derselben unmittelbar verbleibenden Einrichtungen und Ausgaben bringen doch gewöhnlich eine weit verwickeltere Form der Haus- haltung zuwege. Es bestehen getrennt neben einander eine Finanzverwaltung des Fürsten und eine des Landes, nicht selten selbst nach Vermögensverwaltungen einzelner Stände; jede mit verschiedenen Einnahmen, Ausgaben, Verrechnungen und viel- leicht Schulden. Die Verbindung zwischen diesen verschiedenen Haushaltungen findet aber theils durch Bezahlung bestimmter verabredeter Summen von der einen an die andere, theils durch Zusammenlegung von beiden Seiten zu gemeinschaftlichen Aus- gaben statt. Von selbst versteht sich, daß Schulden des Fürsten von den Unterthanen so wenig zu tragen sind, als umgekehrt die ihrigen von ihm. Nur wenn eine ursprüngliche oder nach- trägliche Uebernahme erfolgt, tritt eine Verbindlichkeit zur Be- zahlung einer ursprünglich fremden Verpflichtung ein, gegen welche dann nicht selten staatliche Rechte verschiedener Art ein- geräumt werden müssen 4). -- Auch die Verpflichtung zum Kriegsdienste ist hier nicht nach allgemeinen Grundsätzen festgestellt, sondern bestimmt sich nach den besonderen Verabredungen des Schutzverhältnisses, und es mögen die Leistungen der einzelnen Stände hier sehr verschieden sein, ohne daß von einem Unrechte die Rede sein könnte. Weitergehende Leistungen an persönlichem Dienste und an Geld müssen freiwillig von den Unterthanen übernommen werden, und es findet daher auch, soweit von außer- ordentlichen Beiträgen die Rede ist, eine Mitberathung und Zustimmung zum Kriege selbst statt. Aus eignen Mitteln, mit den regelmäßig Verpflichteten oder mit Geworbenen mag da- gegen der Fürst nach Belieben Krieg führen.
Im Uebrigen sind dreierlei verschiedene Formen des Pa- trimonialstaates zu unterscheiden: der hausherrliche Staat, bei welchem ein großer fürstlicher Grundbesitz den Mittelpunkt gibt; die militärische Lehensmonarchie, in welcher ein
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derſelben unmittelbar verbleibenden Einrichtungen und Ausgaben bringen doch gewöhnlich eine weit verwickeltere Form der Haus- haltung zuwege. Es beſtehen getrennt neben einander eine Finanzverwaltung des Fürſten und eine des Landes, nicht ſelten ſelbſt nach Vermögensverwaltungen einzelner Stände; jede mit verſchiedenen Einnahmen, Ausgaben, Verrechnungen und viel- leicht Schulden. Die Verbindung zwiſchen dieſen verſchiedenen Haushaltungen findet aber theils durch Bezahlung beſtimmter verabredeter Summen von der einen an die andere, theils durch Zuſammenlegung von beiden Seiten zu gemeinſchaftlichen Aus- gaben ſtatt. Von ſelbſt verſteht ſich, daß Schulden des Fürſten von den Unterthanen ſo wenig zu tragen ſind, als umgekehrt die ihrigen von ihm. Nur wenn eine urſprüngliche oder nach- trägliche Uebernahme erfolgt, tritt eine Verbindlichkeit zur Be- zahlung einer urſprünglich fremden Verpflichtung ein, gegen welche dann nicht ſelten ſtaatliche Rechte verſchiedener Art ein- geräumt werden müſſen 4). — Auch die Verpflichtung zum Kriegsdienſte iſt hier nicht nach allgemeinen Grundſätzen feſtgeſtellt, ſondern beſtimmt ſich nach den beſonderen Verabredungen des Schutzverhältniſſes, und es mögen die Leiſtungen der einzelnen Stände hier ſehr verſchieden ſein, ohne daß von einem Unrechte die Rede ſein könnte. Weitergehende Leiſtungen an perſönlichem Dienſte und an Geld müſſen freiwillig von den Unterthanen übernommen werden, und es findet daher auch, ſoweit von außer- ordentlichen Beiträgen die Rede iſt, eine Mitberathung und Zuſtimmung zum Kriege ſelbſt ſtatt. Aus eignen Mitteln, mit den regelmäßig Verpflichteten oder mit Geworbenen mag da- gegen der Fürſt nach Belieben Krieg führen.
Im Uebrigen ſind dreierlei verſchiedene Formen des Pa- trimonialſtaates zu unterſcheiden: der hausherrliche Staat, bei welchem ein großer fürſtlicher Grundbeſitz den Mittelpunkt gibt; die militäriſche Lehensmonarchie, in welcher ein
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derſelben unmittelbar verbleibenden Einrichtungen und Ausgaben
bringen doch gewöhnlich eine weit verwickeltere Form der Haus-
haltung zuwege. Es beſtehen getrennt neben einander eine
Finanzverwaltung des Fürſten und eine des Landes, nicht ſelten
ſelbſt nach Vermögensverwaltungen einzelner Stände; jede mit
verſchiedenen Einnahmen, Ausgaben, Verrechnungen und viel-
leicht Schulden. Die Verbindung zwiſchen dieſen verſchiedenen
Haushaltungen findet aber theils durch Bezahlung beſtimmter
verabredeter Summen von der einen an die andere, theils durch
Zuſammenlegung von beiden Seiten zu gemeinſchaftlichen Aus-
gaben ſtatt. Von ſelbſt verſteht ſich, daß Schulden des Fürſten
von den Unterthanen ſo wenig zu tragen ſind, als umgekehrt
die ihrigen von ihm. Nur wenn eine urſprüngliche oder nach-
trägliche Uebernahme erfolgt, tritt eine Verbindlichkeit zur Be-
zahlung einer urſprünglich fremden Verpflichtung ein, gegen
welche dann nicht ſelten ſtaatliche Rechte verſchiedener Art ein-
geräumt werden müſſen 4). — Auch die Verpflichtung zum
Kriegsdienſte iſt hier nicht nach allgemeinen Grundſätzen feſtgeſtellt,
ſondern beſtimmt ſich nach den beſonderen Verabredungen des
Schutzverhältniſſes, und es mögen die Leiſtungen der einzelnen
Stände hier ſehr verſchieden ſein, ohne daß von einem Unrechte
die Rede ſein könnte. Weitergehende Leiſtungen an perſönlichem
Dienſte und an Geld müſſen freiwillig von den Unterthanen
übernommen werden, und es findet daher auch, ſoweit von außer-
ordentlichen Beiträgen die Rede iſt, eine Mitberathung und
Zuſtimmung zum Kriege ſelbſt ſtatt. Aus eignen Mitteln, mit
den regelmäßig Verpflichteten oder mit Geworbenen mag da-
gegen der Fürſt nach Belieben Krieg führen.
Im Uebrigen ſind dreierlei verſchiedene Formen des Pa-
trimonialſtaates zu unterſcheiden: der hausherrliche Staat,
bei welchem ein großer fürſtlicher Grundbeſitz den Mittelpunkt
gibt; die militäriſche Lehensmonarchie, in welcher ein
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/321>, abgerufen am 26.11.2024.
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