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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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und sind daher gegen jede grundsätzliche Beschränkung der
freiesten Bewegung. Beide Standpunkte suchen sie denn durch
Bemühung um Verbesserung des Looses der Einzelnen zu ver-
einigen, sei es indem sie dieselben zu dem unvermeidlichen
Kampfe möglichst gut ausrüsten, z. B. durch Erziehung,
Sittlichkeit, Religiosität, Sparsamkeit, sei es daß sie bestimmte
Erscheinungen der Massenarmuth, etwa schlechte Wohnungen, schäd-
liche Arbeitsplätze, Verfälschung der Lebensmittel, Hülflosigkeit
in Krankheit und Alter u. s. w. durch Unterstützung und In-
telligenz wegzuräumen bemüht sind. Unzweifelhaft sind alle diese
Bemühungen vortrefflich und sittlich höchst löblich; allein sie stellen
sich eine hoffnungslose Aufgabe. Wenn das Uebel nicht selbst
angegriffen wird, sondern nur in seinen Folgen, so ist keine
Heilung möglich. Die Aufgabe ist nicht: reichlich und zweck-
mäßig Almosen zu geben, sondern sie ist, dafür zu sorgen,
daß keine eines Almosens Bedürftigen vorhanden seien 7). -- Nur
durch eine vollständige Umwälzung des ganzen bestehenden Ver-
mögens- und Wirthschaftssystemes glauben die Sozialisten und
Communisten helfen zu können. An die Stelle der jetzigen
Einrichtungen schlagen sie mannchfache und unter sich sehr
verschiedene Zustände vor. So wie nun aber ihre oben bezeich-
neten Angriffe auf das itzt bestehende System auf Mißverständ-
nissen und Mißkennen der menschlichen Natur beruhen, und
wie namentlich die Beseitigung des persönlichen Eigenthumes
ganz unmittelbar zur Barbarei und allgemeiner Armuth führen
würde: so sind auch die vorgeschlagenen Mittel ganz unhaltbar,
entweder lächerliche Hirngespinnste oder Vorschläge zu der här-
testen und allgemeinsten Zwangsarbeit. Von dieser Seite ist
also nicht nur keine Verbesserung, sondern im Gegentheil
Untergang aller Gesittigung und alles Rechtes zu erwarten.

Da somit einer Seits die sämmtlichen Systeme der Bevor-
rechtung unerlaubt und untauglich sind, anderer Seits Com-

und ſind daher gegen jede grundſätzliche Beſchränkung der
freieſten Bewegung. Beide Standpunkte ſuchen ſie denn durch
Bemühung um Verbeſſerung des Looſes der Einzelnen zu ver-
einigen, ſei es indem ſie dieſelben zu dem unvermeidlichen
Kampfe möglichſt gut ausrüſten, z. B. durch Erziehung,
Sittlichkeit, Religioſität, Sparſamkeit, ſei es daß ſie beſtimmte
Erſcheinungen der Maſſenarmuth, etwa ſchlechte Wohnungen, ſchäd-
liche Arbeitsplätze, Verfälſchung der Lebensmittel, Hülfloſigkeit
in Krankheit und Alter u. ſ. w. durch Unterſtützung und In-
telligenz wegzuräumen bemüht ſind. Unzweifelhaft ſind alle dieſe
Bemühungen vortrefflich und ſittlich höchſt löblich; allein ſie ſtellen
ſich eine hoffnungsloſe Aufgabe. Wenn das Uebel nicht ſelbſt
angegriffen wird, ſondern nur in ſeinen Folgen, ſo iſt keine
Heilung möglich. Die Aufgabe iſt nicht: reichlich und zweck-
mäßig Almoſen zu geben, ſondern ſie iſt, dafür zu ſorgen,
daß keine eines Almoſens Bedürftigen vorhanden ſeien 7). — Nur
durch eine vollſtändige Umwälzung des ganzen beſtehenden Ver-
mögens- und Wirthſchaftsſyſtemes glauben die Sozialiſten und
Communiſten helfen zu können. An die Stelle der jetzigen
Einrichtungen ſchlagen ſie mannchfache und unter ſich ſehr
verſchiedene Zuſtände vor. So wie nun aber ihre oben bezeich-
neten Angriffe auf das itzt beſtehende Syſtem auf Mißverſtänd-
niſſen und Mißkennen der menſchlichen Natur beruhen, und
wie namentlich die Beſeitigung des perſönlichen Eigenthumes
ganz unmittelbar zur Barbarei und allgemeiner Armuth führen
würde: ſo ſind auch die vorgeſchlagenen Mittel ganz unhaltbar,
entweder lächerliche Hirngeſpinnſte oder Vorſchläge zu der här-
teſten und allgemeinſten Zwangsarbeit. Von dieſer Seite iſt
alſo nicht nur keine Verbeſſerung, ſondern im Gegentheil
Untergang aller Geſittigung und alles Rechtes zu erwarten.

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rechtung unerlaubt und untauglich ſind, anderer Seits Com-

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[590/0604] und ſind daher gegen jede grundſätzliche Beſchränkung der freieſten Bewegung. Beide Standpunkte ſuchen ſie denn durch Bemühung um Verbeſſerung des Looſes der Einzelnen zu ver- einigen, ſei es indem ſie dieſelben zu dem unvermeidlichen Kampfe möglichſt gut ausrüſten, z. B. durch Erziehung, Sittlichkeit, Religioſität, Sparſamkeit, ſei es daß ſie beſtimmte Erſcheinungen der Maſſenarmuth, etwa ſchlechte Wohnungen, ſchäd- liche Arbeitsplätze, Verfälſchung der Lebensmittel, Hülfloſigkeit in Krankheit und Alter u. ſ. w. durch Unterſtützung und In- telligenz wegzuräumen bemüht ſind. Unzweifelhaft ſind alle dieſe Bemühungen vortrefflich und ſittlich höchſt löblich; allein ſie ſtellen ſich eine hoffnungsloſe Aufgabe. Wenn das Uebel nicht ſelbſt angegriffen wird, ſondern nur in ſeinen Folgen, ſo iſt keine Heilung möglich. Die Aufgabe iſt nicht: reichlich und zweck- mäßig Almoſen zu geben, ſondern ſie iſt, dafür zu ſorgen, daß keine eines Almoſens Bedürftigen vorhanden ſeien 7). — Nur durch eine vollſtändige Umwälzung des ganzen beſtehenden Ver- mögens- und Wirthſchaftsſyſtemes glauben die Sozialiſten und Communiſten helfen zu können. An die Stelle der jetzigen Einrichtungen ſchlagen ſie mannchfache und unter ſich ſehr verſchiedene Zuſtände vor. So wie nun aber ihre oben bezeich- neten Angriffe auf das itzt beſtehende Syſtem auf Mißverſtänd- niſſen und Mißkennen der menſchlichen Natur beruhen, und wie namentlich die Beſeitigung des perſönlichen Eigenthumes ganz unmittelbar zur Barbarei und allgemeiner Armuth führen würde: ſo ſind auch die vorgeſchlagenen Mittel ganz unhaltbar, entweder lächerliche Hirngeſpinnſte oder Vorſchläge zu der här- teſten und allgemeinſten Zwangsarbeit. Von dieſer Seite iſt alſo nicht nur keine Verbeſſerung, ſondern im Gegentheil Untergang aller Geſittigung und alles Rechtes zu erwarten. Da ſomit einer Seits die ſämmtlichen Syſteme der Bevor- rechtung unerlaubt und untauglich ſind, anderer Seits Com-

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/604>, abgerufen am 24.11.2024.