anzunehmen haben, wenn jener sein Recht oder seinen erlaubten Vortheil nicht mit eigener Kraft zu erreichen oder zu schützen vermag. Außerdem kommt ein Staat zu einzelnen Bürgern fremder Staaten in ein rechtliches Verhältniß, wenn dieselben das diesseitige Gebiet betreten oder innerhalb desselben wirksame Handlungen vornehmen. Auch ist dieses möglich in Beziehung auf gesellschaftliche Kreise, welche theils auswärts, theils dies- seits Genossen, Einrichtungen und Interessen haben. -- Die einzelnen Staatsgenossen (und gesellschaftlichen Kreise) treten aber sowohl mit fremden Staaten als mit den einzelnen Ange- hörigen mannchfach in Verbindung. Mit den Staaten selbst, insoferne sie das Gebiet derselben besuchen zur Verfolgung ihrer persönlichen Zwecke, hier nun aber für die Dauer ihres Aufent- haltes unter der öffentlichen Gewalt und unter den Gesetzen stehen; sodann hinsichtlich solcher Handlungen, welche irgendwie in dem fremden Gebiete in die Erscheinung gelangen oder dort eine Regung oder Hülfe erfordern. Mit fremden Einzelnen oder gesellschaftlichen Kreisen aber kommen sie in Berührung, insoferne die Erreichung irgend eines menschlichen Zweckes eine Mitwirkung derselben erfordert, oder dieselben auch ohne ihr Zuthun durch eine Handlung diesseitiger Bürger in ihren Rechten oder Interessen thatsächlich berührt werden. Es ist kaum ein menschlicher Lebenszweck zu denken, ob er nun die Person, das Vermögen, die geistigen oder die leiblichen Ver- hältnisse betreffe, welcher nicht zu solchen Verhältnissen im Auslande Veranlassung geben könnte. -- Offenbar wäre es nun eine Verhinderung der Erreichung erlaubter Lebenszwecke, wenn sich ein Staat gegen alle Fremde vollkommen abschließen, mit denselben nicht nur selbst keinerlei Verbindungen eingehen, sondern ihnen auch keine Betreibung ihrer Angelegenheiten in seinem Gebiete grundsätzlich gestatten wollte. Ein solcher ganz abgesperrter Staat würde nicht nur seinem eigenen Volke im
v. Mohl, Encyclopädie. 27
anzunehmen haben, wenn jener ſein Recht oder ſeinen erlaubten Vortheil nicht mit eigener Kraft zu erreichen oder zu ſchützen vermag. Außerdem kommt ein Staat zu einzelnen Bürgern fremder Staaten in ein rechtliches Verhältniß, wenn dieſelben das diesſeitige Gebiet betreten oder innerhalb deſſelben wirkſame Handlungen vornehmen. Auch iſt dieſes möglich in Beziehung auf geſellſchaftliche Kreiſe, welche theils auswärts, theils dies- ſeits Genoſſen, Einrichtungen und Intereſſen haben. — Die einzelnen Staatsgenoſſen (und geſellſchaftlichen Kreiſe) treten aber ſowohl mit fremden Staaten als mit den einzelnen Ange- hörigen mannchfach in Verbindung. Mit den Staaten ſelbſt, inſoferne ſie das Gebiet derſelben beſuchen zur Verfolgung ihrer perſönlichen Zwecke, hier nun aber für die Dauer ihres Aufent- haltes unter der öffentlichen Gewalt und unter den Geſetzen ſtehen; ſodann hinſichtlich ſolcher Handlungen, welche irgendwie in dem fremden Gebiete in die Erſcheinung gelangen oder dort eine Regung oder Hülfe erfordern. Mit fremden Einzelnen oder geſellſchaftlichen Kreiſen aber kommen ſie in Berührung, inſoferne die Erreichung irgend eines menſchlichen Zweckes eine Mitwirkung derſelben erfordert, oder dieſelben auch ohne ihr Zuthun durch eine Handlung diesſeitiger Bürger in ihren Rechten oder Intereſſen thatſächlich berührt werden. Es iſt kaum ein menſchlicher Lebenszweck zu denken, ob er nun die Perſon, das Vermögen, die geiſtigen oder die leiblichen Ver- hältniſſe betreffe, welcher nicht zu ſolchen Verhältniſſen im Auslande Veranlaſſung geben könnte. — Offenbar wäre es nun eine Verhinderung der Erreichung erlaubter Lebenszwecke, wenn ſich ein Staat gegen alle Fremde vollkommen abſchließen, mit denſelben nicht nur ſelbſt keinerlei Verbindungen eingehen, ſondern ihnen auch keine Betreibung ihrer Angelegenheiten in ſeinem Gebiete grundſätzlich geſtatten wollte. Ein ſolcher ganz abgeſperrter Staat würde nicht nur ſeinem eigenen Volke im
v. Mohl, Encyclopädie. 27
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0431"n="417"/>
anzunehmen haben, wenn jener ſein Recht oder ſeinen erlaubten<lb/>
Vortheil nicht mit eigener Kraft zu erreichen oder zu ſchützen<lb/>
