, an ſicheren und befeſtigten Kriegshafen, endlich an geübter Mannſchaft ſind unermeßlich; daher iſt auch die gleichzeitige Herſtellung einer Land- und einer Seemacht nur großen und mächtigen Reichen, wenn überhaupt, möglich. Der Mangel an bewaffneten Schiffen freilich gibt den überſeeiſchen Handel eines Staates ſchutzlos preis, ſtellt den Staat in Anſehen und Macht weit tiefer, und zwingt ihm manche Demüthigung und Verle- genheit auf.
1) Ueber die Einrichtung des Kriegsweſens ſ. Xylander, J. R. von, Unterſuchungen über das Heerweſen. München, 1831. — Anſichten über Volksbewaffnung und Volkskrieg. Glogau, 1835. — Bercht, A., Das Kriegsweſen in Monarchieen. Frankf., 1841.
2) Neuere Beiſpiele einer mehr oder weniger glücklichen Verwendung von Landſturm ſind die Vertheidigung Tyrols im Jahre 1809, der roya- liſtiſche Krieg in der Vendée, die Kämpfe der Araber in Algerien. Allein ſie ſämmtlich beweiſen auch die innere Schwäche des Syſtemes, indem trotz großer Tapferkeit und Aufopferung und bei mächtiger Unterſtützung durch die Beſchaffenheit des Landes doch der Zweck nicht erreicht wurde.
3) Die belehrendſten Ausweiſe über die Vortheile und Mängel, ja Gefahren einer Bürgerwehr, (Nationalgarde,) gibt die Geſchichte Frankreichs vom Jahre 1789 bis 1852. Aus rein militäriſchem Geſichtspunkte ſind namentlich die, nichts weniger als günſtigen, Erfahrungen der erſten Re- volutionsſeldzüge ſehr beachtenswerth. Auch die Geſchichte des nordameri-
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zur nur theilweiſen Bildung der bewaffneten Macht des
Staates angewendet werden; aber nicht als ausſchließliche Ein-
richtung 8).
Seeſtaaten haben außer dieſer Beſchaffung der Ver-
theidigungsmittel zu Lande auch noch für Kriegsſchiffe
zu ſorgen, theils zur Beſchützung ihres Handels auf den
Meeren und in fremden Hafen, theils zur Vertheidigung des
Landes gegen ſeewärts erfolgende Angriffe, theils endlich, um
möglicherweiſe einen durch das Meer getrennten Feind erreichen
und zu gerechtem Frieden zwingen zu können. Die zur Her-
ſtellung einer Seemacht erforderlichen Mittel an Schiffen und
deren Ausrüſtung, an Vorräthen aller Art, an ſicheren und
befeſtigten Kriegshafen, endlich an geübter Mannſchaft ſind
unermeßlich; daher iſt auch die gleichzeitige Herſtellung einer
Land- und einer Seemacht nur großen und mächtigen Reichen,
wenn überhaupt, möglich. Der Mangel an bewaffneten
Schiffen freilich gibt den überſeeiſchen Handel eines Staates
ſchutzlos preis, ſtellt den Staat in Anſehen und Macht
weit tiefer, und zwingt ihm manche Demüthigung und Verle-
genheit auf.
¹⁾ Ueber die Einrichtung des Kriegsweſens ſ. Xylander, J. R. von,
Unterſuchungen über das Heerweſen. München, 1831. — Anſichten über
Volksbewaffnung und Volkskrieg. Glogau, 1835. — Bercht, A., Das
Kriegsweſen in Monarchieen. Frankf., 1841.
²⁾ Neuere Beiſpiele einer mehr oder weniger glücklichen Verwendung
von Landſturm ſind die Vertheidigung Tyrols im Jahre 1809, der roya-
liſtiſche Krieg in der Vendée, die Kämpfe der Araber in Algerien. Allein
ſie ſämmtlich beweiſen auch die innere Schwäche des Syſtemes, indem trotz
großer Tapferkeit und Aufopferung und bei mächtiger Unterſtützung durch
die Beſchaffenheit des Landes doch der Zweck nicht erreicht wurde.
³⁾ Die belehrendſten Ausweiſe über die Vortheile und Mängel, ja
Gefahren einer Bürgerwehr, (Nationalgarde,) gibt die Geſchichte Frankreichs
vom Jahre 1789 bis 1852. Aus rein militäriſchem Geſichtspunkte ſind
namentlich die, nichts weniger als günſtigen, Erfahrungen der erſten Re-
volutionsſeldzüge ſehr beachtenswerth. Auch die Geſchichte des nordameri-
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/706>, abgerufen am 24.11.2024.
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