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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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tung und greift überdies fördernd in das ganze Volksleben ein.
Die sittliche Pflicht des Regenten ist, weder schlaffe Weichlich-
keit noch leidenschaftliche Härte bei den Strafen, bei den Be-
lohnungen aber nur Berücksichtigung wahren Verdienstes obwalten
zu lassen 5). Persönliche Beziehungen dürfen weder bei den
Strafen noch bei den Belohnungen eingreifen; namentlich also
soll das Begnadigungsrecht nur da, wo es in den beim ein-
zelnen Falle obwaltenden Umständen begründet ist, nicht aber
etwa zur Verherrlichung von Familienfesten oder persönlichen
erfreulichen Ereignissen gebraucht werden.

7. Die Stellung eines Staatsoberhauptes bringt große
Ausgaben mit sich; entsprechende Einnahmen sind daher noth-
wendig, und es ist nicht unsittlich sie zu verlangen. Wohl
aber ist es eine Verletzung der sittlichen Pflicht, die Geldfor-
derungen an den Staat zu den persönlichen Ausgaben über
das wirkliche Bedürfniß hinaus zu steigern, wobei
nicht außer Acht zu lassen ist, daß nicht Prunk und Verschwen-
dung, sondern im Gegentheile Einfachheit der äußeren Erscheinung
wahre Größe und Würde ist, und daß Luxus an der Spitze
allmälig die ganze Gesellschaft durchdringt und das Volk zur
Verarmung und Entsittlichung führt. Es ist nicht blos ein
Beweis von kleinlicher Gesinnung und Mangel an wahrer
Bildung, sondern wahrhaft unsittlich, wenn die großen einem
Staatsoberhaupt persönlich zur Verfügung gestellten Mittel auf
eine nichtige Weise vergeudet, nicht aber zu bedeutenden und
bleibenden Werken und für höhere Bildung verwendet werden.

8. Wohlwollen und Wohlthätigkeit sind Pflich-
ten des Hochgestellten und des Reichen; um so mehr also eines
Staatsoberhauptes. Doch ist nicht blos Härte und Geiz, son-
dern auch schlaffe Weichheit und Mangel an Unterscheidung
und Nachdenken hier ein Fehler.

9. Ein musterhaftes Privatleben ist bei einem

tung und greift überdies fördernd in das ganze Volksleben ein.
Die ſittliche Pflicht des Regenten iſt, weder ſchlaffe Weichlich-
keit noch leidenſchaftliche Härte bei den Strafen, bei den Be-
lohnungen aber nur Berückſichtigung wahren Verdienſtes obwalten
zu laſſen 5). Perſönliche Beziehungen dürfen weder bei den
Strafen noch bei den Belohnungen eingreifen; namentlich alſo
ſoll das Begnadigungsrecht nur da, wo es in den beim ein-
zelnen Falle obwaltenden Umſtänden begründet iſt, nicht aber
etwa zur Verherrlichung von Familienfeſten oder perſönlichen
erfreulichen Ereigniſſen gebraucht werden.

7. Die Stellung eines Staatsoberhauptes bringt große
Ausgaben mit ſich; entſprechende Einnahmen ſind daher noth-
wendig, und es iſt nicht unſittlich ſie zu verlangen. Wohl
aber iſt es eine Verletzung der ſittlichen Pflicht, die Geldfor-
derungen an den Staat zu den perſönlichen Ausgaben über
das wirkliche Bedürfniß hinaus zu ſteigern, wobei
nicht außer Acht zu laſſen iſt, daß nicht Prunk und Verſchwen-
dung, ſondern im Gegentheile Einfachheit der äußeren Erſcheinung
wahre Größe und Würde iſt, und daß Luxus an der Spitze
allmälig die ganze Geſellſchaft durchdringt und das Volk zur
Verarmung und Entſittlichung führt. Es iſt nicht blos ein
Beweis von kleinlicher Geſinnung und Mangel an wahrer
Bildung, ſondern wahrhaft unſittlich, wenn die großen einem
Staatsoberhaupt perſönlich zur Verfügung geſtellten Mittel auf
eine nichtige Weiſe vergeudet, nicht aber zu bedeutenden und
bleibenden Werken und für höhere Bildung verwendet werden.

8. Wohlwollen und Wohlthätigkeit ſind Pflich-
ten des Hochgeſtellten und des Reichen; um ſo mehr alſo eines
Staatsoberhauptes. Doch iſt nicht blos Härte und Geiz, ſon-
dern auch ſchlaffe Weichheit und Mangel an Unterſcheidung
und Nachdenken hier ein Fehler.

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[522/0536] tung und greift überdies fördernd in das ganze Volksleben ein. Die ſittliche Pflicht des Regenten iſt, weder ſchlaffe Weichlich- keit noch leidenſchaftliche Härte bei den Strafen, bei den Be- lohnungen aber nur Berückſichtigung wahren Verdienſtes obwalten zu laſſen 5). Perſönliche Beziehungen dürfen weder bei den Strafen noch bei den Belohnungen eingreifen; namentlich alſo ſoll das Begnadigungsrecht nur da, wo es in den beim ein- zelnen Falle obwaltenden Umſtänden begründet iſt, nicht aber etwa zur Verherrlichung von Familienfeſten oder perſönlichen erfreulichen Ereigniſſen gebraucht werden. 7. Die Stellung eines Staatsoberhauptes bringt große Ausgaben mit ſich; entſprechende Einnahmen ſind daher noth- wendig, und es iſt nicht unſittlich ſie zu verlangen. Wohl aber iſt es eine Verletzung der ſittlichen Pflicht, die Geldfor- derungen an den Staat zu den perſönlichen Ausgaben über das wirkliche Bedürfniß hinaus zu ſteigern, wobei nicht außer Acht zu laſſen iſt, daß nicht Prunk und Verſchwen- dung, ſondern im Gegentheile Einfachheit der äußeren Erſcheinung wahre Größe und Würde iſt, und daß Luxus an der Spitze allmälig die ganze Geſellſchaft durchdringt und das Volk zur Verarmung und Entſittlichung führt. Es iſt nicht blos ein Beweis von kleinlicher Geſinnung und Mangel an wahrer Bildung, ſondern wahrhaft unſittlich, wenn die großen einem Staatsoberhaupt perſönlich zur Verfügung geſtellten Mittel auf eine nichtige Weiſe vergeudet, nicht aber zu bedeutenden und bleibenden Werken und für höhere Bildung verwendet werden. 8. Wohlwollen und Wohlthätigkeit ſind Pflich- ten des Hochgeſtellten und des Reichen; um ſo mehr alſo eines Staatsoberhauptes. Doch iſt nicht blos Härte und Geiz, ſon- dern auch ſchlaffe Weichheit und Mangel an Unterſcheidung und Nachdenken hier ein Fehler. 9. Ein muſterhaftes Privatleben iſt bei einem

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/536>, abgerufen am 24.11.2024.