bigungsschreiben (Creditiv), welches er in mehr oder weniger feierlicher Audienz zu übergeben hat; die zu einem Congresse, Bundestage oder zur Erledigung eines einzelnen bestimmten Geschäftes abgeordneten Gesandten werden mit einer Vollmacht versehen. Strenge genommen beginnt die Gesandtschaft sowie der volle Genuß der gesandtschaftlichen Rechte erst mit der Entgegennahme dieser Urkunden. -- Beim Aufhören einer Ge- sandtschaft wird ein Abberufungsschreiben übergeben und erhält der bisherige Gesandte ein Recreditiv von dem beschickten Staats- oberhaupte. -- Bei Consuln finden nur Ernennungsdecrete, bei Commissarien blos Vollmachten statt 3).
Sämmtliche zu den Gesandten im weiteren Sinne gehö- rigen Personen (nicht aber auch Consuln und diplomatische Agenten ohne Gesandteneigenschaft) haben Unantastbarkeit ihrer Person und vollständige Unabhängigkeit von der beschickten Re- gierung in großem Maße in Anspruch zu nehmen. -- Die Unverletzlichkeit der Person eines Gesandten findet nicht blos in Beziehung auf Handlungen statt, welche von der be- schickten Regierung ausgehen möchten, sondern auch gegenüber von den einzelnen Unterthanen, welche wegen Verletzung eines Gesandten strenge zu bestrafen sind. Auch die sämmtlichen Untergeordneten eines Gesandten, seine Familie und seine Diener- schaft genießen diesen völkerrechtlichen Schutz. Weniger gewis- senhaft ist die europäische Gewohnheit, nicht eben zu ihrer Ehre, hinsichtlich des schriftlichen Verkehres der Gesandten. -- Die Befreiung von jeder Botmäßigkeit gegen den beschickten Staat die s. g. Exteritorialität der Gesandten, geht nach posi- tivem Völkerrechte sehr weit, und begreift namentlich folgende Rechte in sich:
gänzliche Befreiung von jeder Gerichtsbarkeit, sei es in bürgerlichen sei es in Staatssachen. Selbst wegen einer während der Dauer der Gesandtschaft begangenen Handlung
bigungsſchreiben (Creditiv), welches er in mehr oder weniger feierlicher Audienz zu übergeben hat; die zu einem Congreſſe, Bundestage oder zur Erledigung eines einzelnen beſtimmten Geſchäftes abgeordneten Geſandten werden mit einer Vollmacht verſehen. Strenge genommen beginnt die Geſandtſchaft ſowie der volle Genuß der geſandtſchaftlichen Rechte erſt mit der Entgegennahme dieſer Urkunden. — Beim Aufhören einer Ge- ſandtſchaft wird ein Abberufungsſchreiben übergeben und erhält der bisherige Geſandte ein Recreditiv von dem beſchickten Staats- oberhaupte. — Bei Conſuln finden nur Ernennungsdecrete, bei Commiſſarien blos Vollmachten ſtatt 3).
Sämmtliche zu den Geſandten im weiteren Sinne gehö- rigen Perſonen (nicht aber auch Conſuln und diplomatiſche Agenten ohne Geſandteneigenſchaft) haben Unantaſtbarkeit ihrer Perſon und vollſtändige Unabhängigkeit von der beſchickten Re- gierung in großem Maße in Anſpruch zu nehmen. — Die Unverletzlichkeit der Perſon eines Geſandten findet nicht blos in Beziehung auf Handlungen ſtatt, welche von der be- ſchickten Regierung ausgehen möchten, ſondern auch gegenüber von den einzelnen Unterthanen, welche wegen Verletzung eines Geſandten ſtrenge zu beſtrafen ſind. Auch die ſämmtlichen Untergeordneten eines Geſandten, ſeine Familie und ſeine Diener- ſchaft genießen dieſen völkerrechtlichen Schutz. Weniger gewiſ- ſenhaft iſt die europäiſche Gewohnheit, nicht eben zu ihrer Ehre, hinſichtlich des ſchriftlichen Verkehres der Geſandten. — Die Befreiung von jeder Botmäßigkeit gegen den beſchickten Staat die ſ. g. Exteritorialität der Geſandten, geht nach poſi- tivem Völkerrechte ſehr weit, und begreift namentlich folgende Rechte in ſich:
gänzliche Befreiung von jeder Gerichtsbarkeit, ſei es in bürgerlichen ſei es in Staatsſachen. Selbſt wegen einer während der Dauer der Geſandtſchaft begangenen Handlung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0496"n="482"/>
bigungsſchreiben (Creditiv), welches er in mehr oder weniger<lb/>
feierlicher Audienz zu übergeben hat; die zu einem Congreſſe,<lb/>
Bundestage oder zur Erledigung eines einzelnen beſtimmten<lb/>
