standet werden. Das Eine und das Andere ist lediglich nach Grundsätzen des inneren Staatsrechtes zu beurtheilen und unterliegt der Entscheidung Dritter nicht. Sobald ein Staat thatsächlich besteht, ist er auch, eben weil er besteht, in seiner ganzen Berechtigung von den übrigen Staaten anzuerkennen und als ebenbürtig zu behandeln. Die, eine neue Gestaltung etwa bestreitenden, Ansprüche bisher Berechtigter heben die Thatsache des selbstständigen Daseins und die rechtlichen Fol- gerungen aus demselben für die übrigen Staaten nicht auf 1).
2) Das Recht, die den concreten Volkszwecken und der Bildungsstufe entsprechende Regierungsform zu wählen. Die Verfassung eines jeden Staates ist lediglich seine Ange- legenheit; und ebenso ist die Frage, ob eine Veränderung mit rechtlicher Gültigkeit vor sich gegangen sei, nur nach den Grundsätzen des positiven und beziehungsweise allgemeinen Staatsrechtes zu unterscheiden, somit unter allen Umständen nur von den Staatstheilnehmern selbst. Der einzige Fall einer Berechtigung zur Einsprache gegen die inneren Einrichtungen eines fremden Staates ist, wenn sich aus denselben entweder die Absicht oder jedenfalls die thatsächliche Folgerung einer Rechtsverletzung Dritter und die Unmöglichkeit eines geordneten Nebeneinanderbestehens ergiebt. Aber auch dann ist in erster Linie nur die Beseitigung solcher antisoeialer Grundsätze oder Einrichtungen zu verlangen 2).
3) Das Recht auf ungestörten Gebrauch der Kräfte innerhalb und außerhalb des eigenen Gebietes, natür- lich in den Schranken des Rechtes. Kein Staat darf durch Fremde verhindert werden, in seinem Innern die ihm beliebigen Einrichtungen zur Entwickelung geistiger, physischer nnd wirth- schaftlicher Kräfte, oder zu seiner Vertheidigung und zur Ver- stärkung seiner öffentlichen Gewalt zu treffen. Ebenso steht es jedem Staate frei, die ihm zu Gebote stehenden Gelegenheiten
ſtandet werden. Das Eine und das Andere iſt lediglich nach Grundſätzen des inneren Staatsrechtes zu beurtheilen und unterliegt der Entſcheidung Dritter nicht. Sobald ein Staat thatſächlich beſteht, iſt er auch, eben weil er beſteht, in ſeiner ganzen Berechtigung von den übrigen Staaten anzuerkennen und als ebenbürtig zu behandeln. Die, eine neue Geſtaltung etwa beſtreitenden, Anſprüche bisher Berechtigter heben die Thatſache des ſelbſtſtändigen Daſeins und die rechtlichen Fol- gerungen aus demſelben für die übrigen Staaten nicht auf 1).
2) Das Recht, die den concreten Volkszwecken und der Bildungsſtufe entſprechende Regierungsform zu wählen. Die Verfaſſung eines jeden Staates iſt lediglich ſeine Ange- legenheit; und ebenſo iſt die Frage, ob eine Veränderung mit rechtlicher Gültigkeit vor ſich gegangen ſei, nur nach den Grundſätzen des poſitiven und beziehungsweiſe allgemeinen Staatsrechtes zu unterſcheiden, ſomit unter allen Umſtänden nur von den Staatstheilnehmern ſelbſt. Der einzige Fall einer Berechtigung zur Einſprache gegen die inneren Einrichtungen eines fremden Staates iſt, wenn ſich aus denſelben entweder die Abſicht oder jedenfalls die thatſächliche Folgerung einer Rechtsverletzung Dritter und die Unmöglichkeit eines geordneten Nebeneinanderbeſtehens ergiebt. Aber auch dann iſt in erſter Linie nur die Beſeitigung ſolcher antiſoeialer Grundſätze oder Einrichtungen zu verlangen 2).
