Erbrecht dazu bernfener Einzelner. Hierbei ist denn aber wieder eine dreifache Möglichkeit. Zunächst kann das Staatsoberhaupt die Gewalt unumschränkt besitzen, d. h. ohne daß dem Ge- brauche derselben äußere Schranken gesetzt oder irgend Jemand Mitberechtigungen eingeräumt wären. Sodann ist eine Theil- nahme der verschiedenen Stände an bestimmten Regierungs- rechten möglich, theils zur Schätzung der Unterthanenrechte, theils zur Verstärkung der Einsicht und der Kraft der Regie- rung. Endlich mögen Vertreter des ganzen Volkes die Befugniß haben, den Inhaber der Staatsgewalt von Aus- schreitungen und Mißbräuchen abzuhalten, hierzu aber theils mit dem Rechte der Theilnahme an bestimmten Geschäften, theils mit einem Klagerechte ausgerüstet sein.
So wichtig nun auch die Wahl unter den verschiedenen möglichen Arten des Rechtsstaates ist, so werden doch die recht- lichen Grundlagen der ganzen Staatsgattung durch diese Ver- schiedenheit der Form der Staatsgewalt nicht geändert. Na- mentlich gibt die unbeschränkte Handhabung derselben der regie- renden Versammlung Bevorzugter, oder einem Einzelherrscher keineswegs das Recht, ganz nach ihrem Belieben zu verfahren und die allgemeinen Zwecke des Rechtsstaates abzuändern oder zu verstümmeln. Der ganze Unterschied besteht nur darin, daß solche Staatsoberhäupter in der Auffassung und Ausführung an Niemands Zustimmung oder Mitwirkung gebunden, sondern lediglich an die Achtung des Rechtes durch sittliche und reli- giöse Gründe gewiesen sind. (Despotie ist eine ganz andere Staatsgattung, nicht aber etwa nur eine hart angewendete un- beschränkte Einherrschaft im Rechtsstaate). -- Hiermit ist aber natürlich nicht gesagt, daß die allgemeinen Gründe, welche ein Volk überhaupt zu einer Aenderung des Staates berechtigen, nicht auch ihre Anwendung finden auf die Wahl unter den verschiedenen Unterarten des Rechtsstaates. Da vielmehr die
Erbrecht dazu bernfener Einzelner. Hierbei iſt denn aber wieder eine dreifache Möglichkeit. Zunächſt kann das Staatsoberhaupt die Gewalt unumſchränkt beſitzen, d. h. ohne daß dem Ge- brauche derſelben äußere Schranken geſetzt oder irgend Jemand Mitberechtigungen eingeräumt wären. Sodann iſt eine Theil- nahme der verſchiedenen Stände an beſtimmten Regierungs- rechten möglich, theils zur Schätzung der Unterthanenrechte, theils zur Verſtärkung der Einſicht und der Kraft der Regie- rung. Endlich mögen Vertreter des ganzen Volkes die Befugniß haben, den Inhaber der Staatsgewalt von Aus- ſchreitungen und Mißbräuchen abzuhalten, hierzu aber theils mit dem Rechte der Theilnahme an beſtimmten Geſchäften, theils mit einem Klagerechte ausgerüſtet ſein.
So wichtig nun auch die Wahl unter den verſchiedenen möglichen Arten des Rechtsſtaates iſt, ſo werden doch die recht- lichen Grundlagen der ganzen Staatsgattung durch dieſe Ver- ſchiedenheit der Form der Staatsgewalt nicht geändert. Na- mentlich gibt die unbeſchränkte Handhabung derſelben der regie- renden Verſammlung Bevorzugter, oder einem Einzelherrſcher keineswegs das Recht, ganz nach ihrem Belieben zu verfahren und die allgemeinen Zwecke des Rechtsſtaates abzuändern oder zu verſtümmeln. Der ganze Unterſchied beſteht nur darin, daß ſolche Staatsoberhäupter in der Auffaſſung und Ausführung an Niemands Zuſtimmung oder Mitwirkung gebunden, ſondern lediglich an die Achtung des Rechtes durch ſittliche und reli- giöſe Gründe gewieſen ſind. (Despotie iſt eine ganz andere Staatsgattung, nicht aber etwa nur eine hart angewendete un- beſchränkte Einherrſchaft im Rechtsſtaate). — Hiermit iſt aber natürlich nicht geſagt, daß die allgemeinen Gründe, welche ein Volk überhaupt zu einer Aenderung des Staates berechtigen, nicht auch ihre Anwendung finden auf die Wahl unter den verſchiedenen Unterarten des Rechtsſtaates. Da vielmehr die
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Erbrecht dazu bernfener Einzelner. Hierbei iſt denn aber wieder
eine dreifache Möglichkeit. Zunächſt kann das Staatsoberhaupt
die Gewalt unumſchränkt beſitzen, d. h. ohne daß dem Ge-
brauche derſelben äußere Schranken geſetzt oder irgend Jemand
Mitberechtigungen eingeräumt wären. Sodann iſt eine Theil-
nahme der verſchiedenen Stände an beſtimmten Regierungs-
rechten möglich, theils zur Schätzung der Unterthanenrechte,
theils zur Verſtärkung der Einſicht und der Kraft der Regie-
rung. Endlich mögen Vertreter des ganzen Volkes
die Befugniß haben, den Inhaber der Staatsgewalt von Aus-
ſchreitungen und Mißbräuchen abzuhalten, hierzu aber theils
mit dem Rechte der Theilnahme an beſtimmten Geſchäften,
theils mit einem Klagerechte ausgerüſtet ſein.
So wichtig nun auch die Wahl unter den verſchiedenen
möglichen Arten des Rechtsſtaates iſt, ſo werden doch die recht-
lichen Grundlagen der ganzen Staatsgattung durch dieſe Ver-
ſchiedenheit der Form der Staatsgewalt nicht geändert. Na-
mentlich gibt die unbeſchränkte Handhabung derſelben der regie-
renden Verſammlung Bevorzugter, oder einem Einzelherrſcher
keineswegs das Recht, ganz nach ihrem Belieben zu verfahren
und die allgemeinen Zwecke des Rechtsſtaates abzuändern oder
zu verſtümmeln. Der ganze Unterſchied beſteht nur darin, daß
ſolche Staatsoberhäupter in der Auffaſſung und Ausführung
an Niemands Zuſtimmung oder Mitwirkung gebunden, ſondern
lediglich an die Achtung des Rechtes durch ſittliche und reli-
giöſe Gründe gewieſen ſind. (Despotie iſt eine ganz andere
Staatsgattung, nicht aber etwa nur eine hart angewendete un-
beſchränkte Einherrſchaft im Rechtsſtaate). — Hiermit iſt aber
natürlich nicht geſagt, daß die allgemeinen Gründe, welche ein
Volk überhaupt zu einer Aenderung des Staates berechtigen,
nicht auch ihre Anwendung finden auf die Wahl unter den
verſchiedenen Unterarten des Rechtsſtaates. Da vielmehr die
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/348>, abgerufen am 24.11.2024.
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