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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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leistenden Ausgabe entsprechende eigene Einnahme haben; (wie z. B. in
Württemberg ihnen die Besorgung der Staatsschuldenkasse überwiesen ist.)
Hier kann nur Geschäftsvermehrung die Folge sein, ohne irgend eine weitere
Sicherung der Steuerpflichtigen.
3) Ueber die Eigenthümlichkeiten des Patrimonialstaates s. unten,
§ 41. -- Bei der völligen Abweichung des Haushaltes dieser Staatsgattung
konnte an gegenwärtiger Stelle keine weitere Rücksicht auf die für sie geltenden
Regeln genommen werden.
4) Das Staatsgut ist geschichtlich allerdings nicht aus rationellen Gründen
gestiftet, sondern hauptsächlich bei der Verwandlung der Patrimonial- und
Lehensstaaten in Rechtsstaaten aus den Familiengütern der Fürsten enstanden.
Allein wenn einmal auf eine rechtlich gültige Weise vorhanden, ist auch seine
Verwaltung und Verwendung nach allgemeinen Grundsätzen zu betreiben.
Ob die Verwaltung mit Beachtung des Rechtes der fürstlichen Familien vor
sich ging, ist eine thatsächliche Frage, welche nach dem Verlaufe eines jeden
einzelnen Falles entschieden werden muß. -- Daß die persönliche Stellung
des Staatsoberhauptes eine unabhängigere ist, wenn die Familiengüter bei-
behalten und nicht gegen eine Civilliste ausgetauscht werden, mag richtig
sein. Allein hieraus ergibt sich die rechtliche Unmöglichkeit einer Abtretung
noch keineswegs; und ob diese Unabhängigkeit sich auch für das Volk vor-
theilhaft erweist, ist überhaupt eine zweite Frage.
5) Vielfach ist Streit darüber erhoben worden, ob im Staate die Aus-
gaben nach den Einnahmen, oder die Einnahmen nach den Ausgaben zu
bestimmen seien? Diese Frage ist nicht mit einer einfachen Bejahung oder
Verneinung zu erledigen. Einerseits nämlich ist einleuchtend, daß die Regel
der Privatwirthschaft, die Ausgaben unbedingt nach den Einnahmen zu
richten, im Staatshaushalte deßhalb keine nothwendige Anwendung findet,
weil die Einnahmen nicht fest begrenzt sind, sondern in Nothfällen auf das
ganze Volksvermögen zurückgegriffen werden kann. Auch darf nicht ver-
gessen werden, daß der Staat Zwecke zu erfüllen hat, welche höher als
Vermögensrücksichten stehen, und daß ihm unbedingte rechtliche Verpflich-
tungen obliegen. Andererseits ist aber auch unzweifelhaft, daß eine Ueber-
spannung der Kräfte in kürzerer oder längerer Zeit eine gänzliche Zerstörung
der wirthschaftlichen Grundlagen des Lebens zur Folge haben müßte, und
daß der Bürger wohl verpflichtet ist, das zur Erreichung der Staatszwecke
Nothwendige aufzubringen, nicht aber auch Ueberflüssiges herstellen muß.
Hieraus ergibt sich denn, daß soweit von Erreichung der wesentlichen
Staatszwecke und von Erfüllung rechtlicher Verbindlichkeiten die Rede ist,
sich die Einnahmen nach den Ausgaben zu richten haben; hinsichtlich des
blos Nützlichen oder gar des zur Zierde Gereichenden die Einnahmen maß-
gebend sind. Die Eintheilung eines Budgets in einen bleibenden und einen
leiſtenden Ausgabe entſprechende eigene Einnahme haben; (wie z. B. in
Württemberg ihnen die Beſorgung der Staatsſchuldenkaſſe überwieſen iſt.)
Hier kann nur Geſchäftsvermehrung die Folge ſein, ohne irgend eine weitere
Sicherung der Steuerpflichtigen.
3) Ueber die Eigenthümlichkeiten des Patrimonialſtaates ſ. unten,
§ 41. — Bei der völligen Abweichung des Haushaltes dieſer Staatsgattung
konnte an gegenwärtiger Stelle keine weitere Rückſicht auf die für ſie geltenden
Regeln genommen werden.
4) Das Staatsgut iſt geſchichtlich allerdings nicht aus rationellen Gründen
geſtiftet, ſondern hauptſächlich bei der Verwandlung der Patrimonial- und
Lehensſtaaten in Rechtsſtaaten aus den Familiengütern der Fürſten enſtanden.
Allein wenn einmal auf eine rechtlich gültige Weiſe vorhanden, iſt auch ſeine
Verwaltung und Verwendung nach allgemeinen Grundſätzen zu betreiben.
Ob die Verwaltung mit Beachtung des Rechtes der fürſtlichen Familien vor
ſich ging, iſt eine thatſächliche Frage, welche nach dem Verlaufe eines jeden
einzelnen Falles entſchieden werden muß. — Daß die perſönliche Stellung
des Staatsoberhauptes eine unabhängigere iſt, wenn die Familiengüter bei-
behalten und nicht gegen eine Civilliſte ausgetauſcht werden, mag richtig
ſein. Allein hieraus ergibt ſich die rechtliche Unmöglichkeit einer Abtretung
noch keineswegs; und ob dieſe Unabhängigkeit ſich auch für das Volk vor-
theilhaft erweiſt, iſt überhaupt eine zweite Frage.
