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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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aber mag auch der Besitz ganz vereinzelt liegender und
an sich weder zum Handeln noch zur Erzeugung einer
größern Menge von Rohstoffen dienender Punkte mili-
tärische und somit politische Vortheile darbieten, wenn jene
nämlich leicht zugänglich und vertheidigbar, zu gleicher
Zeit aber zur Beobachtung von Gegnern oder zu Stütz-
punkten für Flotten und Heere geeignet sind 4).
c. Endlich ist es eine unnatürliche und mannchfach schädliche
Gestaltung des Gebietes, wenn ein anliegender Staat
einen tief einlaufenden Winkel in das diesseitige Land
bildet. Hierdurch wird nicht nur die Verbindung unter-
brochen, manche finanzielle oder Sicherheitseinrichtung
erschwert, sondern es kann auch in militärischen Beziehungen
höchst bedenklich sein.

4. Ein Staat, welcher durch seine geographische Lage
gehindert ist an dem Weltverkehre Antheil zu nehmen, bleibt
nothwendig ärmer und unbedeutender, als seine sonstigen Hülfs-
quellen es mit sich brächten. Eine solche Theilnahme ist aber
bedingt durch die Erstreckung des Gebietes bis zum freien
Weltmeere; und ein nur ungenügender Ersatz ist das Recht
der Benützung einer Stromschifffahrt bis zum Meere oder die
Theilnahme an guten Verbindungsmitteln zu Lande, also
namentlich an ausgedehnten Eisenbahnsystemen. Bedürfniß für
jeden größeren Staat ist es daher, wenigstens an Einem aus
dem Inneren zugänglichen Punkte bis zum offenen Meere zu
reichen 5). Eine Ausnahme machen hier höchstens ganz rohe
und auf die Erzeugung der eigenen nothwendigsten Bedürfnisse
beschränkte Völker, welche keinen nennenswerthen auswärtigen
Verkehr haben; sodann etwa Theokratieeen, als welche sich
überhaupt soviel als möglich vom Verkehre mit Andersgläubigen
abschließen 6).

5. Sowohl für den Nationalreichthum und für die Zahl

aber mag auch der Beſitz ganz vereinzelt liegender und
an ſich weder zum Handeln noch zur Erzeugung einer
größern Menge von Rohſtoffen dienender Punkte mili-
täriſche und ſomit politiſche Vortheile darbieten, wenn jene
nämlich leicht zugänglich und vertheidigbar, zu gleicher
Zeit aber zur Beobachtung von Gegnern oder zu Stütz-
punkten für Flotten und Heere geeignet ſind 4).
c. Endlich iſt es eine unnatürliche und mannchfach ſchädliche
Geſtaltung des Gebietes, wenn ein anliegender Staat
einen tief einlaufenden Winkel in das dieſſeitige Land
bildet. Hierdurch wird nicht nur die Verbindung unter-
brochen, manche finanzielle oder Sicherheitseinrichtung
erſchwert, ſondern es kann auch in militäriſchen Beziehungen
höchſt bedenklich ſein.

4. Ein Staat, welcher durch ſeine geographiſche Lage
gehindert iſt an dem Weltverkehre Antheil zu nehmen, bleibt
nothwendig ärmer und unbedeutender, als ſeine ſonſtigen Hülfs-
quellen es mit ſich brächten. Eine ſolche Theilnahme iſt aber
bedingt durch die Erſtreckung des Gebietes bis zum freien
Weltmeere; und ein nur ungenügender Erſatz iſt das Recht
der Benützung einer Stromſchifffahrt bis zum Meere oder die
Theilnahme an guten Verbindungsmitteln zu Lande, alſo
namentlich an ausgedehnten Eiſenbahnſyſtemen. Bedürfniß für
jeden größeren Staat iſt es daher, wenigſtens an Einem aus
dem Inneren zugänglichen Punkte bis zum offenen Meere zu
reichen 5). Eine Ausnahme machen hier höchſtens ganz rohe
und auf die Erzeugung der eigenen nothwendigſten Bedürfniſſe
beſchränkte Völker, welche keinen nennenswerthen auswärtigen
Verkehr haben; ſodann etwa Theokratieeen, als welche ſich
überhaupt ſoviel als möglich vom Verkehre mit Andersgläubigen
abſchließen 6).

5. Sowohl für den Nationalreichthum und für die Zahl

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[567/0581] aber mag auch der Beſitz ganz vereinzelt liegender und an ſich weder zum Handeln noch zur Erzeugung einer größern Menge von Rohſtoffen dienender Punkte mili- täriſche und ſomit politiſche Vortheile darbieten, wenn jene nämlich leicht zugänglich und vertheidigbar, zu gleicher Zeit aber zur Beobachtung von Gegnern oder zu Stütz- punkten für Flotten und Heere geeignet ſind 4). c. Endlich iſt es eine unnatürliche und mannchfach ſchädliche Geſtaltung des Gebietes, wenn ein anliegender Staat einen tief einlaufenden Winkel in das dieſſeitige Land bildet. Hierdurch wird nicht nur die Verbindung unter- brochen, manche finanzielle oder Sicherheitseinrichtung erſchwert, ſondern es kann auch in militäriſchen Beziehungen höchſt bedenklich ſein. 4. Ein Staat, welcher durch ſeine geographiſche Lage gehindert iſt an dem Weltverkehre Antheil zu nehmen, bleibt nothwendig ärmer und unbedeutender, als ſeine ſonſtigen Hülfs- quellen es mit ſich brächten. Eine ſolche Theilnahme iſt aber bedingt durch die Erſtreckung des Gebietes bis zum freien Weltmeere; und ein nur ungenügender Erſatz iſt das Recht der Benützung einer Stromſchifffahrt bis zum Meere oder die Theilnahme an guten Verbindungsmitteln zu Lande, alſo namentlich an ausgedehnten Eiſenbahnſyſtemen. Bedürfniß für jeden größeren Staat iſt es daher, wenigſtens an Einem aus dem Inneren zugänglichen Punkte bis zum offenen Meere zu reichen 5). Eine Ausnahme machen hier höchſtens ganz rohe und auf die Erzeugung der eigenen nothwendigſten Bedürfniſſe beſchränkte Völker, welche keinen nennenswerthen auswärtigen Verkehr haben; ſodann etwa Theokratieeen, als welche ſich überhaupt ſoviel als möglich vom Verkehre mit Andersgläubigen abſchließen 6). 5. Sowohl für den Nationalreichthum und für die Zahl

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/581>, abgerufen am 24.11.2024.