3) Das Recht auf ungeſtörten Gebrauch der Kräfte innerhalb und außerhalb des eigenen Gebietes, natür- lich in den Schranken des Rechtes. Kein Staat darf durch Fremde verhindert werden, in ſeinem Innern die ihm beliebigen Einrichtungen zur Entwickelung geiſtiger, phyſiſcher nnd wirth- ſchaftlicher Kräfte, oder zu ſeiner Vertheidigung und zur Ver- ſtärkung ſeiner öffentlichen Gewalt zu treffen. Ebenſo ſteht es jedem Staate frei, die ihm zu Gebote ſtehenden Gelegenheiten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0435"n="421"/>ſtandet werden. Das Eine und das Andere iſt lediglich nach<lb/>
Grundſätzen des inneren Staatsrechtes zu beurtheilen und<lb/>
unterliegt der Entſcheidung Dritter nicht. Sobald ein Staat<lb/>
thatſächlich beſteht, iſt er auch, eben weil er beſteht, in ſeiner<lb/>
ganzen Berechtigung von den übrigen Staaten anzuerkennen<lb/>
und als ebenbürtig zu behandeln. Die, eine neue Geſtaltung<lb/>
etwa beſtreitenden, Anſprüche bisher Berechtigter heben die<lb/>
Thatſache des ſelbſtſtändigen Daſeins und die rechtlichen Fol-<lb/>
gerungen aus demſelben für die übrigen Staaten nicht auf <hirendition="#sup">1</hi>).</p><lb/><p>2) Das Recht, die den concreten Volkszwecken und der<lb/>
Bildungsſtufe entſprechende <hirendition="#g">Regierungsform</hi> zu wählen.<lb/>
Die Verfaſſung eines jeden Staates iſt lediglich ſeine Ange-<lb/>
legenheit; und ebenſo iſt die Frage, ob eine Veränderung mit<lb/>
rechtlicher Gültigkeit vor ſich gegangen ſei, nur nach den<lb/>
Grundſätzen des poſitiven und beziehungsweiſe allgemeinen<lb/>
Staatsrechtes zu unterſcheiden, ſomit unter allen Umſtänden<lb/>
nur von den Staatstheilnehmern ſelbſt. Der einzige Fall einer<lb/>
Berechtigung zur Einſprache gegen die inneren Einrichtungen<lb/>
eines fremden Staates iſt, wenn ſich aus denſelben entweder<lb/>
die Abſicht oder jedenfalls die thatſächliche Folgerung einer<lb/>
Rechtsverletzung Dritter und die Unmöglichkeit eines geordneten<lb/>
Nebeneinanderbeſtehens ergiebt. Aber auch dann iſt in erſter<lb/>
Linie nur die Beſeitigung ſolcher antiſoeialer Grundſätze oder<lb/>
Einrichtungen zu verlangen <hirendition="#sup">2</hi>).</p><lb/><p>3) Das Recht auf <hirendition="#g">ungeſtörten Gebrauch der<lb/>
Kräfte</hi> innerhalb und außerhalb des eigenen Gebietes, natür-<lb/>
lich in den Schranken des Rechtes. Kein Staat darf durch<lb/>
Fremde verhindert werden, in ſeinem Innern die ihm beliebigen<lb/>
Einrichtungen zur Entwickelung geiſtiger, phyſiſcher nnd wirth-<lb/>ſchaftlicher Kräfte, oder zu ſeiner Vertheidigung und zur Ver-<lb/>ſtärkung ſeiner öffentlichen Gewalt zu treffen. Ebenſo ſteht es<lb/>
jedem Staate frei, die ihm zu Gebote ſtehenden Gelegenheiten<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[421/0435]
ſtandet werden. Das Eine und das Andere iſt lediglich nach
Grundſätzen des inneren Staatsrechtes zu beurtheilen und
unterliegt der Entſcheidung Dritter nicht. Sobald ein Staat
thatſächlich beſteht, iſt er auch, eben weil er beſteht, in ſeiner
ganzen Berechtigung von den übrigen Staaten anzuerkennen
und als ebenbürtig zu behandeln. Die, eine neue Geſtaltung
etwa beſtreitenden, Anſprüche bisher Berechtigter heben die
Thatſache des ſelbſtſtändigen Daſeins und die rechtlichen Fol-
gerungen aus demſelben für die übrigen Staaten nicht auf 1).
2) Das Recht, die den concreten Volkszwecken und der
Bildungsſtufe entſprechende Regierungsform zu wählen.
Die Verfaſſung eines jeden Staates iſt lediglich ſeine Ange-
legenheit; und ebenſo iſt die Frage, ob eine Veränderung mit
rechtlicher Gültigkeit vor ſich gegangen ſei, nur nach den
Grundſätzen des poſitiven und beziehungsweiſe allgemeinen
Staatsrechtes zu unterſcheiden, ſomit unter allen Umſtänden
nur von den Staatstheilnehmern ſelbſt. Der einzige Fall einer
Berechtigung zur Einſprache gegen die inneren Einrichtungen
eines fremden Staates iſt, wenn ſich aus denſelben entweder
die Abſicht oder jedenfalls die thatſächliche Folgerung einer
Rechtsverletzung Dritter und die Unmöglichkeit eines geordneten
Nebeneinanderbeſtehens ergiebt. Aber auch dann iſt in erſter
Linie nur die Beſeitigung ſolcher antiſoeialer Grundſätze oder
Einrichtungen zu verlangen 2).
3) Das Recht auf ungeſtörten Gebrauch der
Kräfte innerhalb und außerhalb des eigenen Gebietes, natür-
lich in den Schranken des Rechtes. Kein Staat darf durch
Fremde verhindert werden, in ſeinem Innern die ihm beliebigen
Einrichtungen zur Entwickelung geiſtiger, phyſiſcher nnd wirth-
ſchaftlicher Kräfte, oder zu ſeiner Vertheidigung und zur Ver-
ſtärkung ſeiner öffentlichen Gewalt zu treffen. Ebenſo ſteht es
jedem Staate frei, die ihm zu Gebote ſtehenden Gelegenheiten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/435>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.