5) Vielfach iſt Streit darüber erhoben worden, ob im Staate die Aus-
gaben nach den Einnahmen, oder die Einnahmen nach den Ausgaben zu
beſtimmen ſeien? Dieſe Frage iſt nicht mit einer einfachen Bejahung oder
Verneinung zu erledigen. Einerſeits nämlich iſt einleuchtend, daß die Regel
der Privatwirthſchaft, die Ausgaben unbedingt nach den Einnahmen zu
richten, im Staatshaushalte deßhalb keine nothwendige Anwendung findet,
weil die Einnahmen nicht feſt begrenzt ſind, ſondern in Nothfällen auf das
ganze Volksvermögen zurückgegriffen werden kann. Auch darf nicht ver-
geſſen werden, daß der Staat Zwecke zu erfüllen hat, welche höher als
Vermögensrückſichten ſtehen, und daß ihm unbedingte rechtliche Verpflich-
tungen obliegen. Andererſeits iſt aber auch unzweifelhaft, daß eine Ueber-
ſpannung der Kräfte in kürzerer oder längerer Zeit eine gänzliche Zerſtörung
der wirthſchaftlichen Grundlagen des Lebens zur Folge haben müßte, und
daß der Bürger wohl verpflichtet iſt, das zur Erreichung der Staatszwecke
Nothwendige aufzubringen, nicht aber auch Ueberflüſſiges herſtellen muß.
Hieraus ergibt ſich denn, daß ſoweit von Erreichung der weſentlichen
Staatszwecke und von Erfüllung rechtlicher Verbindlichkeiten die Rede iſt,
ſich die Einnahmen nach den Ausgaben zu richten haben; hinſichtlich des
blos Nützlichen oder gar des zur Zierde Gereichenden die Einnahmen maß-
gebend ſind. Die Eintheilung eines Budgets in einen bleibenden und einen
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[296/0310] ²⁾ leiſtenden Ausgabe entſprechende eigene Einnahme haben; (wie z. B. in Württemberg ihnen die Beſorgung der Staatsſchuldenkaſſe überwieſen iſt.) Hier kann nur Geſchäftsvermehrung die Folge ſein, ohne irgend eine weitere Sicherung der Steuerpflichtigen. ³⁾ Ueber die Eigenthümlichkeiten des Patrimonialſtaates ſ. unten, § 41. — Bei der völligen Abweichung des Haushaltes dieſer Staatsgattung konnte an gegenwärtiger Stelle keine weitere Rückſicht auf die für ſie geltenden Regeln genommen werden. ⁴⁾ Das Staatsgut iſt geſchichtlich allerdings nicht aus rationellen Gründen geſtiftet, ſondern hauptſächlich bei der Verwandlung der Patrimonial- und Lehensſtaaten in Rechtsſtaaten aus den Familiengütern der Fürſten enſtanden. Allein wenn einmal auf eine rechtlich gültige Weiſe vorhanden, iſt auch ſeine Verwaltung und Verwendung nach allgemeinen Grundſätzen zu betreiben. Ob die Verwaltung mit Beachtung des Rechtes der fürſtlichen Familien vor ſich ging, iſt eine thatſächliche Frage, welche nach dem Verlaufe eines jeden einzelnen Falles entſchieden werden muß. — Daß die perſönliche Stellung des Staatsoberhauptes eine unabhängigere iſt, wenn die Familiengüter bei- behalten und nicht gegen eine Civilliſte ausgetauſcht werden, mag richtig ſein. Allein hieraus ergibt ſich die rechtliche Unmöglichkeit einer Abtretung noch keineswegs; und ob dieſe Unabhängigkeit ſich auch für das Volk vor- theilhaft erweiſt, iſt überhaupt eine zweite Frage. ⁵⁾ Vielfach iſt Streit darüber erhoben worden, ob im Staate die Aus- gaben nach den Einnahmen, oder die Einnahmen nach den Ausgaben zu beſtimmen ſeien? Dieſe Frage iſt nicht mit einer einfachen Bejahung oder Verneinung zu erledigen. Einerſeits nämlich iſt einleuchtend, daß die Regel der Privatwirthſchaft, die Ausgaben unbedingt nach den Einnahmen zu richten, im Staatshaushalte deßhalb keine nothwendige Anwendung findet, weil die Einnahmen nicht feſt begrenzt ſind, ſondern in Nothfällen auf das ganze Volksvermögen zurückgegriffen werden kann. Auch darf nicht ver- geſſen werden, daß der Staat Zwecke zu erfüllen hat, welche höher als Vermögensrückſichten ſtehen, und daß ihm unbedingte rechtliche Verpflich- tungen obliegen. Andererſeits iſt aber auch unzweifelhaft, daß eine Ueber- ſpannung der Kräfte in kürzerer oder längerer Zeit eine gänzliche Zerſtörung der wirthſchaftlichen Grundlagen des Lebens zur Folge haben müßte, und daß der Bürger wohl verpflichtet iſt, das zur Erreichung der Staatszwecke Nothwendige aufzubringen, nicht aber auch Ueberflüſſiges herſtellen muß. Hieraus ergibt ſich denn, daß ſoweit von Erreichung der weſentlichen Staatszwecke und von Erfüllung rechtlicher Verbindlichkeiten die Rede iſt, ſich die Einnahmen nach den Ausgaben zu richten haben; hinſichtlich des blos Nützlichen oder gar des zur Zierde Gereichenden die Einnahmen maß- gebend ſind. Die Eintheilung eines Budgets in einen bleibenden und einen

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/310>, abgerufen am 23.11.2024.