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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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Der völkerrechtliche Schutz, die Berechtigung zur Vornahme
jeder Gattung von Geschästen und die Vertretung der schickenden
Regierung sowie ihrer Unterthanen ist bei allen Arten von
Gesandten gleich; und ebenso sind die Handlungen der verschie-
denen Arten von Gesandten vor dem Rechte gleichbedeutend,
es sei die Erwerbung von Ansprüchen oder die Uebernahme
von Verbindlichkeiten in Frage. Nicht jeder Staat hat jedoch
das Recht, jede ihm beliebige Art von Gesandten zu schicken,
sondern kleinere Staaten müssen sich mit den untergeordneten
Rangstufen begnügen; immer aber wird gegenseitige Beschickung
mit Gesandten gleichen Ranges verlangt.

Nebenpersonen bei Gesandtschaften, welche zwar nicht das
Recht selbstständiger Geschäftsführung für ihre Regierung, wohl
aber einen Anspruch auf völkerrechtlichen persönlichen Schutz
haben, sind: Gesandtschaftsräthe, Secretäre, Offiziere, Attaches;
wohl auch Dolmetscher, Kaplane u. s. f.

2. Consuln, d. h. Beamte zur Wahrung der Handels-
sowie Schifffahrtsrechte und -Interessen in einem fremden Lande.
Mit der Besorgung allgemeiner politischer oder überhaupt anderer
als den Verkehr der einzelnen Unterthanen betreffenden Geschäfte
sind sie grundsätzlich nicht beauftragt; doch finden Ausnahmen
statt, theils in Abwesenheit jeder Art von Gesandtschaft und
in besonderem Auftrage, theils aber in der Levante, d. h.
gegenüber von muhamedanischen Staaten und von den höheren
örtlichen Beamten derselben. Namentlich werden Consuln nicht
selten verwendet, wenn die noch nicht vollständig geordneten
völkerrechtlichen Verhältnisse, z. B. die noch nicht förmlich
erfolgte Anerkennung eines neuen Staates, die Absendung
einer förmlichen Gesandtschaft nicht gestatten. Ein Staat kann
Consuln nicht nur neben seiner Gesandtschaft, sondern sogar
eine größere Anzahl derselben an verschiedenen Orten des fremden
Landes bestellen; häufig sind sie nicht einmal eigentliche Beamte

Der völkerrechtliche Schutz, die Berechtigung zur Vornahme
jeder Gattung von Geſchäſten und die Vertretung der ſchickenden
Regierung ſowie ihrer Unterthanen iſt bei allen Arten von
Geſandten gleich; und ebenſo ſind die Handlungen der verſchie-
denen Arten von Geſandten vor dem Rechte gleichbedeutend,
es ſei die Erwerbung von Anſprüchen oder die Uebernahme
von Verbindlichkeiten in Frage. Nicht jeder Staat hat jedoch
das Recht, jede ihm beliebige Art von Geſandten zu ſchicken,
ſondern kleinere Staaten müſſen ſich mit den untergeordneten
Rangſtufen begnügen; immer aber wird gegenſeitige Beſchickung
mit Geſandten gleichen Ranges verlangt.

Nebenperſonen bei Geſandtſchaften, welche zwar nicht das
Recht ſelbſtſtändiger Geſchäftsführung für ihre Regierung, wohl
aber einen Anſpruch auf völkerrechtlichen perſönlichen Schutz
haben, ſind: Geſandtſchaftsräthe, Secretäre, Offiziere, Attachés;
wohl auch Dolmetſcher, Kaplane u. ſ. f.

2. Conſuln, d. h. Beamte zur Wahrung der Handels-
ſowie Schifffahrtsrechte und -Intereſſen in einem fremden Lande.
Mit der Beſorgung allgemeiner politiſcher oder überhaupt anderer
als den Verkehr der einzelnen Unterthanen betreffenden Geſchäfte
ſind ſie grundſätzlich nicht beauftragt; doch finden Ausnahmen
ſtatt, theils in Abweſenheit jeder Art von Geſandtſchaft und
in beſonderem Auftrage, theils aber in der Levante, d. h.
gegenüber von muhamedaniſchen Staaten und von den höheren
örtlichen Beamten derſelben. Namentlich werden Conſuln nicht
ſelten verwendet, wenn die noch nicht vollſtändig geordneten
völkerrechtlichen Verhältniſſe, z. B. die noch nicht förmlich
erfolgte Anerkennung eines neuen Staates, die Abſendung
einer förmlichen Geſandtſchaft nicht geſtatten. Ein Staat kann
Conſuln nicht nur neben ſeiner Geſandtſchaft, ſondern ſogar
eine größere Anzahl derſelben an verſchiedenen Orten des fremden
Landes beſtellen; häufig ſind ſie nicht einmal eigentliche Beamte

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[479/0493] Der völkerrechtliche Schutz, die Berechtigung zur Vornahme jeder Gattung von Geſchäſten und die Vertretung der ſchickenden Regierung ſowie ihrer Unterthanen iſt bei allen Arten von Geſandten gleich; und ebenſo ſind die Handlungen der verſchie- denen Arten von Geſandten vor dem Rechte gleichbedeutend, es ſei die Erwerbung von Anſprüchen oder die Uebernahme von Verbindlichkeiten in Frage. Nicht jeder Staat hat jedoch das Recht, jede ihm beliebige Art von Geſandten zu ſchicken, ſondern kleinere Staaten müſſen ſich mit den untergeordneten Rangſtufen begnügen; immer aber wird gegenſeitige Beſchickung mit Geſandten gleichen Ranges verlangt. Nebenperſonen bei Geſandtſchaften, welche zwar nicht das Recht ſelbſtſtändiger Geſchäftsführung für ihre Regierung, wohl aber einen Anſpruch auf völkerrechtlichen perſönlichen Schutz haben, ſind: Geſandtſchaftsräthe, Secretäre, Offiziere, Attachés; wohl auch Dolmetſcher, Kaplane u. ſ. f. 2. Conſuln, d. h. Beamte zur Wahrung der Handels- ſowie Schifffahrtsrechte und -Intereſſen in einem fremden Lande. Mit der Beſorgung allgemeiner politiſcher oder überhaupt anderer als den Verkehr der einzelnen Unterthanen betreffenden Geſchäfte ſind ſie grundſätzlich nicht beauftragt; doch finden Ausnahmen ſtatt, theils in Abweſenheit jeder Art von Geſandtſchaft und in beſonderem Auftrage, theils aber in der Levante, d. h. gegenüber von muhamedaniſchen Staaten und von den höheren örtlichen Beamten derſelben. Namentlich werden Conſuln nicht ſelten verwendet, wenn die noch nicht vollſtändig geordneten völkerrechtlichen Verhältniſſe, z. B. die noch nicht förmlich erfolgte Anerkennung eines neuen Staates, die Abſendung einer förmlichen Geſandtſchaft nicht geſtatten. Ein Staat kann Conſuln nicht nur neben ſeiner Geſandtſchaft, ſondern ſogar eine größere Anzahl derſelben an verſchiedenen Orten des fremden Landes beſtellen; häufig ſind ſie nicht einmal eigentliche Beamte

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/493>, abgerufen am 24.11.2024.