der Menschen kann aber, wie leicht einzusehen, kaum hoch genug angeschlagen werden.
7. Das enge räumliche Beisammenwohnen. Aus der blosen Thatsache des örtlichen Zusammenseins entsteht eine Anzahl von Interessen, welche von wenigstens relativer Bedeutung für die Betheiligten sind. So die Ordnung von Weg und Steg, die Reinlichkeit der Straßen und Plätze, die Beschaffung von Brunnen und Abzugsleitungen; dann aber auch die Regelung der Märkte, mancher Gewerbe, die Erhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit bei Tag und Nacht; die Bestellung gemeinschaftlicher Schulen und Kirchen. Alle diese Zwecke erfordern die Gewinnung einer Uebereinstimmung, Zu- sammenlegung der Kräfte, zweckmäßige Anwendung derselben: folglich eine Organisation. Auf diese Weise bildet sich die Ge- meinde als ein durchaus nothwendiger gesellschaftlicher Kreis überall, wo Menschen nahe beisammen wohnen. Daß der Staat diese Gestaltung oft auch als kleinsten geographischen Verwaltungsbezirk ansieht, und ihre, für ganz andere weit näher liegende Zwecke bestimmte, Organisation vielfach zur Durchführung seiner eigenen Zwecke gebraucht, ist ein erst später dazu kommendes Verhältniß, welches allerdings thatsächlich das Wesen der Gemeinden bedeutend zu ändern pflegt, aber doch deren gesellschaftliche Grundlage nicht aufhebt 2).
Das geistige und stoffliche Ergebniß der zahlreichen ge- sellschaftlichen Kreise für das Leben der Menschen und für die Erreichung ihrer Zwecke ist ein höchst verschiedenes, je nach- dem das eine oder das andere Interesse in den Vordergrund tritt; ferner nach dem Verhalten und dem Bildungsgrade der Betheiligten, so wie nach dem Mangel oder der Festigkeit einer Organisation; endlich je nachdem sich die verschiedenen Lebens- kreise durchdringen und zersetzen, oder nur in Raum und Zeit neben einander liegen. Die Folgen können sehr gut, aber auch
der Menſchen kann aber, wie leicht einzuſehen, kaum hoch genug angeſchlagen werden.
7. Das enge räumliche Beiſammenwohnen. Aus der bloſen Thatſache des örtlichen Zuſammenſeins entſteht eine Anzahl von Intereſſen, welche von wenigſtens relativer Bedeutung für die Betheiligten ſind. So die Ordnung von Weg und Steg, die Reinlichkeit der Straßen und Plätze, die Beſchaffung von Brunnen und Abzugsleitungen; dann aber auch die Regelung der Märkte, mancher Gewerbe, die Erhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit bei Tag und Nacht; die Beſtellung gemeinſchaftlicher Schulen und Kirchen. Alle dieſe Zwecke erfordern die Gewinnung einer Uebereinſtimmung, Zu- ſammenlegung der Kräfte, zweckmäßige Anwendung derſelben: folglich eine Organiſation. Auf dieſe Weiſe bildet ſich die Ge- meinde als ein durchaus nothwendiger geſellſchaftlicher Kreis überall, wo Menſchen nahe beiſammen wohnen. Daß der Staat dieſe Geſtaltung oft auch als kleinſten geographiſchen Verwaltungsbezirk anſieht, und ihre, für ganz andere weit näher liegende Zwecke beſtimmte, Organiſation vielfach zur Durchführung ſeiner eigenen Zwecke gebraucht, iſt ein erſt ſpäter dazu kommendes Verhältniß, welches allerdings thatſächlich das Weſen der Gemeinden bedeutend zu ändern pflegt, aber doch deren geſellſchaftliche Grundlage nicht aufhebt 2).
