streckt sich aber über alle Theile und Beziehungen des Staats- lebens, so daß es nicht nur für alle Staatsgattungen und -Arten Politik giebt, sondern ebenso gut eine innere, wie eine äußere.
Offenbar verlangt nun eine vollständige Uebersicht über die wissenschaftliche Bearbeitung des Staatslebens eine Berück- sichtigung sämmtlicher Lehren, welche aus der Anwendung dieser drei Arten von Gesetzen auf das einheitliche Zusammenleben der Menschen entstehen. Diese Berücksichtigung kann aber auf verschiedene Weise vor sich gehen. Es ist nämlich hier ebenfalls an und für sich möglich, jede einzelne Frage aus allen drei Gesichtspunkten zu betrachten und sie auf solche Weise vollstän- dig zu erläutern und umsichtig festzustellen. Allein wenn, wie oben ausgeführt wurde, wenigstens für bestimmte Zwecke einer Encyklopädie die äußerliche Ordnung vorzuziehen ist, so mögen die aus den drei verschiedenen obersten Anschauungen entstehen- den Sätze auch in geschlossenen Lehrsystemen vereinigt gehalten und in logischer Neben- und Unter-Ordnung zu dem beab- sichtigten übersichtlichen Ganzen zusammengestellt werden. -- In gegenwärtigem Werke ist diese letztere Anordnung befolgt.
Was aber die aus einer Encyklopädie der Staatswissen- schaften auszuschließenden Fächer betrifft, so ist hier (vgl. oben, § 8) vor Allen aufmerksam zu machen auf sämmt- liche Wissenschaften der übrigen menschlichen Lebenskreise, und auf alle blos allgemeinen menschlichen Vorkenntnisse. Demge- mäß sind denn namentlich zurückzuweisen: das natürliche Privatrecht; die gesammten Gesellschaftswissenschaften; die ganze Wirthschaftslehre, mit Ausnahme der polizeilichen Unterstützung der Vermögensthätigkeit der Bürger und der Staatshaushal- tungskunde oder Finanzwissenschaft 6); endlich die Kenntnisse und Fertigkeiten, welche einem Staatsmanne seine formelle Thä- tigkeit erleichtern oder ihm Einfluß auf seine Umgebung ver- schaffen.
4*
ſtreckt ſich aber über alle Theile und Beziehungen des Staats- lebens, ſo daß es nicht nur für alle Staatsgattungen und -Arten Politik giebt, ſondern ebenſo gut eine innere, wie eine äußere.
Offenbar verlangt nun eine vollſtändige Ueberſicht über die wiſſenſchaftliche Bearbeitung des Staatslebens eine Berück- ſichtigung ſämmtlicher Lehren, welche aus der Anwendung dieſer drei Arten von Geſetzen auf das einheitliche Zuſammenleben der Menſchen entſtehen. Dieſe Berückſichtigung kann aber auf verſchiedene Weiſe vor ſich gehen. Es iſt nämlich hier ebenfalls an und für ſich möglich, jede einzelne Frage aus allen drei Geſichtspunkten zu betrachten und ſie auf ſolche Weiſe vollſtän- dig zu erläutern und umſichtig feſtzuſtellen. Allein wenn, wie oben ausgeführt wurde, wenigſtens für beſtimmte Zwecke einer Encyklopädie die äußerliche Ordnung vorzuziehen iſt, ſo mögen die aus den drei verſchiedenen oberſten Anſchauungen entſtehen- den Sätze auch in geſchloſſenen Lehrſyſtemen vereinigt gehalten und in logiſcher Neben- und Unter-Ordnung zu dem beab- ſichtigten überſichtlichen Ganzen zuſammengeſtellt werden. — In gegenwärtigem Werke iſt dieſe letztere Anordnung befolgt.
Was aber die aus einer Encyklopädie der Staatswiſſen- ſchaften auszuſchließenden Fächer betrifft, ſo iſt hier (vgl. oben, § 8) vor Allen aufmerkſam zu machen auf ſämmt- liche Wiſſenſchaften der übrigen menſchlichen Lebenskreiſe, und auf alle blos allgemeinen menſchlichen Vorkenntniſſe. Demge- mäß ſind denn namentlich zurückzuweiſen: das natürliche Privatrecht; die geſammten Geſellſchaftswiſſenſchaften; die ganze Wirthſchaftslehre, mit Ausnahme der polizeilichen Unterſtützung der Vermögensthätigkeit der Bürger und der Staatshaushal- tungskunde oder Finanzwiſſenſchaft 6); endlich die Kenntniſſe und Fertigkeiten, welche einem Staatsmanne ſeine formelle Thä- tigkeit erleichtern oder ihm Einfluß auf ſeine Umgebung ver- ſchaffen.
