Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.2. Die Besorgung jedes Staatsgeschäftes kann, mit a. Bei der Behandlung durch eine Mehrzahl (ein Collegium) ist gewiß: eine größere Summe von Erfahrung; Wider- spruch gegen excentrische Ansichten und besondere Neigungen oder Abneigungen Einzelner; Erschwerung von Bestechung; aber auch größerer Zeitaufwand und Schwerfälligkeit. Wahrscheinlich ist: umsichtigere Ueberlegung; Ent- deckung von Nachlässigkeiten oder Fehlern im Schließen; aber auch geringere Theilnahme an der Aufgabe; weniger Thatkraft und Folgerichtigkeit; Zurückweisung ungewöhn- lich geistreicher Gedanken und gewagter Unternehmungen. Möglich endlich ist: allmälige Gewinnung und feste Einhaltung von Erfahrungssätzen; dagegen auch geistlose Starrheit und träges Festhalten am Gewohnten. b. Bei der Uebertragung eines Amtes an einen Einzelnen aber ist gewiß: große Zeitersparniß, leichtere Beweglich- keit, das Gefühl des Alleinstehens mit heilsamen oder schädlichen Folgen je nach der Persönlichkeit, großer Ein- fluß der Talente, Neigungen und Fehler eines Einzelnen auf den Erfolg der Geschäfte, leichtere Möglichkeit der Einwirkung durch unerlaubte Mittel und von verschiedener Seite; wahrscheinlich: fühlbare Veränderung in der Verwaltung bei einem Wechsel der Person oder mit dem Alter, persönliche Anhänglichkeit der Untergebenen an einen tüchtigen Mann, aber auch schlechtere Besorgung solcher Geschäfte, welche der Eigenthümlichkeit des Beamten nicht zusagen; möglich endlich eine vollständige Vernachlässigung der ganzen Aufgabe. 2. Die Beſorgung jedes Staatsgeſchäftes kann, mit a. Bei der Behandlung durch eine Mehrzahl (ein Collegium) iſt gewiß: eine größere Summe von Erfahrung; Wider- ſpruch gegen excentriſche Anſichten und beſondere Neigungen oder Abneigungen Einzelner; Erſchwerung von Beſtechung; aber auch größerer Zeitaufwand und Schwerfälligkeit. Wahrſcheinlich iſt: umſichtigere Ueberlegung; Ent- deckung von Nachläſſigkeiten oder Fehlern im Schließen; aber auch geringere Theilnahme an der Aufgabe; weniger Thatkraft und Folgerichtigkeit; Zurückweiſung ungewöhn- lich geiſtreicher Gedanken und gewagter Unternehmungen. Möglich endlich iſt: allmälige Gewinnung und feſte Einhaltung von Erfahrungsſätzen; dagegen auch geiſtloſe Starrheit und träges Feſthalten am Gewohnten. b. Bei der Uebertragung eines Amtes an einen Einzelnen aber iſt gewiß: große Zeiterſparniß, leichtere Beweglich- keit, das Gefühl des Alleinſtehens mit heilſamen oder ſchädlichen Folgen je nach der Perſönlichkeit, großer Ein- fluß der Talente, Neigungen und Fehler eines Einzelnen auf den Erfolg der Geſchäfte, leichtere Möglichkeit der Einwirkung durch unerlaubte Mittel und von verſchiedener Seite; wahrſcheinlich: fühlbare Veränderung in der Verwaltung bei einem Wechſel der Perſon oder mit dem Alter, perſönliche Anhänglichkeit der Untergebenen an einen tüchtigen Mann, aber auch ſchlechtere Beſorgung ſolcher Geſchäfte, welche der Eigenthümlichkeit des Beamten nicht zuſagen; möglich endlich eine vollſtändige Vernachläſſigung der ganzen Aufgabe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0663" n="649"/> <p>2. 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2. Die Beſorgung jedes Staatsgeſchäftes kann, mit
Ausnahme des wirklichen Handanlegens, einem einzelnen
Beamten oder einer Mehrzahl übertragen ſein 3). Die
durchſchnittlichen Folgen der beiden Beſetzungsarten ſind nach-
folgende:
a. Bei der Behandlung durch eine Mehrzahl (ein Collegium)
iſt gewiß: eine größere Summe von Erfahrung; Wider-
ſpruch gegen excentriſche Anſichten und beſondere Neigungen
oder Abneigungen Einzelner; Erſchwerung von Beſtechung;
aber auch größerer Zeitaufwand und Schwerfälligkeit.
Wahrſcheinlich iſt: umſichtigere Ueberlegung; Ent-
deckung von Nachläſſigkeiten oder Fehlern im Schließen;
aber auch geringere Theilnahme an der Aufgabe; weniger
Thatkraft und Folgerichtigkeit; Zurückweiſung ungewöhn-
lich geiſtreicher Gedanken und gewagter Unternehmungen.
Möglich endlich iſt: allmälige Gewinnung und feſte
Einhaltung von Erfahrungsſätzen; dagegen auch geiſtloſe
Starrheit und träges Feſthalten am Gewohnten.
b. Bei der Uebertragung eines Amtes an einen Einzelnen
aber iſt gewiß: große Zeiterſparniß, leichtere Beweglich-
keit, das Gefühl des Alleinſtehens mit heilſamen oder
ſchädlichen Folgen je nach der Perſönlichkeit, großer Ein-
fluß der Talente, Neigungen und Fehler eines Einzelnen
auf den Erfolg der Geſchäfte, leichtere Möglichkeit der
Einwirkung durch unerlaubte Mittel und von verſchiedener
Seite; wahrſcheinlich: fühlbare Veränderung in der
Verwaltung bei einem Wechſel der Perſon oder mit dem
Alter, perſönliche Anhänglichkeit der Untergebenen an einen
tüchtigen Mann, aber auch ſchlechtere Beſorgung ſolcher
Geſchäfte, welche der Eigenthümlichkeit des Beamten nicht
zuſagen; möglich endlich eine vollſtändige Vernachläſſigung
der ganzen Aufgabe.
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