Da eine Verbindung beider Systeme zur Besorgung des- selben Geschäftskreises kaum ausführbar ist, wenigstens gerade für die hauptsächlichsten Geschäfte das eine oder das andere gewählt werden muß: so ist es wohl das Gerathenste, nach der Art der wesentlichen Aufgaben der Staatsstellen ihre Be- setzung zu bestimmen. Wo es sich also von möglichst allseitiger Erwägung, von der Benützung großer Erfahrung, von der Vermeidung von Einseitigkeiten und Wagnissen handelt, wird die betreffende Behörde collegialisch zu besetzen sein. Wenn hingegen persönliche Aufsicht, rasches Handeln, unmittelbares Auftreten und Bezahlen mit der eigenen Person Bedingung des Gelingens ist, ist ein einzelner Beamter mehr an der Stelle. Die Gefährlichkeit der letzteren Einrichtung ist sodann durch besonders sorgfältige Auswahl und durch strenge Verant- wortlichkeit zu mildern. -- Zu der ersten Art von Behörden gehören namentlich die Gerichte 4), die oberste berathende Behörde, die leitenden Stellen der technischen Geschäftszweige; zu den mit einzelnen Beamten zu besetzenden aber die ausübenden und ausführenden Behörden, also namentlich, etwa mit Ausnahme der Gerichte, sämmtliche Behörden erster Instanz.
3. Von durchgreifender Wichtigkeit ist endlich noch die Art der Gewinnung der Beamten für den öffentlichen Dienst 5). Es sind hier an und für sich viererlei Möglichkeiten: unter allen Bürgern umgehender Reihendienst; Zwangsbezeich- nung Einzelner; Gewinnung unentgeltlich dienender Freiwil- liger; endlich Uebertragung an bezahlte, zwar freiwillig sich meldende, aber nur unter gewissen Bedingungen angenommene Bewerber. Die durchschnittliche Tüchtigkeit der auf diese ver- schiedene Weise Gewonnenen ist eine sehr verschiedene. -- Wenn bei einem Reihendienste etwa auch die Alleruntauglichsten aus- geschlossen werden, so kann doch hier nur auf das gewöhnlichste Maß der geistigen Fähigkeiten und auf ganz elementare Bil-
Da eine Verbindung beider Syſteme zur Beſorgung des- ſelben Geſchäftskreiſes kaum ausführbar iſt, wenigſtens gerade für die hauptſächlichſten Geſchäfte das eine oder das andere gewählt werden muß: ſo iſt es wohl das Gerathenſte, nach der Art der weſentlichen Aufgaben der Staatsſtellen ihre Be- ſetzung zu beſtimmen. Wo es ſich alſo von möglichſt allſeitiger Erwägung, von der Benützung großer Erfahrung, von der Vermeidung von Einſeitigkeiten und Wagniſſen handelt, wird die betreffende Behörde collegialiſch zu beſetzen ſein. Wenn hingegen perſönliche Aufſicht, raſches Handeln, unmittelbares Auftreten und Bezahlen mit der eigenen Perſon Bedingung des Gelingens iſt, iſt ein einzelner Beamter mehr an der Stelle. Die Gefährlichkeit der letzteren Einrichtung iſt ſodann durch beſonders ſorgfältige Auswahl und durch ſtrenge Verant- wortlichkeit zu mildern. — Zu der erſten Art von Behörden gehören namentlich die Gerichte 4), die oberſte berathende Behörde, die leitenden Stellen der techniſchen Geſchäftszweige; zu den mit einzelnen Beamten zu beſetzenden aber die ausübenden und ausführenden Behörden, alſo namentlich, etwa mit Ausnahme der Gerichte, ſämmtliche Behörden erſter Inſtanz.