4*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0065"n="51"/>ſtreckt ſich aber über alle Theile und Beziehungen des Staats-<lb/>
lebens, ſo daß es nicht nur für alle Staatsgattungen und -Arten<lb/>
Politik giebt, ſondern ebenſo gut eine innere, wie eine äußere.</p><lb/><p>Offenbar verlangt nun eine vollſtändige Ueberſicht über<lb/>
die wiſſenſchaftliche Bearbeitung des Staatslebens eine Berück-<lb/>ſichtigung ſämmtlicher Lehren, welche aus der Anwendung dieſer<lb/>
drei Arten von Geſetzen auf das einheitliche Zuſammenleben<lb/>
der Menſchen entſtehen. Dieſe Berückſichtigung kann aber auf<lb/>
verſchiedene Weiſe vor ſich gehen. Es iſt nämlich hier ebenfalls<lb/>
an und für ſich möglich, jede einzelne Frage aus allen drei<lb/>
Geſichtspunkten zu betrachten und ſie auf ſolche Weiſe vollſtän-<lb/>
dig zu erläutern und umſichtig feſtzuſtellen. Allein wenn, wie<lb/>
oben ausgeführt wurde, wenigſtens für beſtimmte Zwecke einer<lb/>
Encyklopädie die äußerliche Ordnung vorzuziehen iſt, ſo mögen<lb/>
die aus den drei verſchiedenen oberſten Anſchauungen entſtehen-<lb/>
den Sätze auch in geſchloſſenen Lehrſyſtemen vereinigt gehalten<lb/>
und in logiſcher Neben- und Unter-Ordnung zu dem beab-<lb/>ſichtigten überſichtlichen Ganzen zuſammengeſtellt werden. — In<lb/>
gegenwärtigem Werke iſt dieſe letztere Anordnung befolgt.</p><lb/><p>Was aber die aus einer Encyklopädie der Staatswiſſen-<lb/>ſchaften <hirendition="#g">auszuſchließenden</hi> Fächer betrifft, ſo iſt hier<lb/>
(vgl. oben, § 8) vor Allen aufmerkſam zu machen auf ſämmt-<lb/>
liche Wiſſenſchaften der übrigen menſchlichen Lebenskreiſe, und<lb/>
auf alle blos allgemeinen menſchlichen Vorkenntniſſe. Demge-<lb/>
mäß ſind denn namentlich zurückzuweiſen: das natürliche<lb/>
Privatrecht; die geſammten Geſellſchaftswiſſenſchaften; die ganze<lb/>
Wirthſchaftslehre, mit Ausnahme der polizeilichen Unterſtützung<lb/>
der Vermögensthätigkeit der Bürger und der Staatshaushal-<lb/>
tungskunde oder Finanzwiſſenſchaft <hirendition="#sup">6</hi>); endlich die Kenntniſſe und<lb/>
Fertigkeiten, welche einem Staatsmanne ſeine formelle Thä-<lb/>
tigkeit erleichtern oder ihm Einfluß auf ſeine Umgebung ver-<lb/>ſchaffen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">4*</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[51/0065]
ſtreckt ſich aber über alle Theile und Beziehungen des Staats-
lebens, ſo daß es nicht nur für alle Staatsgattungen und -Arten
Politik giebt, ſondern ebenſo gut eine innere, wie eine äußere.
Offenbar verlangt nun eine vollſtändige Ueberſicht über
die wiſſenſchaftliche Bearbeitung des Staatslebens eine Berück-
ſichtigung ſämmtlicher Lehren, welche aus der Anwendung dieſer
drei Arten von Geſetzen auf das einheitliche Zuſammenleben
der Menſchen entſtehen. Dieſe Berückſichtigung kann aber auf
verſchiedene Weiſe vor ſich gehen. Es iſt nämlich hier ebenfalls
an und für ſich möglich, jede einzelne Frage aus allen drei
Geſichtspunkten zu betrachten und ſie auf ſolche Weiſe vollſtän-
dig zu erläutern und umſichtig feſtzuſtellen. Allein wenn, wie
oben ausgeführt wurde, wenigſtens für beſtimmte Zwecke einer
Encyklopädie die äußerliche Ordnung vorzuziehen iſt, ſo mögen
die aus den drei verſchiedenen oberſten Anſchauungen entſtehen-
den Sätze auch in geſchloſſenen Lehrſyſtemen vereinigt gehalten
und in logiſcher Neben- und Unter-Ordnung zu dem beab-
ſichtigten überſichtlichen Ganzen zuſammengeſtellt werden. — In
gegenwärtigem Werke iſt dieſe letztere Anordnung befolgt.
Was aber die aus einer Encyklopädie der Staatswiſſen-
ſchaften auszuſchließenden Fächer betrifft, ſo iſt hier
(vgl. oben, § 8) vor Allen aufmerkſam zu machen auf ſämmt-
liche Wiſſenſchaften der übrigen menſchlichen Lebenskreiſe, und
auf alle blos allgemeinen menſchlichen Vorkenntniſſe. Demge-
mäß ſind denn namentlich zurückzuweiſen: das natürliche
Privatrecht; die geſammten Geſellſchaftswiſſenſchaften; die ganze
Wirthſchaftslehre, mit Ausnahme der polizeilichen Unterſtützung
der Vermögensthätigkeit der Bürger und der Staatshaushal-
tungskunde oder Finanzwiſſenſchaft 6); endlich die Kenntniſſe und
Fertigkeiten, welche einem Staatsmanne ſeine formelle Thä-
tigkeit erleichtern oder ihm Einfluß auf ſeine Umgebung ver-
ſchaffen.
4*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/65>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.