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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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2. Dagegen ist jeder Ueberfluß an Stellen oder
Personen verwerflich; und zwar nicht bloß als ein Hemmniß
rascher Erledigung und als eine Verschwendung von geistigen
Kräften, endlich als eine Veranlassung zum Vielregieren; son-
dern namentlich auch als ein Unrecht gegen den steuerpflichtigen
Bürger. Möglichste Einfachheit der Formen, Vermeidung pe-
dantischer und zweckloser Controlen, endlich, wo es nur immer
die Rechtssicherheit und das Bedürfniß allseitiger Erwägung ge-
stattet, Uebertragung der Geschäfte an Einzelne anstatt an
Kollegien, sind die hauptsächlichsten Mittel zur Beschränkung der
Verwaltungsorgane auf den wirlichen Bedarf.

3. Eine Verzögerung der schließlichen Entscheidung
des Staates über die Zeit hinaus, welche eine gründtiche Bear-
beitung und die Möglichkeit einer Berufung an höhere und
daher voraussichtlich einsichtsvollere und unparteiischere Behör-
den erfordert, ist ebenfalls ein Unrecht gegen die Unterthanen.
Daher denn gefordert werden muß, daß Verschleppungen durch
den bösen Willen der einen Partei vorgebeugt sei; daß die
Beamten ihre volle Kraft auf die Erledigung der vorliegenden
Fälle verwenden; endlich daß gründliche, häufige und unver-
muthete Untersuchungen durch Vorgesetzte Kenntniß vom Stande
der Geschäfte geben und das Auflaufen von Rückständen ver-
hindern.

4. Die Verpflichtung der Verwaltung zum Handeln ist
eine verschiedene, je nachdem ein Fall vorliegt, in welchem der
Staat nur auf besonderes Anrufen des Betheiligten einzuschrei-
ten hat, oder er schon aus allgemeinen Gründen und ohne
besondere Aufforderung Einzelner thätig sein soll. Das Erstere
findet statt theils in allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, wo
ein Richter nur ist, wo ein Kläger auftritt; theils in denjeni-
gen Fällen polizeilicher Unterstützung, in welchen der Zweck
der Staatseinrichtung auch dann erreicht wird, wenn sie nicht

2. Dagegen iſt jeder Ueberfluß an Stellen oder
Perſonen verwerflich; und zwar nicht bloß als ein Hemmniß
raſcher Erledigung und als eine Verſchwendung von geiſtigen
Kräften, endlich als eine Veranlaſſung zum Vielregieren; ſon-
dern namentlich auch als ein Unrecht gegen den ſteuerpflichtigen
Bürger. Möglichſte Einfachheit der Formen, Vermeidung pe-
dantiſcher und zweckloſer Controlen, endlich, wo es nur immer
die Rechtsſicherheit und das Bedürfniß allſeitiger Erwägung ge-
ſtattet, Uebertragung der Geſchäfte an Einzelne anſtatt an
Kollegien, ſind die hauptſächlichſten Mittel zur Beſchränkung der
Verwaltungsorgane auf den wirlichen Bedarf.

3. Eine Verzögerung der ſchließlichen Entſcheidung
des Staates über die Zeit hinaus, welche eine gründtiche Bear-
beitung und die Möglichkeit einer Berufung an höhere und
daher vorausſichtlich einſichtsvollere und unparteiiſchere Behör-
den erfordert, iſt ebenfalls ein Unrecht gegen die Unterthanen.
Daher denn gefordert werden muß, daß Verſchleppungen durch
den böſen Willen der einen Partei vorgebeugt ſei; daß die
Beamten ihre volle Kraft auf die Erledigung der vorliegenden
Fälle verwenden; endlich daß gründliche, häufige und unver-
muthete Unterſuchungen durch Vorgeſetzte Kenntniß vom Stande
der Geſchäfte geben und das Auflaufen von Rückſtänden ver-
hindern.

4. Die Verpflichtung der Verwaltung zum Handeln iſt
eine verſchiedene, je nachdem ein Fall vorliegt, in welchem der
Staat nur auf beſonderes Anrufen des Betheiligten einzuſchrei-
ten hat, oder er ſchon aus allgemeinen Gründen und ohne
beſondere Aufforderung Einzelner thätig ſein ſoll. Das Erſtere
findet ſtatt theils in allen bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten, wo
ein Richter nur iſt, wo ein Kläger auftritt; theils in denjeni-
gen Fällen polizeilicher Unterſtützung, in welchen der Zweck
der Staatseinrichtung auch dann erreicht wird, wenn ſie nicht

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[246/0260] 2. Dagegen iſt jeder Ueberfluß an Stellen oder Perſonen verwerflich; und zwar nicht bloß als ein Hemmniß raſcher Erledigung und als eine Verſchwendung von geiſtigen Kräften, endlich als eine Veranlaſſung zum Vielregieren; ſon- dern namentlich auch als ein Unrecht gegen den ſteuerpflichtigen Bürger. Möglichſte Einfachheit der Formen, Vermeidung pe- dantiſcher und zweckloſer Controlen, endlich, wo es nur immer die Rechtsſicherheit und das Bedürfniß allſeitiger Erwägung ge- ſtattet, Uebertragung der Geſchäfte an Einzelne anſtatt an Kollegien, ſind die hauptſächlichſten Mittel zur Beſchränkung der Verwaltungsorgane auf den wirlichen Bedarf. 3. Eine Verzögerung der ſchließlichen Entſcheidung des Staates über die Zeit hinaus, welche eine gründtiche Bear- beitung und die Möglichkeit einer Berufung an höhere und daher vorausſichtlich einſichtsvollere und unparteiiſchere Behör- den erfordert, iſt ebenfalls ein Unrecht gegen die Unterthanen. Daher denn gefordert werden muß, daß Verſchleppungen durch den böſen Willen der einen Partei vorgebeugt ſei; daß die Beamten ihre volle Kraft auf die Erledigung der vorliegenden Fälle verwenden; endlich daß gründliche, häufige und unver- muthete Unterſuchungen durch Vorgeſetzte Kenntniß vom Stande der Geſchäfte geben und das Auflaufen von Rückſtänden ver- hindern. 4. Die Verpflichtung der Verwaltung zum Handeln iſt eine verſchiedene, je nachdem ein Fall vorliegt, in welchem der Staat nur auf beſonderes Anrufen des Betheiligten einzuſchrei- ten hat, oder er ſchon aus allgemeinen Gründen und ohne beſondere Aufforderung Einzelner thätig ſein ſoll. Das Erſtere findet ſtatt theils in allen bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten, wo ein Richter nur iſt, wo ein Kläger auftritt; theils in denjeni- gen Fällen polizeilicher Unterſtützung, in welchen der Zweck der Staatseinrichtung auch dann erreicht wird, wenn ſie nicht

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/260>, abgerufen am 24.11.2024.