3. Von durchgreifender Wichtigkeit iſt endlich noch die Art der Gewinnung der Beamten für den öffentlichen Dienſt 5). Es ſind hier an und für ſich viererlei Möglichkeiten: unter allen Bürgern umgehender Reihendienſt; Zwangsbezeich- nung Einzelner; Gewinnung unentgeltlich dienender Freiwil- liger; endlich Uebertragung an bezahlte, zwar freiwillig ſich meldende, aber nur unter gewiſſen Bedingungen angenommene Bewerber. Die durchſchnittliche Tüchtigkeit der auf dieſe ver- ſchiedene Weiſe Gewonnenen iſt eine ſehr verſchiedene. — Wenn bei einem Reihendienſte etwa auch die Alleruntauglichſten aus- geſchloſſen werden, ſo kann doch hier nur auf das gewöhnlichſte Maß der geiſtigen Fähigkeiten und auf ganz elementare Bil-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><pbfacs="#f0664"n="650"/><p>Da eine Verbindung beider Syſteme zur Beſorgung des-<lb/>ſelben Geſchäftskreiſes kaum ausführbar iſt, wenigſtens gerade<lb/>
für die hauptſächlichſten Geſchäfte das eine oder das andere<lb/>
gewählt werden muß: ſo iſt es wohl das Gerathenſte, nach<lb/>
der Art der weſentlichen Aufgaben der Staatsſtellen ihre Be-<lb/>ſetzung zu beſtimmen. Wo es ſich alſo von möglichſt allſeitiger<lb/>
Erwägung, von der Benützung großer Erfahrung, von der<lb/>
Vermeidung von Einſeitigkeiten und Wagniſſen handelt, wird<lb/>
die betreffende Behörde collegialiſch zu beſetzen ſein. Wenn<lb/>
hingegen perſönliche Aufſicht, raſches Handeln, unmittelbares<lb/>
Auftreten und Bezahlen mit der eigenen Perſon Bedingung<lb/>
des Gelingens iſt, iſt ein einzelner Beamter mehr an der<lb/>
Stelle. Die Gefährlichkeit der letzteren Einrichtung iſt ſodann<lb/>
durch beſonders ſorgfältige Auswahl und durch ſtrenge Verant-<lb/>
wortlichkeit zu mildern. — Zu der erſten Art von Behörden<lb/>
gehören namentlich die Gerichte <hirendition="#sup">4</hi>), die oberſte berathende Behörde,<lb/>
die leitenden Stellen der techniſchen Geſchäftszweige; zu den<lb/>
mit einzelnen Beamten zu beſetzenden aber die ausübenden und<lb/>
ausführenden Behörden, alſo namentlich, etwa mit Ausnahme<lb/>
der Gerichte, ſämmtliche Behörden erſter Inſtanz.</p><lb/><p>3. Von durchgreifender Wichtigkeit iſt endlich noch die<lb/><hirendition="#g">Art der Gewinnung der Beamten</hi> für den öffentlichen<lb/>
Dienſt <hirendition="#sup">5</hi>). Es ſind hier an und für ſich viererlei Möglichkeiten:<lb/>
unter allen Bürgern umgehender Reihendienſt; Zwangsbezeich-<lb/>
nung Einzelner; Gewinnung unentgeltlich dienender Freiwil-<lb/>
liger; endlich Uebertragung an bezahlte, zwar freiwillig ſich<lb/>
meldende, aber nur unter gewiſſen Bedingungen angenommene<lb/>
Bewerber. Die durchſchnittliche Tüchtigkeit der auf dieſe ver-<lb/>ſchiedene Weiſe Gewonnenen iſt eine ſehr verſchiedene. — Wenn<lb/>
bei einem Reihendienſte etwa auch die Alleruntauglichſten aus-<lb/>
geſchloſſen werden, ſo kann doch hier nur auf das gewöhnlichſte<lb/>
Maß der geiſtigen Fähigkeiten und auf ganz elementare Bil-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[650/0664]
Da eine Verbindung beider Syſteme zur Beſorgung des-
ſelben Geſchäftskreiſes kaum ausführbar iſt, wenigſtens gerade
für die hauptſächlichſten Geſchäfte das eine oder das andere
gewählt werden muß: ſo iſt es wohl das Gerathenſte, nach
der Art der weſentlichen Aufgaben der Staatsſtellen ihre Be-
ſetzung zu beſtimmen. Wo es ſich alſo von möglichſt allſeitiger
Erwägung, von der Benützung großer Erfahrung, von der
Vermeidung von Einſeitigkeiten und Wagniſſen handelt, wird
die betreffende Behörde collegialiſch zu beſetzen ſein. Wenn
hingegen perſönliche Aufſicht, raſches Handeln, unmittelbares
Auftreten und Bezahlen mit der eigenen Perſon Bedingung
des Gelingens iſt, iſt ein einzelner Beamter mehr an der
Stelle. Die Gefährlichkeit der letzteren Einrichtung iſt ſodann
durch beſonders ſorgfältige Auswahl und durch ſtrenge Verant-
wortlichkeit zu mildern. — Zu der erſten Art von Behörden
gehören namentlich die Gerichte 4), die oberſte berathende Behörde,
die leitenden Stellen der techniſchen Geſchäftszweige; zu den
mit einzelnen Beamten zu beſetzenden aber die ausübenden und
ausführenden Behörden, alſo namentlich, etwa mit Ausnahme
der Gerichte, ſämmtliche Behörden erſter Inſtanz.
3. Von durchgreifender Wichtigkeit iſt endlich noch die
Art der Gewinnung der Beamten für den öffentlichen
Dienſt 5). Es ſind hier an und für ſich viererlei Möglichkeiten:
unter allen Bürgern umgehender Reihendienſt; Zwangsbezeich-
nung Einzelner; Gewinnung unentgeltlich dienender Freiwil-
liger; endlich Uebertragung an bezahlte, zwar freiwillig ſich
meldende, aber nur unter gewiſſen Bedingungen angenommene
Bewerber. Die durchſchnittliche Tüchtigkeit der auf dieſe ver-
ſchiedene Weiſe Gewonnenen iſt eine ſehr verſchiedene. — Wenn
bei einem Reihendienſte etwa auch die Alleruntauglichſten aus-
geſchloſſen werden, ſo kann doch hier nur auf das gewöhnlichſte
Maß der geiſtigen Fähigkeiten und auf ganz elementare Bil-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/664>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.