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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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wenigsten selbst verletzen darf. Die Strafe muß folglich jedenfalls
verhältnißmäßig sein, darf nicht entsittlichend wirken, und kann
nur nach genügend hergestelltem Beweise der Schuldhaftigkeit
erkannt werden. Daß nur Gerichte Strafen erkennen dürfen,
ist zwar in Beziehung auf abzuwendende Rechtsverletzungen
außer Zweifel; dagegen ist die Zuständigkeit von Rechtsbehör-
den keineswegs zuzugeben, wenn es sich von der Durchführung
anderweitiger Aufgaben des Staates handelt. Möglicher Miß-
brauch und die größere Uebung der Gerichte in Handhabung
der Strafgewalt werden freilich zu einer Uebertragung des
Strafrechtes in allen schwereren Fällen rathen. -- Die zur
Anwendung unmittelbaren Zwanges dienende Macht muß eine
nach den Bedürfnissen gegliederte und verschiedenartige sein, und
ist auszuüben durch eigens dazu bestellte, körperlich und
geistig tüchtige Agenten. Durchaus ist dafür zu sorgen, daß
sie dem ihr möglicherweise entgegentretenden Ungehorsame ent-
schieden überlegen sei. Dies erfordert denn aber dreierlei Vorkeh-
rungen: eine in jeder einzelnen geschlossenen Gemeinde bleibend
befindliche Gewalt, für die sich hier ereignenden Fälle; eine
bewegliche und sich beständig bewegende Macht zur Beaufsich-
tigung des ganzen Staatsgebietes; endlich einen bedeutenden
Rückhalt für außerordentliche Umstände. Die regelmäßige ört-
liche Macht wird gebildet durch die Polizeimannschaft der Ge-
meinden, der Natur der Sache nach in der verschiedensten
Abstufung von einem einzelnen Gemeindediener bis zu einem
kleinen Heere 5). Eine Beiziehung der Bürger zu diesem
Dienste kann rechtlich ohne Zweifel vertheidigt werden, und
wird auch in besondern Fällen angewendet werden müssen;
allein nur bei einem staatlich sehr ausgebildeten und dem
Gesetze aus eignem Antriebe gehorsamen Volke kann viel hierauf
gerechnet werden. Die bewegliche Macht des Staates zur
Erzwingung von Gehorsam ist die Gensdarmerie, welche den

wenigſten ſelbſt verletzen darf. Die Strafe muß folglich jedenfalls
verhältnißmäßig ſein, darf nicht entſittlichend wirken, und kann
nur nach genügend hergeſtelltem Beweiſe der Schuldhaftigkeit
erkannt werden. Daß nur Gerichte Strafen erkennen dürfen,
iſt zwar in Beziehung auf abzuwendende Rechtsverletzungen
außer Zweifel; dagegen iſt die Zuſtändigkeit von Rechtsbehör-
den keineswegs zuzugeben, wenn es ſich von der Durchführung
anderweitiger Aufgaben des Staates handelt. Möglicher Miß-
brauch und die größere Uebung der Gerichte in Handhabung
der Strafgewalt werden freilich zu einer Uebertragung des
Strafrechtes in allen ſchwereren Fällen rathen. — Die zur
Anwendung unmittelbaren Zwanges dienende Macht muß eine
nach den Bedürfniſſen gegliederte und verſchiedenartige ſein, und
iſt auszuüben durch eigens dazu beſtellte, körperlich und
geiſtig tüchtige Agenten. Durchaus iſt dafür zu ſorgen, daß
ſie dem ihr möglicherweiſe entgegentretenden Ungehorſame ent-
ſchieden überlegen ſei. Dies erfordert denn aber dreierlei Vorkeh-
rungen: eine in jeder einzelnen geſchloſſenen Gemeinde bleibend
befindliche Gewalt, für die ſich hier ereignenden Fälle; eine
bewegliche und ſich beſtändig bewegende Macht zur Beaufſich-
tigung des ganzen Staatsgebietes; endlich einen bedeutenden
Rückhalt für außerordentliche Umſtände. Die regelmäßige ört-
liche Macht wird gebildet durch die Polizeimannſchaft der Ge-
meinden, der Natur der Sache nach in der verſchiedenſten
Abſtufung von einem einzelnen Gemeindediener bis zu einem
kleinen Heere 5). Eine Beiziehung der Bürger zu dieſem
Dienſte kann rechtlich ohne Zweifel vertheidigt werden, und
wird auch in beſondern Fällen angewendet werden müſſen;
allein nur bei einem ſtaatlich ſehr ausgebildeten und dem
Geſetze aus eignem Antriebe gehorſamen Volke kann viel hierauf
gerechnet werden. Die bewegliche Macht des Staates zur
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[607/0621] wenigſten ſelbſt verletzen darf. Die Strafe muß folglich jedenfalls verhältnißmäßig ſein, darf nicht entſittlichend wirken, und kann nur nach genügend hergeſtelltem Beweiſe der Schuldhaftigkeit erkannt werden. Daß nur Gerichte Strafen erkennen dürfen, iſt zwar in Beziehung auf abzuwendende Rechtsverletzungen außer Zweifel; dagegen iſt die Zuſtändigkeit von Rechtsbehör- den keineswegs zuzugeben, wenn es ſich von der Durchführung anderweitiger Aufgaben des Staates handelt. Möglicher Miß- brauch und die größere Uebung der Gerichte in Handhabung der Strafgewalt werden freilich zu einer Uebertragung des Strafrechtes in allen ſchwereren Fällen rathen. — Die zur Anwendung unmittelbaren Zwanges dienende Macht muß eine nach den Bedürfniſſen gegliederte und verſchiedenartige ſein, und iſt auszuüben durch eigens dazu beſtellte, körperlich und geiſtig tüchtige Agenten. Durchaus iſt dafür zu ſorgen, daß ſie dem ihr möglicherweiſe entgegentretenden Ungehorſame ent- ſchieden überlegen ſei. Dies erfordert denn aber dreierlei Vorkeh- rungen: eine in jeder einzelnen geſchloſſenen Gemeinde bleibend befindliche Gewalt, für die ſich hier ereignenden Fälle; eine bewegliche und ſich beſtändig bewegende Macht zur Beaufſich- tigung des ganzen Staatsgebietes; endlich einen bedeutenden Rückhalt für außerordentliche Umſtände. Die regelmäßige ört- liche Macht wird gebildet durch die Polizeimannſchaft der Ge- meinden, der Natur der Sache nach in der verſchiedenſten Abſtufung von einem einzelnen Gemeindediener bis zu einem kleinen Heere 5). Eine Beiziehung der Bürger zu dieſem Dienſte kann rechtlich ohne Zweifel vertheidigt werden, und wird auch in beſondern Fällen angewendet werden müſſen; allein nur bei einem ſtaatlich ſehr ausgebildeten und dem Geſetze aus eignem Antriebe gehorſamen Volke kann viel hierauf gerechnet werden. Die bewegliche Macht des Staates zur Erzwingung von Gehorſam iſt die Gensdarmerie, welche den

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/621>, abgerufen am 24.11.2024.