vermag. Außerdem kommt ein Staat zu einzelnen Bürgern<lb/>
fremder Staaten in ein rechtliches Verhältniß, wenn dieſelben<lb/>
das diesſeitige Gebiet betreten oder innerhalb deſſelben wirkſame<lb/>
Handlungen vornehmen. Auch iſt dieſes möglich in Beziehung<lb/>
auf geſellſchaftliche Kreiſe, welche theils auswärts, theils dies-<lb/>ſeits Genoſſen, Einrichtungen und Intereſſen haben. — Die<lb/>
einzelnen Staatsgenoſſen (und geſellſchaftlichen Kreiſe) treten<lb/>
aber ſowohl mit fremden Staaten als mit den einzelnen Ange-<lb/>
hörigen mannchfach in Verbindung. Mit den Staaten ſelbſt,<lb/>
inſoferne ſie das Gebiet derſelben beſuchen zur Verfolgung ihrer<lb/>
perſönlichen Zwecke, hier nun aber für die Dauer ihres Aufent-<lb/>
haltes unter der öffentlichen Gewalt und unter den Geſetzen<lb/>ſtehen; ſodann hinſichtlich ſolcher Handlungen, welche irgendwie<lb/>
in dem fremden Gebiete in die Erſcheinung gelangen oder dort<lb/>
eine Regung oder Hülfe erfordern. Mit fremden Einzelnen<lb/>
oder geſellſchaftlichen Kreiſen aber kommen ſie in Berührung,<lb/>
inſoferne die Erreichung irgend eines menſchlichen Zweckes eine<lb/>
Mitwirkung derſelben erfordert, oder dieſelben auch ohne ihr<lb/>
Zuthun durch eine Handlung diesſeitiger Bürger in ihren<lb/>
Rechten oder Intereſſen thatſächlich berührt werden. Es iſt<lb/>
kaum ein menſchlicher Lebenszweck zu denken, ob er nun die<lb/>
Perſon, das Vermögen, die geiſtigen oder die leiblichen Ver-<lb/>
hältniſſe betreffe, welcher nicht zu ſolchen Verhältniſſen im<lb/>
Auslande Veranlaſſung geben könnte. — Offenbar wäre es<lb/>
nun eine Verhinderung der Erreichung erlaubter Lebenszwecke,<lb/>
wenn ſich ein Staat gegen alle Fremde vollkommen abſchließen,<lb/>
mit denſelben nicht nur ſelbſt keinerlei Verbindungen eingehen,<lb/>ſondern ihnen auch keine Betreibung ihrer Angelegenheiten in<lb/>ſeinem Gebiete grundſätzlich geſtatten wollte. Ein ſolcher ganz<lb/>
abgeſperrter Staat würde nicht nur ſeinem eigenen Volke im<lb/><fwplace="bottom"type="sig">v. <hirendition="#g">Mohl</hi>, Encyclopädie. 27</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[417/0431]
anzunehmen haben, wenn jener ſein Recht oder ſeinen erlaubten
Vortheil nicht mit eigener Kraft zu erreichen oder zu ſchützen
vermag. Außerdem kommt ein Staat zu einzelnen Bürgern
fremder Staaten in ein rechtliches Verhältniß, wenn dieſelben
das diesſeitige Gebiet betreten oder innerhalb deſſelben wirkſame
Handlungen vornehmen. Auch iſt dieſes möglich in Beziehung
auf geſellſchaftliche Kreiſe, welche theils auswärts, theils dies-
ſeits Genoſſen, Einrichtungen und Intereſſen haben. — Die
einzelnen Staatsgenoſſen (und geſellſchaftlichen Kreiſe) treten
aber ſowohl mit fremden Staaten als mit den einzelnen Ange-
hörigen mannchfach in Verbindung. Mit den Staaten ſelbſt,
inſoferne ſie das Gebiet derſelben beſuchen zur Verfolgung ihrer
perſönlichen Zwecke, hier nun aber für die Dauer ihres Aufent-
haltes unter der öffentlichen Gewalt und unter den Geſetzen
ſtehen; ſodann hinſichtlich ſolcher Handlungen, welche irgendwie
in dem fremden Gebiete in die Erſcheinung gelangen oder dort
eine Regung oder Hülfe erfordern. Mit fremden Einzelnen
oder geſellſchaftlichen Kreiſen aber kommen ſie in Berührung,
inſoferne die Erreichung irgend eines menſchlichen Zweckes eine
Mitwirkung derſelben erfordert, oder dieſelben auch ohne ihr
Zuthun durch eine Handlung diesſeitiger Bürger in ihren
Rechten oder Intereſſen thatſächlich berührt werden. Es iſt
kaum ein menſchlicher Lebenszweck zu denken, ob er nun die
Perſon, das Vermögen, die geiſtigen oder die leiblichen Ver-
hältniſſe betreffe, welcher nicht zu ſolchen Verhältniſſen im
Auslande Veranlaſſung geben könnte. — Offenbar wäre es
nun eine Verhinderung der Erreichung erlaubter Lebenszwecke,
wenn ſich ein Staat gegen alle Fremde vollkommen abſchließen,
mit denſelben nicht nur ſelbſt keinerlei Verbindungen eingehen,
ſondern ihnen auch keine Betreibung ihrer Angelegenheiten in
ſeinem Gebiete grundſätzlich geſtatten wollte. Ein ſolcher ganz
abgeſperrter Staat würde nicht nur ſeinem eigenen Volke im
v. Mohl, Encyclopädie. 27
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/431>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.