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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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Staate vortrefflich bilden und gedeihen. Er ist ja nicht ihre
Aufhebung, sondern ihre Ergänzung; sie dagegen bilden seinen
Zweck und seinen sachlichen Inhalt.

Auch der Staat steht unter den verschiedenen Gesetzen,
welche überhaupt das menschliche Leben regeln; also unter
denen des Rechtes, der Sittlichkeit, der Religion und der
Klugheit. Ihre Ineinanderpassung ist Sache des praktischen
Verstandes und der Wissenschaft.

1) Es wird sogleich, § 7, erörtert werden, in wie ferne ein allgemeines
Weltreich schließlich möglich und nützlich ist. Zunächst sind die allgemein
bestehenden Verhältnisse ins Auge zu fassen. Diese zeigen nun aber eben
eine Abtheilung des Menschengeschlechtes in eine Anzahl von gleichzeitigen
aber wesentlich verschiedenen und sich ferne von einander haltenden Völker-
schaften.
2) Nähere Ausführung über Begriff und Wesen des Staates s. unten,
§ 11 u. 12. Hier handelt es sich nur von der Bezeichnung seiner Stelle
in der Reihe der menschlichen Lebenskreise und von seinen Verhältnissen zu
diesen. -- Im Uebrigen vergleiche man über das Verhältniß des Staates
im Allgemeinen zu dem Wesen des Menschen und zu dem Medium, in
welchem sich dieser bewegt, Planta, P. C., Die Wissenschaft des Staates
oder die Lehre von dem Lebensorganismus. I. II. Chur, 1852; und
(Vollgraff) Erster Versuch einer Begründung der allgemeinen Ethnologie.
I--III. Marburg, 1851--55.
3) Die Nachweisung des Staates als eines logisch nothwendigen Glie-
des in einer ganzen Reihe von menschlichen Lebensgestaltungen beweist am
besten die Unhaltbarkeit einer naturphilosophischen Auffassung. Wenn der
Staat nicht mehr und nicht weniger ist, als eine der Einrichtungen, welcher
die Menschen bedürfen zu Erreichung ihrer verschiedenen Zwecke; und wenn
jede dieser Einrichtungen eine ihrer speciellen Bestimmung angepaßte Form
und einen entsprechenden Inhalt hat: so kann verständiger Weise von einem
mystischen Zusammenhange des Staates mit dem menschlichen Organismus,
sei es nun dem geistigen oder dem körperlichen, nicht die Rede sein. Eine
solche Vergleichung mag Geist und Witz zeigen; allein über das Wesen des
Staates und über die ihm nothwendigen Einrichtungen kann aus einer
Vergleichung der verschiedenen Staatsbehörden mit dem Verstande, dem
Willen, der Einbildungskraft, oder gar mit Gehirn, Nase und Nabel weder
klares Verständniß noch im Leben Anwendbares gewonnen werden. Es
verstößt bekanntlich gegen die ersten Gesetze der Logik und Arithmetik, wesent-
v. Mohl, Encyclopädie. 3

Staate vortrefflich bilden und gedeihen. Er iſt ja nicht ihre
Aufhebung, ſondern ihre Ergänzung; ſie dagegen bilden ſeinen
Zweck und ſeinen ſachlichen Inhalt.

Auch der Staat ſteht unter den verſchiedenen Geſetzen,
welche überhaupt das menſchliche Leben regeln; alſo unter
denen des Rechtes, der Sittlichkeit, der Religion und der
Klugheit. Ihre Ineinanderpaſſung iſt Sache des praktiſchen
Verſtandes und der Wiſſenſchaft.