Das geiſtige und ſtoffliche Ergebniß der zahlreichen ge- ſellſchaftlichen Kreiſe für das Leben der Menſchen und für die Erreichung ihrer Zwecke iſt ein höchſt verſchiedenes, je nach- dem das eine oder das andere Intereſſe in den Vordergrund tritt; ferner nach dem Verhalten und dem Bildungsgrade der Betheiligten, ſo wie nach dem Mangel oder der Feſtigkeit einer Organiſation; endlich je nachdem ſich die verſchiedenen Lebens- kreiſe durchdringen und zerſetzen, oder nur in Raum und Zeit neben einander liegen. Die Folgen können ſehr gut, aber auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0040"n="26"/>
der Menſchen kann aber, wie leicht einzuſehen, kaum hoch<lb/>
genug angeſchlagen werden.</p><lb/><p>7. Das <hirendition="#g">enge räumliche Beiſammenwohnen</hi>.<lb/>
Aus der bloſen Thatſache des örtlichen Zuſammenſeins entſteht<lb/>
eine Anzahl von Intereſſen, welche von wenigſtens relativer<lb/>
Bedeutung für die Betheiligten ſind. So die Ordnung von<lb/>
Weg und Steg, die Reinlichkeit der Straßen und Plätze, die<lb/>
Beſchaffung von Brunnen und Abzugsleitungen; dann aber<lb/>
auch die Regelung der Märkte, mancher Gewerbe, die Erhaltung<lb/>
von Ruhe, Ordnung und Sicherheit bei Tag und Nacht; die<lb/>
Beſtellung gemeinſchaftlicher Schulen und Kirchen. Alle dieſe<lb/>
Zwecke erfordern die Gewinnung einer Uebereinſtimmung, Zu-<lb/>ſammenlegung der Kräfte, zweckmäßige Anwendung derſelben:<lb/>
folglich eine Organiſation. Auf dieſe Weiſe bildet ſich die Ge-<lb/>
meinde als ein durchaus nothwendiger geſellſchaftlicher Kreis<lb/>
überall, wo Menſchen nahe beiſammen wohnen. Daß der<lb/>
Staat dieſe Geſtaltung oft auch als kleinſten geographiſchen<lb/>
Verwaltungsbezirk anſieht, und ihre, für ganz andere weit<lb/>
näher liegende Zwecke beſtimmte, Organiſation vielfach zur<lb/>
Durchführung ſeiner eigenen Zwecke gebraucht, iſt ein erſt ſpäter<lb/>
dazu kommendes Verhältniß, welches allerdings thatſächlich das<lb/>
Weſen der Gemeinden bedeutend zu ändern pflegt, aber doch<lb/>
deren geſellſchaftliche Grundlage nicht aufhebt <hirendition="#sup">2</hi>).</p><lb/><p>Das geiſtige und ſtoffliche Ergebniß der zahlreichen ge-<lb/>ſellſchaftlichen Kreiſe für das Leben der Menſchen und für die<lb/>
Erreichung ihrer Zwecke iſt ein höchſt verſchiedenes, je nach-<lb/>
dem das eine oder das andere Intereſſe in den Vordergrund<lb/>
tritt; ferner nach dem Verhalten und dem Bildungsgrade der<lb/>
Betheiligten, ſo wie nach dem Mangel oder der Feſtigkeit einer<lb/>
Organiſation; endlich je nachdem ſich die verſchiedenen Lebens-<lb/>
kreiſe durchdringen und zerſetzen, oder nur in Raum und Zeit<lb/>
neben einander liegen. Die Folgen können ſehr gut, aber auch<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[26/0040]
der Menſchen kann aber, wie leicht einzuſehen, kaum hoch
genug angeſchlagen werden.
7. Das enge räumliche Beiſammenwohnen.
Aus der bloſen Thatſache des örtlichen Zuſammenſeins entſteht
eine Anzahl von Intereſſen, welche von wenigſtens relativer
Bedeutung für die Betheiligten ſind. So die Ordnung von
Weg und Steg, die Reinlichkeit der Straßen und Plätze, die
Beſchaffung von Brunnen und Abzugsleitungen; dann aber
auch die Regelung der Märkte, mancher Gewerbe, die Erhaltung
von Ruhe, Ordnung und Sicherheit bei Tag und Nacht; die
Beſtellung gemeinſchaftlicher Schulen und Kirchen. Alle dieſe
Zwecke erfordern die Gewinnung einer Uebereinſtimmung, Zu-
ſammenlegung der Kräfte, zweckmäßige Anwendung derſelben:
folglich eine Organiſation. Auf dieſe Weiſe bildet ſich die Ge-
meinde als ein durchaus nothwendiger geſellſchaftlicher Kreis
überall, wo Menſchen nahe beiſammen wohnen. Daß der
Staat dieſe Geſtaltung oft auch als kleinſten geographiſchen
Verwaltungsbezirk anſieht, und ihre, für ganz andere weit
näher liegende Zwecke beſtimmte, Organiſation vielfach zur
Durchführung ſeiner eigenen Zwecke gebraucht, iſt ein erſt ſpäter
dazu kommendes Verhältniß, welches allerdings thatſächlich das
Weſen der Gemeinden bedeutend zu ändern pflegt, aber doch
deren geſellſchaftliche Grundlage nicht aufhebt 2).
Das geiſtige und ſtoffliche Ergebniß der zahlreichen ge-
ſellſchaftlichen Kreiſe für das Leben der Menſchen und für die
Erreichung ihrer Zwecke iſt ein höchſt verſchiedenes, je nach-
dem das eine oder das andere Intereſſe in den Vordergrund
tritt; ferner nach dem Verhalten und dem Bildungsgrade der
Betheiligten, ſo wie nach dem Mangel oder der Feſtigkeit einer
Organiſation; endlich je nachdem ſich die verſchiedenen Lebens-
kreiſe durchdringen und zerſetzen, oder nur in Raum und Zeit
neben einander liegen. Die Folgen können ſehr gut, aber auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/40>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.