dienenden Mittel sind: Jagd, Fischfang, Viehzucht, Ackerbau, Gewerbe; hiezu dienen aber wieder: Vorrichtungen, Vor- räthe, d. h. Privateigenthum, Entfernung schädlicher Ein- wirkungen.
Fortpflanzung des Geschlechtes. -- Als Mittel also: Ein- gehung von Geschlechtsgemeinschaft, Erziehung der Kinder, in Folge dessen erbliches Eigenthum.
Sinnlicher Lebensgenuß. -- Zu dem Ende: Besitz von Ueberflüssigem und Verfeinertem.
2. Zwecke und Mittel des vernünftigen Wesens.
Ausbildung des Verstandes und Erwerbung von Kennt- nissen. -- Mittel: Mittheilung der Gedanken in verschiedener Weise, Unterricht und Unterrichtsanstalten.
Des Sittengefühles. -- Mittel: eigene Thätigkeit; aber Unterstützung derselben durch Entfernung von Zwang und Ver- führung.
Des religiösen Gefühls und Glaubens. -- Somit: Lehre, gemeinschaftlicher Gottesdienst nach der Ueberzeugung der Ein- zelnen.
Der Einbildungskraft und des Geschmacks. -- Mittel und Folge: Kunstschöpfung und -Uebung.
Unzweifelhaft ist eine gleichzeitige Befriedigung aller dieser Bedürfnisse und eine harmonische Ausbildung aller dieser Kräfte das Ideal des menschlichen Daseins. Es kann jedoch bei der unendlichen Mehrzahl der Menschen nur von einer theil- weisen Annäherung die Rede sein, theils schon der subjectiven Unvollkommenheit der natürlichen Anlagen wegen, theils wegen Ungunst der äußern Verhältnisse. Namentlich nimmt die Erhaltung des physischen Lebens bei den Meisten einen allzu- großen Theil der Zeit und Kraft in Anspruch, als daß genügende Verfolgung der geistigen Zwecke statthaben könnte. Selbst ganze Zeitalter und Völker sind durch die äußeren Verhältnisse und
dienenden Mittel ſind: Jagd, Fiſchfang, Viehzucht, Ackerbau, Gewerbe; hiezu dienen aber wieder: Vorrichtungen, Vor- räthe, d. h. Privateigenthum, Entfernung ſchädlicher Ein- wirkungen.
Fortpflanzung des Geſchlechtes. — Als Mittel alſo: Ein- gehung von Geſchlechtsgemeinſchaft, Erziehung der Kinder, in Folge deſſen erbliches Eigenthum.
Sinnlicher Lebensgenuß. — Zu dem Ende: Beſitz von Ueberflüſſigem und Verfeinertem.
2. Zwecke und Mittel des vernünftigen Weſens.
Ausbildung des Verſtandes und Erwerbung von Kennt- niſſen. — Mittel: Mittheilung der Gedanken in verſchiedener Weiſe, Unterricht und Unterrichtsanſtalten.
Des Sittengefühles. — Mittel: eigene Thätigkeit; aber Unterſtützung derſelben durch Entfernung von Zwang und Ver- führung.
Des religiöſen Gefühls und Glaubens. — Somit: Lehre, gemeinſchaftlicher Gottesdienſt nach der Ueberzeugung der Ein- zelnen.
Der Einbildungskraft und des Geſchmacks. — Mittel und Folge: Kunſtſchöpfung und -Uebung.
Unzweifelhaft iſt eine gleichzeitige Befriedigung aller dieſer Bedürfniſſe und eine harmoniſche Ausbildung aller dieſer Kräfte das Ideal des menſchlichen Daſeins. Es kann jedoch bei der unendlichen Mehrzahl der Menſchen nur von einer theil- weiſen Annäherung die Rede ſein, theils ſchon der ſubjectiven Unvollkommenheit der natürlichen Anlagen wegen, theils wegen Ungunſt der äußern Verhältniſſe. Namentlich nimmt die Erhaltung des phyſiſchen Lebens bei den Meiſten einen allzu- großen Theil der Zeit und Kraft in Anſpruch, als daß genügende Verfolgung der geiſtigen Zwecke ſtatthaben könnte. Selbſt ganze Zeitalter und Völker ſind durch die äußeren Verhältniſſe und
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dienenden Mittel ſind: Jagd, Fiſchfang, Viehzucht, Ackerbau,
Gewerbe; hiezu dienen aber wieder: Vorrichtungen, Vor-
räthe, d. h. Privateigenthum, Entfernung ſchädlicher Ein-
wirkungen.
Fortpflanzung des Geſchlechtes. — Als Mittel alſo: Ein-
gehung von Geſchlechtsgemeinſchaft, Erziehung der Kinder, in
Folge deſſen erbliches Eigenthum.
Sinnlicher Lebensgenuß. — Zu dem Ende: Beſitz von
Ueberflüſſigem und Verfeinertem.
2. Zwecke und Mittel des vernünftigen Weſens.
Ausbildung des Verſtandes und Erwerbung von Kennt-
niſſen. — Mittel: Mittheilung der Gedanken in verſchiedener
Weiſe, Unterricht und Unterrichtsanſtalten.
Des Sittengefühles. — Mittel: eigene Thätigkeit; aber
Unterſtützung derſelben durch Entfernung von Zwang und Ver-
führung.
Des religiöſen Gefühls und Glaubens. — Somit: Lehre,
gemeinſchaftlicher Gottesdienſt nach der Ueberzeugung der Ein-
zelnen.
Der Einbildungskraft und des Geſchmacks. — Mittel
und Folge: Kunſtſchöpfung und -Uebung.
Unzweifelhaft iſt eine gleichzeitige Befriedigung aller dieſer
Bedürfniſſe und eine harmoniſche Ausbildung aller dieſer Kräfte
das Ideal des menſchlichen Daſeins. Es kann jedoch bei
der unendlichen Mehrzahl der Menſchen nur von einer theil-
weiſen Annäherung die Rede ſein, theils ſchon der ſubjectiven
Unvollkommenheit der natürlichen Anlagen wegen, theils wegen
Ungunſt der äußern Verhältniſſe. Namentlich nimmt die
Erhaltung des phyſiſchen Lebens bei den Meiſten einen allzu-
großen Theil der Zeit und Kraft in Anſpruch, als daß genügende
Verfolgung der geiſtigen Zwecke ſtatthaben könnte. Selbſt ganze
Zeitalter und Völker ſind durch die äußeren Verhältniſſe und
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/21>, abgerufen am 24.11.2024.
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