1) Es wird ſogleich, § 7, erörtert werden, in wie ferne ein allgemeines
Weltreich ſchließlich möglich und nützlich iſt. Zunächſt ſind die allgemein
beſtehenden Verhältniſſe ins Auge zu faſſen. Dieſe zeigen nun aber eben
eine Abtheilung des Menſchengeſchlechtes in eine Anzahl von gleichzeitigen
aber weſentlich verſchiedenen und ſich ferne von einander haltenden Völker-
ſchaften.
2) Nähere Ausführung über Begriff und Weſen des Staates ſ. unten,
§ 11 u. 12. Hier handelt es ſich nur von der Bezeichnung ſeiner Stelle
in der Reihe der menſchlichen Lebenskreiſe und von ſeinen Verhältniſſen zu
dieſen. — Im Uebrigen vergleiche man über das Verhältniß des Staates
im Allgemeinen zu dem Weſen des Menſchen und zu dem Medium, in
welchem ſich dieſer bewegt, Planta, P. C., Die Wiſſenſchaft des Staates
oder die Lehre von dem Lebensorganismus. I. II. Chur, 1852; und
(Vollgraff) Erſter Verſuch einer Begründung der allgemeinen Ethnologie.
I—III. Marburg, 1851—55.
3) Die Nachweiſung des Staates als eines logiſch nothwendigen Glie-
des in einer ganzen Reihe von menſchlichen Lebensgeſtaltungen beweiſt am
beſten die Unhaltbarkeit einer naturphiloſophiſchen Auffaſſung. Wenn der
Staat nicht mehr und nicht weniger iſt, als eine der Einrichtungen, welcher
die Menſchen bedürfen zu Erreichung ihrer verſchiedenen Zwecke; und wenn
jede dieſer Einrichtungen eine ihrer ſpeciellen Beſtimmung angepaßte Form
und einen entſprechenden Inhalt hat: ſo kann verſtändiger Weiſe von einem
myſtiſchen Zuſammenhange des Staates mit dem menſchlichen Organismus,
ſei es nun dem geiſtigen oder dem körperlichen, nicht die Rede ſein. Eine
ſolche Vergleichung mag Geiſt und Witz zeigen; allein über das Weſen des
Staates und über die ihm nothwendigen Einrichtungen kann aus einer
Vergleichung der verſchiedenen Staatsbehörden mit dem Verſtande, dem
Willen, der Einbildungskraft, oder gar mit Gehirn, Naſe und Nabel weder
klares Verſtändniß noch im Leben Anwendbares gewonnen werden. Es
verſtößt bekanntlich gegen die erſten Geſetze der Logik und Arithmetik, weſent-
v. Mohl, Encyclopädie. 3
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[33/0047] Staate vortrefflich bilden und gedeihen. Er iſt ja nicht ihre Aufhebung, ſondern ihre Ergänzung; ſie dagegen bilden ſeinen Zweck und ſeinen ſachlichen Inhalt. Auch der Staat ſteht unter den verſchiedenen Geſetzen, welche überhaupt das menſchliche Leben regeln; alſo unter denen des Rechtes, der Sittlichkeit, der Religion und der Klugheit. Ihre Ineinanderpaſſung iſt Sache des praktiſchen Verſtandes und der Wiſſenſchaft. ¹⁾ Es wird ſogleich, § 7, erörtert werden, in wie ferne ein allgemeines Weltreich ſchließlich möglich und nützlich iſt. Zunächſt ſind die allgemein beſtehenden Verhältniſſe ins Auge zu faſſen. Dieſe zeigen nun aber eben eine Abtheilung des Menſchengeſchlechtes in eine Anzahl von gleichzeitigen aber weſentlich verſchiedenen und ſich ferne von einander haltenden Völker- ſchaften. ²⁾ Nähere Ausführung über Begriff und Weſen des Staates ſ. unten, § 11 u. 12. Hier handelt es ſich nur von der Bezeichnung ſeiner Stelle in der Reihe der menſchlichen Lebenskreiſe und von ſeinen Verhältniſſen zu dieſen. — Im Uebrigen vergleiche man über das Verhältniß des Staates im Allgemeinen zu dem Weſen des Menſchen und zu dem Medium, in welchem ſich dieſer bewegt, Planta, P. C., Die Wiſſenſchaft des Staates oder die Lehre von dem Lebensorganismus. I. II. Chur, 1852; und (Vollgraff) Erſter Verſuch einer Begründung der allgemeinen Ethnologie. I—III. Marburg, 1851—55. ³⁾ Die Nachweiſung des Staates als eines logiſch nothwendigen Glie- des in einer ganzen Reihe von menſchlichen Lebensgeſtaltungen beweiſt am beſten die Unhaltbarkeit einer naturphiloſophiſchen Auffaſſung. Wenn der Staat nicht mehr und nicht weniger iſt, als eine der Einrichtungen, welcher die Menſchen bedürfen zu Erreichung ihrer verſchiedenen Zwecke; und wenn jede dieſer Einrichtungen eine ihrer ſpeciellen Beſtimmung angepaßte Form und einen entſprechenden Inhalt hat: ſo kann verſtändiger Weiſe von einem myſtiſchen Zuſammenhange des Staates mit dem menſchlichen Organismus, ſei es nun dem geiſtigen oder dem körperlichen, nicht die Rede ſein. Eine ſolche Vergleichung mag Geiſt und Witz zeigen; allein über das Weſen des Staates und über die ihm nothwendigen Einrichtungen kann aus einer Vergleichung der verſchiedenen Staatsbehörden mit dem Verſtande, dem Willen, der Einbildungskraft, oder gar mit Gehirn, Naſe und Nabel weder klares Verſtändniß noch im Leben Anwendbares gewonnen werden. Es verſtößt bekanntlich gegen die erſten Geſetze der Logik und Arithmetik, weſent- v. Mohl, Encyclopädie. 3

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/47>, abgerufen am 23.11.2024.