Geſchäftes abgeordneten Geſandten werden mit einer Vollmacht<lb/>
verſehen. Strenge genommen beginnt die Geſandtſchaft ſowie<lb/>
der volle Genuß der geſandtſchaftlichen Rechte erſt mit der<lb/>
Entgegennahme dieſer Urkunden. — Beim Aufhören einer Ge-<lb/>ſandtſchaft wird ein Abberufungsſchreiben übergeben und erhält<lb/>
der bisherige Geſandte ein Recreditiv von dem beſchickten Staats-<lb/>
oberhaupte. — Bei Conſuln finden nur Ernennungsdecrete, bei<lb/>
Commiſſarien blos Vollmachten ſtatt <hirendition="#sup">3</hi>).</p><lb/><p>Sämmtliche zu den Geſandten im weiteren Sinne gehö-<lb/>
rigen Perſonen (nicht aber auch Conſuln und diplomatiſche<lb/>
Agenten ohne Geſandteneigenſchaft) haben Unantaſtbarkeit ihrer<lb/>
Perſon und vollſtändige Unabhängigkeit von der beſchickten Re-<lb/>
gierung in großem Maße in Anſpruch zu nehmen. — Die<lb/><hirendition="#g">Unverletzlichkeit der Perſon</hi> eines Geſandten findet nicht<lb/>
blos in Beziehung auf Handlungen ſtatt, welche von der be-<lb/>ſchickten Regierung ausgehen möchten, ſondern auch gegenüber<lb/>
von den einzelnen Unterthanen, welche wegen Verletzung eines<lb/>
Geſandten ſtrenge zu beſtrafen ſind. Auch die ſämmtlichen<lb/>
Untergeordneten eines Geſandten, ſeine Familie und ſeine Diener-<lb/>ſchaft genießen dieſen völkerrechtlichen Schutz. Weniger gewiſ-<lb/>ſenhaft iſt die europäiſche Gewohnheit, nicht eben zu ihrer Ehre,<lb/>
hinſichtlich des ſchriftlichen Verkehres der Geſandten. — Die<lb/>
Befreiung von jeder Botmäßigkeit gegen den beſchickten Staat<lb/>
die ſ. g. <hirendition="#g">Exteritorialität</hi> der Geſandten, geht nach poſi-<lb/>
tivem Völkerrechte ſehr weit, und begreift namentlich folgende<lb/>
Rechte in ſich:</p><lb/><p>gänzliche Befreiung von jeder <hirendition="#g">Gerichtsbarkeit</hi>, ſei es<lb/>
in bürgerlichen ſei es in Staatsſachen. Selbſt wegen einer<lb/>
während der Dauer der Geſandtſchaft begangenen Handlung<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[482/0496]
bigungsſchreiben (Creditiv), welches er in mehr oder weniger
feierlicher Audienz zu übergeben hat; die zu einem Congreſſe,
Bundestage oder zur Erledigung eines einzelnen beſtimmten
Geſchäftes abgeordneten Geſandten werden mit einer Vollmacht
verſehen. Strenge genommen beginnt die Geſandtſchaft ſowie
der volle Genuß der geſandtſchaftlichen Rechte erſt mit der
Entgegennahme dieſer Urkunden. — Beim Aufhören einer Ge-
ſandtſchaft wird ein Abberufungsſchreiben übergeben und erhält
der bisherige Geſandte ein Recreditiv von dem beſchickten Staats-
oberhaupte. — Bei Conſuln finden nur Ernennungsdecrete, bei
Commiſſarien blos Vollmachten ſtatt 3).
Sämmtliche zu den Geſandten im weiteren Sinne gehö-
rigen Perſonen (nicht aber auch Conſuln und diplomatiſche
Agenten ohne Geſandteneigenſchaft) haben Unantaſtbarkeit ihrer
Perſon und vollſtändige Unabhängigkeit von der beſchickten Re-
gierung in großem Maße in Anſpruch zu nehmen. — Die
Unverletzlichkeit der Perſon eines Geſandten findet nicht
blos in Beziehung auf Handlungen ſtatt, welche von der be-
ſchickten Regierung ausgehen möchten, ſondern auch gegenüber
von den einzelnen Unterthanen, welche wegen Verletzung eines
Geſandten ſtrenge zu beſtrafen ſind. Auch die ſämmtlichen
Untergeordneten eines Geſandten, ſeine Familie und ſeine Diener-
ſchaft genießen dieſen völkerrechtlichen Schutz. Weniger gewiſ-
ſenhaft iſt die europäiſche Gewohnheit, nicht eben zu ihrer Ehre,
hinſichtlich des ſchriftlichen Verkehres der Geſandten. — Die
Befreiung von jeder Botmäßigkeit gegen den beſchickten Staat
die ſ. g. Exteritorialität der Geſandten, geht nach poſi-
tivem Völkerrechte ſehr weit, und begreift namentlich folgende
Rechte in ſich:
gänzliche Befreiung von jeder Gerichtsbarkeit, ſei es
in bürgerlichen ſei es in Staatsſachen. Selbſt wegen einer
während der Dauer der Geſandtſchaft begangenen Handlung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/496>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.