Verbreitung von Unsittlichkeit, Zerstörung von Kapital, Unter- bleiben von Verbesserungen. Ein Krieg ist also sittlich nur im äußersten Nothfalle, und überdieß nur zur Vertheidigung großer Rechte gestattet. Vielmehr muß vor Allem Unterlassung aller unbilligen Forderungen und Verträglichkeit in sämmtlichen Verhält- nissen zum Auslande gefordert werden. Kriegführung aus bloßer Ruhmsliebe, aus Eroberungslust oder Habsucht, und selbst wegen unbedeutender Beschwerden unternommen, ist die größte sittliche Unthat, welche ein Mensch begehen kann, weil keine andere schlechte Handlung mit so weit ausgedehnten und selten eine mit so schweren Leiden für die Mitmenschen verbunden ist; und auch wenn Krieg aus gerechten Ursachen, also zur Verthei- digung wichtiger Rechte, geführt werden muß, ist eine vor- gängige Anwendung aller wirksamen und ehrenhaften Beile- gungsmittel unerläßliche Pflicht. Daher sind nicht nur dem einzelnen Falle eines entstehenden Zerwürfnisses Unterhandlungen und Vorschläge zu billiger Beseitigung des Beschwerdegrundes anzuwenden; sondern es ist hauptsächlich auch eine hohe sittliche Aufgabe für sämmtliche gesittigte Staaten, auf die allgemeine Einführung einer friedlichen und gerechten Einrichtung zur friedlichen Entscheidung von internationalen Streitigkeiten, (etwa von Schiedsgerichten,) hinzuwirken und sich der zu Stande gebrachten wirklich zu bedienen 2).
6. Duldung unnöthiger Uebelzufügung im Kriege, z. B. gegen friedliche Einwohner, muthwillige Zerstörungen von Eigenthum, Aussaugung eroberter feindlicher Provinzen über das Bedürfniß des eigenen Heeres hinaus. -- Hier ist dann strengste Mannszucht, Humanität und Mäßigung im Verlangen Pflicht.
1) Eine sittliche Betrachtung der internationalen Verhältnisse wird von Publicisten sehr selten angestellt; mit Ausnahme etwa der Schriftsteller über den ewigen Frieden und der Stimmführer der Friedens-Congresse,
Verbreitung von Unſittlichkeit, Zerſtörung von Kapital, Unter- bleiben von Verbeſſerungen. Ein Krieg iſt alſo ſittlich nur im äußerſten Nothfalle, und überdieß nur zur Vertheidigung großer Rechte geſtattet. Vielmehr muß vor Allem Unterlaſſung aller unbilligen Forderungen und Verträglichkeit in ſämmtlichen Verhält- niſſen zum Auslande gefordert werden. Kriegführung aus bloßer Ruhmsliebe, aus Eroberungsluſt oder Habſucht, und ſelbſt wegen unbedeutender Beſchwerden unternommen, iſt die größte ſittliche Unthat, welche ein Menſch begehen kann, weil keine andere ſchlechte Handlung mit ſo weit ausgedehnten und ſelten eine mit ſo ſchweren Leiden für die Mitmenſchen verbunden iſt; und auch wenn Krieg aus gerechten Urſachen, alſo zur Verthei- digung wichtiger Rechte, geführt werden muß, iſt eine vor- gängige Anwendung aller wirkſamen und ehrenhaften Beile- gungsmittel unerläßliche Pflicht. Daher ſind nicht nur dem einzelnen Falle eines entſtehenden Zerwürfniſſes Unterhandlungen und Vorſchläge zu billiger Beſeitigung des Beſchwerdegrundes anzuwenden; ſondern es iſt hauptſächlich auch eine hohe ſittliche Aufgabe für ſämmtliche geſittigte Staaten, auf die allgemeine Einführung einer friedlichen und gerechten Einrichtung zur friedlichen Entſcheidung von internationalen Streitigkeiten, (etwa von Schiedsgerichten,) hinzuwirken und ſich der zu Stande gebrachten wirklich zu bedienen 2).
6. Duldung unnöthiger Uebelzufügung im Kriege, z. B. gegen friedliche Einwohner, muthwillige Zerſtörungen von Eigenthum, Ausſaugung eroberter feindlicher Provinzen über das Bedürfniß des eigenen Heeres hinaus. — Hier iſt dann ſtrengſte Mannszucht, Humanität und Mäßigung im Verlangen Pflicht.
1) Eine ſittliche Betrachtung der internationalen Verhältniſſe wird von Publiciſten ſehr ſelten angeſtellt; mit Ausnahme etwa der Schriftſteller über den ewigen Frieden und der Stimmführer der Friedens-Congreſſe,
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Verbreitung von Unſittlichkeit, Zerſtörung von Kapital, Unter-
bleiben von Verbeſſerungen. Ein Krieg iſt alſo ſittlich nur im
äußerſten Nothfalle, und überdieß nur zur Vertheidigung großer
Rechte geſtattet. Vielmehr muß vor Allem Unterlaſſung aller
unbilligen Forderungen und Verträglichkeit in ſämmtlichen Verhält-
niſſen zum Auslande gefordert werden. Kriegführung aus bloßer
Ruhmsliebe, aus Eroberungsluſt oder Habſucht, und ſelbſt
wegen unbedeutender Beſchwerden unternommen, iſt die größte
ſittliche Unthat, welche ein Menſch begehen kann, weil keine
andere ſchlechte Handlung mit ſo weit ausgedehnten und ſelten
eine mit ſo ſchweren Leiden für die Mitmenſchen verbunden iſt;
und auch wenn Krieg aus gerechten Urſachen, alſo zur Verthei-
digung wichtiger Rechte, geführt werden muß, iſt eine vor-
gängige Anwendung aller wirkſamen und ehrenhaften Beile-
gungsmittel unerläßliche Pflicht. Daher ſind nicht nur dem
einzelnen Falle eines entſtehenden Zerwürfniſſes Unterhandlungen
und Vorſchläge zu billiger Beſeitigung des Beſchwerdegrundes
anzuwenden; ſondern es iſt hauptſächlich auch eine hohe ſittliche
Aufgabe für ſämmtliche geſittigte Staaten, auf die allgemeine
Einführung einer friedlichen und gerechten Einrichtung zur
friedlichen Entſcheidung von internationalen Streitigkeiten, (etwa
von Schiedsgerichten,) hinzuwirken und ſich der zu Stande
gebrachten wirklich zu bedienen 2).
6. Duldung unnöthiger Uebelzufügung im Kriege,
z. B. gegen friedliche Einwohner, muthwillige Zerſtörungen von
Eigenthum, Ausſaugung eroberter feindlicher Provinzen über
das Bedürfniß des eigenen Heeres hinaus. — Hier iſt dann
ſtrengſte Mannszucht, Humanität und Mäßigung im Verlangen
Pflicht.
¹⁾ Eine ſittliche Betrachtung der internationalen Verhältniſſe wird
von Publiciſten ſehr ſelten angeſtellt; mit Ausnahme etwa der Schriftſteller
über den ewigen Frieden und der Stimmführer der Friedens-Congreſſe,
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/551>, abgerufen am 27.11.2024.
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